jähriger Knabe zu den holländischen Patrioten ge- laufen war. Er wußte viel von Schonhoven, Gorkum und Nieuuwport zu erzählen; jener Feld- zug war die große Zeit seines Lebens gewesen. Uebrigens galt er für einen schlechten Menschen, dem man nicht gern begegnete, schützte sich vor dem Hungertode durch den Pfennigerwerb seines Leierkastens, und lag oft wochenlang unter freiem Himmel, oder in einsamen Schoppen und Ställen. denn ein eigenes Obdach besaß er nicht, obgleich er in seiner Jugend ein artiges Erb angetreten hatte, welches ihm aber in sonderbarer Weise ver- loren gegangen war. Neben seinem Singen schöner neuer Lieder, gedruckt in diesem Jahr, trieb er auch einen kleinen Handel mit Schriften, wie: "Des Herzogs von Luxemburg Verbündniß mit dem Sa- tan" oder "Die schöne Caroline als Husarenoberst", welche auf dem Leierkasten zur Anreizung der Wiß- begierigen ausgebreitet lagen, wenn er sang und spielte.
Der Hofschulze war, verdrießlich über die Un- verschämtheit des Patriotencaspars, zurückgetreten, stemmte die Arme in die Seiten und rief: Wer ruft Euch? Scheert Euch vom Hofe! Hier wird Euch nichts gereicht.
jähriger Knabe zu den holländiſchen Patrioten ge- laufen war. Er wußte viel von Schonhoven, Gorkum und Nieuuwport zu erzählen; jener Feld- zug war die große Zeit ſeines Lebens geweſen. Uebrigens galt er für einen ſchlechten Menſchen, dem man nicht gern begegnete, ſchützte ſich vor dem Hungertode durch den Pfennigerwerb ſeines Leierkaſtens, und lag oft wochenlang unter freiem Himmel, oder in einſamen Schoppen und Ställen. denn ein eigenes Obdach beſaß er nicht, obgleich er in ſeiner Jugend ein artiges Erb angetreten hatte, welches ihm aber in ſonderbarer Weiſe ver- loren gegangen war. Neben ſeinem Singen ſchöner neuer Lieder, gedruckt in dieſem Jahr, trieb er auch einen kleinen Handel mit Schriften, wie: „Des Herzogs von Luxemburg Verbündniß mit dem Sa- tan“ oder „Die ſchöne Caroline als Huſarenoberſt“, welche auf dem Leierkaſten zur Anreizung der Wiß- begierigen ausgebreitet lagen, wenn er ſang und ſpielte.
Der Hofſchulze war, verdrießlich über die Un- verſchämtheit des Patriotencaspars, zurückgetreten, ſtemmte die Arme in die Seiten und rief: Wer ruft Euch? Scheert Euch vom Hofe! Hier wird Euch nichts gereicht.
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jähriger Knabe zu den holländiſchen Patrioten ge-
laufen war. Er wußte viel von Schonhoven,
Gorkum und Nieuuwport zu erzählen; jener Feld-
zug war die große Zeit ſeines Lebens geweſen.
Uebrigens galt er für einen ſchlechten Menſchen,
dem man nicht gern begegnete, ſchützte ſich vor
dem Hungertode durch den Pfennigerwerb ſeines
Leierkaſtens, und lag oft wochenlang unter freiem
Himmel, oder in einſamen Schoppen und Ställen.
denn ein eigenes Obdach beſaß er nicht, obgleich
er in ſeiner Jugend ein artiges Erb angetreten
hatte, welches ihm aber in ſonderbarer Weiſe ver-
loren gegangen war. Neben ſeinem Singen ſchöner
neuer Lieder, gedruckt in dieſem Jahr, trieb er
auch einen kleinen Handel mit Schriften, wie: „Des
Herzogs von Luxemburg Verbündniß mit dem Sa-
tan“ oder „Die ſchöne Caroline als Huſarenoberſt“,
welche auf dem Leierkaſten zur Anreizung der Wiß-
begierigen ausgebreitet lagen, wenn er ſang und ſpielte.
Der Hofſchulze war, verdrießlich über die Un-
verſchämtheit des Patriotencaspars, zurückgetreten,
ſtemmte die Arme in die Seiten und rief: Wer ruft
Euch? Scheert Euch vom Hofe! Hier wird Euch
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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