Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





wieder umgeben und die verlohrnen nicht
aus der Lufft gleich in den Leib zurücke ge-
hen: Und dennoch hält man nicht vor
unrecht, wenn man spricht, man habe sei-
ne vorige Haut, Fleisch und Kräffte wie-
der bekommen. Die Ursache davon ist,
weil wir viele von den vorigen Theilen be-
halten, und die neuen, welche wieder ersetzt
werden, den verlohrnen ähnlich sind. Die
Theologen haben gleiche Ursache zu sagen,
daß wir dorten eben dieselben Leiber haben
werden, welche wir hier gehabt. Denn
wie ein Stengel Weitzen wenigstens eini-
ge Theilchen von seinem Saamen-Körn-
lein besitzet, so werden auch die verklärten
Leiber von den vermoderten Gliedern eini-
ge Theile bekommen, und die aufferweck-
ten Cörper werden den jetzigen in etwas
ähnlich seyn, wie aus dem Exempel des
aufferweckten Heylandes unstreitig klar ist.
Sind nun diese Ursachen hinlänglich in
dem jetzigen Leben zu sagen, daß ein Leib,
der doch eine grosse Veränderung erlitten,
noch eben derselbe Leib sey; so wird es
auch den Theologen nicht zu verdencken
seyn, wenn sie mit der Schrifft eben so re-
den. Will man aber den GOttes-Ge-
lehrten Schuld geben, daß sie diese Re-

dens-





wieder umgeben und die verlohrnen nicht
aus der Lufft gleich in den Leib zuruͤcke ge-
hen: Und dennoch haͤlt man nicht vor
unrecht, wenn man ſpricht, man habe ſei-
ne vorige Haut, Fleiſch und Kraͤffte wie-
der bekommen. Die Urſache davon iſt,
weil wir viele von den vorigen Theilen be-
halten, und die neuen, welche wieder erſetzt
werden, den verlohrnen aͤhnlich ſind. Die
Theologen haben gleiche Urſache zu ſagen,
daß wir dorten eben dieſelben Leiber haben
werden, welche wir hier gehabt. Denn
wie ein Stengel Weitzen wenigſtens eini-
ge Theilchen von ſeinem Saamen-Koͤrn-
lein beſitzet, ſo werden auch die verklaͤrten
Leiber von den vermoderten Gliedern eini-
ge Theile bekommen, und die aufferweck-
ten Coͤrper werden den jetzigen in etwas
aͤhnlich ſeyn, wie aus dem Exempel des
aufferweckten Heylandes unſtreitig klar iſt.
Sind nun dieſe Urſachen hinlaͤnglich in
dem jetzigen Leben zu ſagen, daß ein Leib,
der doch eine groſſe Veraͤnderung erlitten,
noch eben derſelbe Leib ſey; ſo wird es
auch den Theologen nicht zu verdencken
ſeyn, wenn ſie mit der Schrifft eben ſo re-
den. Will man aber den GOttes-Ge-
lehrten Schuld geben, daß ſie dieſe Re-

dens-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0156" n="124[120]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wieder umgeben und die verlohrnen nicht<lb/>
aus der Lufft gleich in den Leib zuru&#x0364;cke ge-<lb/>
hen: Und dennoch ha&#x0364;lt man nicht vor<lb/>
unrecht, wenn man &#x017F;pricht, man habe &#x017F;ei-<lb/>
ne vorige Haut, Flei&#x017F;ch und Kra&#x0364;ffte wie-<lb/>
der bekommen. Die Ur&#x017F;ache davon i&#x017F;t,<lb/>
weil wir viele von den vorigen Theilen be-<lb/>
halten, und die neuen, welche wieder er&#x017F;etzt<lb/>
werden, den verlohrnen a&#x0364;hnlich &#x017F;ind. Die<lb/>
Theologen haben gleiche Ur&#x017F;ache zu &#x017F;agen,<lb/>
daß wir dorten eben die&#x017F;elben Leiber haben<lb/>
werden, welche wir hier gehabt. Denn<lb/>
wie ein Stengel Weitzen wenig&#x017F;tens eini-<lb/>
ge Theilchen von &#x017F;einem Saamen-Ko&#x0364;rn-<lb/>
lein be&#x017F;itzet, &#x017F;o werden auch die verkla&#x0364;rten<lb/>
Leiber von den vermoderten Gliedern eini-<lb/>
ge Theile bekommen, und die aufferweck-<lb/>
ten Co&#x0364;rper werden den jetzigen in etwas<lb/>
a&#x0364;hnlich &#x017F;eyn, wie aus dem Exempel des<lb/>
aufferweckten Heylandes un&#x017F;treitig klar i&#x017F;t.<lb/>
Sind nun die&#x017F;e Ur&#x017F;achen hinla&#x0364;nglich in<lb/>
dem jetzigen Leben zu &#x017F;agen, daß ein Leib,<lb/>
der doch eine gro&#x017F;&#x017F;e Vera&#x0364;nderung erlitten,<lb/>
noch eben der&#x017F;elbe Leib &#x017F;ey; &#x017F;o wird es<lb/>
auch den Theologen nicht zu verdencken<lb/>
&#x017F;eyn, wenn &#x017F;ie mit der Schrifft eben &#x017F;o re-<lb/>
den. Will man aber den GOttes-Ge-<lb/>
lehrten Schuld geben, daß &#x017F;ie die&#x017F;e Re-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dens-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124[120]/0156] wieder umgeben und die verlohrnen nicht aus der Lufft gleich in den Leib zuruͤcke ge- hen: Und dennoch haͤlt man nicht vor unrecht, wenn man ſpricht, man habe ſei- ne vorige Haut, Fleiſch und Kraͤffte wie- der bekommen. Die Urſache davon iſt, weil wir viele von den vorigen Theilen be- halten, und die neuen, welche wieder erſetzt werden, den verlohrnen aͤhnlich ſind. Die Theologen haben gleiche Urſache zu ſagen, daß wir dorten eben dieſelben Leiber haben werden, welche wir hier gehabt. Denn wie ein Stengel Weitzen wenigſtens eini- ge Theilchen von ſeinem Saamen-Koͤrn- lein beſitzet, ſo werden auch die verklaͤrten Leiber von den vermoderten Gliedern eini- ge Theile bekommen, und die aufferweck- ten Coͤrper werden den jetzigen in etwas aͤhnlich ſeyn, wie aus dem Exempel des aufferweckten Heylandes unſtreitig klar iſt. Sind nun dieſe Urſachen hinlaͤnglich in dem jetzigen Leben zu ſagen, daß ein Leib, der doch eine groſſe Veraͤnderung erlitten, noch eben derſelbe Leib ſey; ſo wird es auch den Theologen nicht zu verdencken ſeyn, wenn ſie mit der Schrifft eben ſo re- den. Will man aber den GOttes-Ge- lehrten Schuld geben, daß ſie dieſe Re- dens-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/156
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 124[120]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/156>, abgerufen am 11.05.2024.