alles darauf hinaus, daß der Klugheit der Vorzug vor der Unbesonnenheit gebühre. Da mit dem Schönen, sage Lysias, das Ange- nehme so nahe verwandt sey, daß sie überall gemeine Sache mit einander machten; das An- genehme aber leicht dem Vortheilhaften vorge- zogen werde: so fände sich zuletzt, wenn man, was der Begierde und was der Vernunft zugehöre, richtig unterschiede, daß sich die Liebe des Schönen zur Liebe des Nützlichen verhalte, wie das Laster zur Tugend; wie zum Zustande der Besonnenheit der Zustand der Rase- rey.
Diese Seite, versicherte Sokrates, könne noch mehr hervorgezogen, schärfer gestellt, und dann mit besserem Erfolg, als es von Lysias geschehen sey, das Ding der Ueberlegung über das Ding der bloßen Empfindung erhoben, und die reine Sache des Buchstabens wider die un- reine des Geistes vertheidigt werden.
Phädrus zwang ihn zum Beweise; worauf
Sokra-
alles darauf hinaus, daß der Klugheit der Vorzug vor der Unbeſonnenheit gebuͤhre. Da mit dem Schoͤnen, ſage Lyſias, das Ange- nehme ſo nahe verwandt ſey, daß ſie uͤberall gemeine Sache mit einander machten; das An- genehme aber leicht dem Vortheilhaften vorge- zogen werde: ſo faͤnde ſich zuletzt, wenn man, was der Begierde und was der Vernunft zugehoͤre, richtig unterſchiede, daß ſich die Liebe des Schoͤnen zur Liebe des Nuͤtzlichen verhalte, wie das Laſter zur Tugend; wie zum Zuſtande der Beſonnenheit der Zuſtand der Raſe- rey.
Dieſe Seite, verſicherte Sokrates, koͤnne noch mehr hervorgezogen, ſchaͤrfer geſtellt, und dann mit beſſerem Erfolg, als es von Lyſias geſchehen ſey, das Ding der Ueberlegung uͤber das Ding der bloßen Empfindung erhoben, und die reine Sache des Buchſtabens wider die un- reine des Geiſtes vertheidigt werden.
Phaͤdrus zwang ihn zum Beweiſe; worauf
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alles darauf hinaus, daß der Klugheit der
Vorzug vor der Unbeſonnenheit gebuͤhre.
Da mit dem Schoͤnen, ſage Lyſias, das Ange-
nehme ſo nahe verwandt ſey, daß ſie uͤberall
gemeine Sache mit einander machten; das An-
genehme aber leicht dem Vortheilhaften vorge-
zogen werde: ſo faͤnde ſich zuletzt, wenn man,
was der Begierde und was der Vernunft
zugehoͤre, richtig unterſchiede, daß ſich die Liebe
des Schoͤnen zur Liebe des Nuͤtzlichen verhalte,
wie das Laſter zur Tugend; wie zum Zuſtande
der Beſonnenheit der Zuſtand der Raſe-
rey.
Dieſe Seite, verſicherte Sokrates, koͤnne
noch mehr hervorgezogen, ſchaͤrfer geſtellt, und
dann mit beſſerem Erfolg, als es von Lyſias
geſchehen ſey, das Ding der Ueberlegung uͤber
das Ding der bloßen Empfindung erhoben, und
die reine Sache des Buchſtabens wider die un-
reine des Geiſtes vertheidigt werden.
Phaͤdrus zwang ihn zum Beweiſe; worauf
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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