Die frommen Men- schen be- kommen dereinsten den voll- kommen- sten Leib.
Doch diese Erzehlung zeiget nur, daß diejenigen Unvollkommenheiten, die uns hier unglücklich machen, dorten nicht mehr seyn werden. Wir wollen derowegen auch, so weit die Schrancken unser jetzi- gen Erkänntniß es zulassen, einen Blick auf die äusserlichen Vollkommenheiten thun, welche jenem Reiche einen Vorzug vor dieser wandelbahren Wohnung geben. Hier stellen sich aber meinen Augen zu al- lererst Engel und Seelen der Frommen, welche kein Ungemach eines verderbten Leibes beschweret, sondern ohne einen sol- chen Leib die Herrlichkeit GOttes mit ei- ner beständigen Freude empfinden. Jch sehe die Seele eines Lazarus frey von Schwehren in Abrahams Schooß. Nach einer kurtzen Zeit wird der Schau-Platz verändert und ein neuer Himmel geöffnet, und in diesem zeigen sich mir die Seelen der tugendhafften Menschen in auferweck- ten und verklärten Leibern, welche die Ver- weßlichkeit abgeleget und die Unsterblichkeit angezogen. Jch erblicke nur Leiber mit voll- kommenen und gesunden Gliedmassen und deren Ansehen einem jeden ein Vergnügen verursachen muß. Jch bemercke kein blin-
des
§. 8.
Die frommen Men- ſchen be- kommen dereinſten den voll- kommen- ſten Leib.
Doch dieſe Erzehlung zeiget nur, daß diejenigen Unvollkommenheiten, die uns hier ungluͤcklich machen, dorten nicht mehr ſeyn werden. Wir wollen derowegen auch, ſo weit die Schrancken unſer jetzi- gen Erkaͤnntniß es zulaſſen, einen Blick auf die aͤuſſerlichen Vollkommenheiten thun, welche jenem Reiche einen Vorzug vor dieſer wandelbahren Wohnung geben. Hier ſtellen ſich aber meinen Augen zu al- lererſt Engel und Seelen der Frommen, welche kein Ungemach eines verderbten Leibes beſchweret, ſondern ohne einen ſol- chen Leib die Herrlichkeit GOttes mit ei- ner beſtaͤndigen Freude empfinden. Jch ſehe die Seele eines Lazarus frey von Schwehren in Abrahams Schooß. Nach einer kurtzen Zeit wird der Schau-Platz veraͤndert und ein neuer Himmel geoͤffnet, und in dieſem zeigen ſich mir die Seelen der tugendhafften Menſchen in auferweck- ten und verklaͤrten Leibern, welche die Ver- weßlichkeit abgeleget und die Unſterblichkeit angezogen. Jch erblicke nur Leiber mit voll- kommenen und geſunden Gliedmaſſen und deren Anſehen einem jeden ein Vergnuͤgen verurſachen muß. Jch bemercke kein blin-
des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0144"n="112[108]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>§. 8.</head><lb/><noteplace="left">Die<lb/>
frommen<lb/>
Men-<lb/>ſchen be-<lb/>
kommen<lb/>
dereinſten<lb/>
den voll-<lb/>
kommen-<lb/>ſten Leib.</note><p>Doch dieſe Erzehlung zeiget nur, daß<lb/>
diejenigen Unvollkommenheiten, die uns<lb/>
hier ungluͤcklich machen, dorten nicht mehr<lb/>ſeyn werden. Wir wollen derowegen<lb/>
auch, ſo weit die Schrancken unſer jetzi-<lb/>
gen Erkaͤnntniß es zulaſſen, einen Blick<lb/>
auf die aͤuſſerlichen Vollkommenheiten<lb/>
thun, welche jenem Reiche einen Vorzug<lb/>
vor dieſer wandelbahren Wohnung geben.<lb/>
Hier ſtellen ſich aber meinen Augen zu al-<lb/>
lererſt Engel und Seelen der Frommen,<lb/>
welche kein Ungemach eines verderbten<lb/>
Leibes beſchweret, ſondern ohne einen ſol-<lb/>
chen Leib die Herrlichkeit GOttes mit ei-<lb/>
ner beſtaͤndigen Freude empfinden. Jch<lb/>ſehe die Seele eines Lazarus frey von<lb/>
Schwehren in Abrahams Schooß. Nach<lb/>
einer kurtzen Zeit wird der Schau-Platz<lb/>
veraͤndert und ein neuer Himmel geoͤffnet,<lb/>
und in dieſem zeigen ſich mir die Seelen<lb/>
der tugendhafften Menſchen in auferweck-<lb/>
ten und verklaͤrten Leibern, welche die Ver-<lb/>
weßlichkeit abgeleget und die Unſterblichkeit<lb/>
angezogen. Jch erblicke nur Leiber mit voll-<lb/>
kommenen und geſunden Gliedmaſſen und<lb/>
deren Anſehen einem jeden ein Vergnuͤgen<lb/>
verurſachen muß. Jch bemercke kein blin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">des</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[112[108]/0144]
§. 8.
Doch dieſe Erzehlung zeiget nur, daß
diejenigen Unvollkommenheiten, die uns
hier ungluͤcklich machen, dorten nicht mehr
ſeyn werden. Wir wollen derowegen
auch, ſo weit die Schrancken unſer jetzi-
gen Erkaͤnntniß es zulaſſen, einen Blick
auf die aͤuſſerlichen Vollkommenheiten
thun, welche jenem Reiche einen Vorzug
vor dieſer wandelbahren Wohnung geben.
Hier ſtellen ſich aber meinen Augen zu al-
lererſt Engel und Seelen der Frommen,
welche kein Ungemach eines verderbten
Leibes beſchweret, ſondern ohne einen ſol-
chen Leib die Herrlichkeit GOttes mit ei-
ner beſtaͤndigen Freude empfinden. Jch
ſehe die Seele eines Lazarus frey von
Schwehren in Abrahams Schooß. Nach
einer kurtzen Zeit wird der Schau-Platz
veraͤndert und ein neuer Himmel geoͤffnet,
und in dieſem zeigen ſich mir die Seelen
der tugendhafften Menſchen in auferweck-
ten und verklaͤrten Leibern, welche die Ver-
weßlichkeit abgeleget und die Unſterblichkeit
angezogen. Jch erblicke nur Leiber mit voll-
kommenen und geſunden Gliedmaſſen und
deren Anſehen einem jeden ein Vergnuͤgen
verurſachen muß. Jch bemercke kein blin-
des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 112[108]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/144>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.