auch wohl diese Welt einen Gott zum Urheber haben könne?
Und das heißt denn doch Eines Sinnes seyn mit Natur! -- Allwill! Sie, eines Sinnes mit Natur? Sie, der immerwährend die ächtesten Bande der Natur auflöset; wahre, reine Verhältnisse zerstört, um erträumte, schimärische an die Stelle zu setzen -- dann sich abarbeitet, alle Schwarzkünsteleyen zu Hülfe nimmt, um den wankenden Schatten zu befestigen; und da nichts destoweniger die Son- ne ihn verrückt, dem Segens-Wandel der Sonne fluchet -- Sie, Eines Sinnes mit Natur?
Wenn ich nur etwas wüßte, was der Na- tur mehr entgegen wäre, als jene Unmäßigkeit, welche alle Bedürfnisse vervielfältiget und grän- zenlosen Mangel schafft, mit seinen unendlichen Nöthen -- Angst, Schmerz, Gewaltthätigkeit, Betrug, Arglist und Tücke. Nur einen flüch- tigen Blick auf die Welt -- was in ihr alles so
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auch wohl dieſe Welt einen Gott zum Urheber haben koͤnne?
Und das heißt denn doch Eines Sinnes ſeyn mit Natur! — Allwill! Sie, eines Sinnes mit Natur? Sie, der immerwaͤhrend die aͤchteſten Bande der Natur aufloͤſet; wahre, reine Verhaͤltniſſe zerſtoͤrt, um ertraͤumte, ſchimaͤriſche an die Stelle zu ſetzen — dann ſich abarbeitet, alle Schwarzkuͤnſteleyen zu Huͤlfe nimmt, um den wankenden Schatten zu befeſtigen; und da nichts deſtoweniger die Son- ne ihn verruͤckt, dem Segens-Wandel der Sonne fluchet — Sie, Eines Sinnes mit Natur?
Wenn ich nur etwas wuͤßte, was der Na- tur mehr entgegen waͤre, als jene Unmaͤßigkeit, welche alle Beduͤrfniſſe vervielfaͤltiget und graͤn- zenloſen Mangel ſchafft, mit ſeinen unendlichen Noͤthen — Angſt, Schmerz, Gewaltthaͤtigkeit, Betrug, Argliſt und Tuͤcke. Nur einen fluͤch- tigen Blick auf die Welt — was in ihr alles ſo
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auch wohl dieſe Welt einen Gott zum Urheber
haben koͤnne?
Und das heißt denn doch Eines Sinnes
ſeyn mit Natur! — Allwill! Sie, eines
Sinnes mit Natur? Sie, der immerwaͤhrend
die aͤchteſten Bande der Natur aufloͤſet; wahre,
reine Verhaͤltniſſe zerſtoͤrt, um ertraͤumte,
ſchimaͤriſche an die Stelle zu ſetzen — dann
ſich abarbeitet, alle Schwarzkuͤnſteleyen zu
Huͤlfe nimmt, um den wankenden Schatten zu
befeſtigen; und da nichts deſtoweniger die Son-
ne ihn verruͤckt, dem Segens-Wandel der
Sonne fluchet — Sie, Eines Sinnes mit
Natur?
Wenn ich nur etwas wuͤßte, was der Na-
tur mehr entgegen waͤre, als jene Unmaͤßigkeit,
welche alle Beduͤrfniſſe vervielfaͤltiget und graͤn-
zenloſen Mangel ſchafft, mit ſeinen unendlichen
Noͤthen — Angſt, Schmerz, Gewaltthaͤtigkeit,
Betrug, Argliſt und Tuͤcke. Nur einen fluͤch-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/295>, abgerufen am 25.11.2024.
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