mals ertönte ein geistliches Lied, und darauf ging Alles von den Tischen, die gleich einem Schlacht- felde nur noch Knochen, Gerippe und Schwarten zeigten. Die Weiber tranken Caffee, die Männer setzten ihr Biertrinken fort, die Musicanten stimm- ten allgemach ihre Instrumente. Steinhausen, der Spaßmacher, begann sein Amt, indem er von einer Gruppe zur Andern ging, hier das Räthsel auf- gab: Wann der Hase über die meisten Löcher laufe? dort einen Rothkopf warnte, er solle nicht so nahe an die Scheune gehen, um nicht Feuer anzulegen, einem dritten Haufen die Geschichte vom Prinzen Pralle erzählte, der gefallen sei vom Stalle, hätte weinen wollen, aber keine Augen ge- habt, und was dergleichen mehr war an Räthseln, Schwänklein und Pößlein, die er auf jeder Hoch- zeit anbrachte und die nie ihre Wirkung verfehl- ten. Die Bauern lachten, daß die Hofesmauern hätten Risse bekommen mögen; wen er recht ent- zückte, der gab ihm einen Puff, nicht eben allzu sanft, worauf Steinhausen einen Klaps zurückgab, oder mit den Füßen ausschlug, wie ein Pferd, ohne daß diese Thätlichkeiten irgend eine Störung des guten Vernehmens und des allervollkommensten
mals ertönte ein geiſtliches Lied, und darauf ging Alles von den Tiſchen, die gleich einem Schlacht- felde nur noch Knochen, Gerippe und Schwarten zeigten. Die Weiber tranken Caffee, die Männer ſetzten ihr Biertrinken fort, die Muſicanten ſtimm- ten allgemach ihre Inſtrumente. Steinhauſen, der Spaßmacher, begann ſein Amt, indem er von einer Gruppe zur Andern ging, hier das Räthſel auf- gab: Wann der Haſe über die meiſten Löcher laufe? dort einen Rothkopf warnte, er ſolle nicht ſo nahe an die Scheune gehen, um nicht Feuer anzulegen, einem dritten Haufen die Geſchichte vom Prinzen Pralle erzählte, der gefallen ſei vom Stalle, hätte weinen wollen, aber keine Augen ge- habt, und was dergleichen mehr war an Räthſeln, Schwänklein und Pößlein, die er auf jeder Hoch- zeit anbrachte und die nie ihre Wirkung verfehl- ten. Die Bauern lachten, daß die Hofesmauern hätten Riſſe bekommen mögen; wen er recht ent- zückte, der gab ihm einen Puff, nicht eben allzu ſanft, worauf Steinhauſen einen Klaps zurückgab, oder mit den Füßen ausſchlug, wie ein Pferd, ohne daß dieſe Thätlichkeiten irgend eine Störung des guten Vernehmens und des allervollkommenſten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0119"n="105"/>
mals ertönte ein geiſtliches Lied, und darauf ging<lb/>
Alles von den Tiſchen, die gleich einem Schlacht-<lb/>
felde nur noch Knochen, Gerippe und Schwarten<lb/>
zeigten. Die Weiber tranken Caffee, die Männer<lb/>ſetzten ihr Biertrinken fort, die Muſicanten ſtimm-<lb/>
ten allgemach ihre Inſtrumente. Steinhauſen, der<lb/>
Spaßmacher, begann ſein Amt, indem er von einer<lb/>
Gruppe zur Andern ging, hier das Räthſel auf-<lb/>
gab: Wann der Haſe über die meiſten Löcher<lb/>
laufe? dort einen Rothkopf warnte, er ſolle nicht<lb/>ſo nahe an die Scheune gehen, um nicht Feuer<lb/>
anzulegen, einem dritten Haufen die Geſchichte<lb/>
vom Prinzen Pralle erzählte, der gefallen ſei vom<lb/>
Stalle, hätte weinen wollen, aber keine Augen ge-<lb/>
habt, und was dergleichen mehr war an Räthſeln,<lb/>
Schwänklein und Pößlein, die er auf jeder Hoch-<lb/>
zeit anbrachte und die nie ihre Wirkung verfehl-<lb/>
ten. Die Bauern lachten, daß die Hofesmauern<lb/>
hätten Riſſe bekommen mögen; wen er recht ent-<lb/>
zückte, der gab ihm einen Puff, nicht eben allzu<lb/>ſanft, worauf Steinhauſen einen Klaps zurückgab,<lb/>
oder mit den Füßen ausſchlug, wie ein Pferd,<lb/>
ohne daß dieſe Thätlichkeiten irgend eine Störung<lb/>
des guten Vernehmens und des allervollkommenſten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[105/0119]
mals ertönte ein geiſtliches Lied, und darauf ging
Alles von den Tiſchen, die gleich einem Schlacht-
felde nur noch Knochen, Gerippe und Schwarten
zeigten. Die Weiber tranken Caffee, die Männer
ſetzten ihr Biertrinken fort, die Muſicanten ſtimm-
ten allgemach ihre Inſtrumente. Steinhauſen, der
Spaßmacher, begann ſein Amt, indem er von einer
Gruppe zur Andern ging, hier das Räthſel auf-
gab: Wann der Haſe über die meiſten Löcher
laufe? dort einen Rothkopf warnte, er ſolle nicht
ſo nahe an die Scheune gehen, um nicht Feuer
anzulegen, einem dritten Haufen die Geſchichte
vom Prinzen Pralle erzählte, der gefallen ſei vom
Stalle, hätte weinen wollen, aber keine Augen ge-
habt, und was dergleichen mehr war an Räthſeln,
Schwänklein und Pößlein, die er auf jeder Hoch-
zeit anbrachte und die nie ihre Wirkung verfehl-
ten. Die Bauern lachten, daß die Hofesmauern
hätten Riſſe bekommen mögen; wen er recht ent-
zückte, der gab ihm einen Puff, nicht eben allzu
ſanft, worauf Steinhauſen einen Klaps zurückgab,
oder mit den Füßen ausſchlug, wie ein Pferd,
ohne daß dieſe Thätlichkeiten irgend eine Störung
des guten Vernehmens und des allervollkommenſten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/119>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.