auch wol, daß sie ein Unschuldiger für den Schuldigen erleget. Es wird aber in allen diesen Fällen erfordert, daß der Befehlshaber mit einem solchen Wech- sel und fremden Gnugthuung zufrieden sey, und ein Fremder sich freywillig dazu angebe.
§. 28.
Jn wie- fern die Anneh- mung einer fremden Gnugthu- ung zu billigen.
Wir wollen hierbey kürtzlich die Frage aufwerffen, ob es nicht vernünftiger und besser wäre, wenn die Richter lieber dem Schuldigen alle Strafe schenckten, als daß sie selbige von einem Unschuldigen annähmen? Daß gar keine Fälle sich er- eignen solten, in welchen nicht eine groß- müthige Schenckung aller Strafe einen Vorzug vor der fremden Genugthuung hätte, unterstehen wir uns nicht zu be- haupten. Wir glauben aber auch nicht, daß wir der Wahrheit zu nahe treten, wenn wir bejahen, daß Fälle möglich sind, in welchen es vortheilhaffter und vernünftiger ist, wenn man die Strafe des Schuldigen auf einen Unschuldigen, welcher sich derselben freywillig unterzie- het, leget. Man setze, es hätte sich je- mand vergangen, daß er den Gesetzen nach müste gestrafet werden, es würde aber ein solcher durch Erlegung dieser Strafe in die elendesten Umstände gesetzt,
so
auch wol, daß ſie ein Unſchuldiger fuͤr den Schuldigen erleget. Es wird aber in allen dieſen Faͤllen erfordert, daß der Befehlshaber mit einem ſolchen Wech- ſel und fremden Gnugthuung zufrieden ſey, und ein Fremder ſich freywillig dazu angebe.
§. 28.
Jn wie- fern die Anneh- mung einer fremden Gnugthu- ung zu billigen.
Wir wollen hierbey kuͤrtzlich die Frage aufwerffen, ob es nicht vernuͤnftiger und beſſer waͤre, wenn die Richter lieber dem Schuldigen alle Strafe ſchenckten, als daß ſie ſelbige von einem Unſchuldigen annaͤhmen? Daß gar keine Faͤlle ſich er- eignen ſolten, in welchen nicht eine groß- muͤthige Schenckung aller Strafe einen Vorzug vor der fremden Genugthuung haͤtte, unterſtehen wir uns nicht zu be- haupten. Wir glauben aber auch nicht, daß wir der Wahrheit zu nahe treten, wenn wir bejahen, daß Faͤlle moͤglich ſind, in welchen es vortheilhaffter und vernuͤnftiger iſt, wenn man die Strafe des Schuldigen auf einen Unſchuldigen, welcher ſich derſelben freywillig unterzie- het, leget. Man ſetze, es haͤtte ſich je- mand vergangen, daß er den Geſetzen nach muͤſte geſtrafet werden, es wuͤrde aber ein ſolcher durch Erlegung dieſer Strafe in die elendeſten Umſtaͤnde geſetzt,
ſo
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[372[368]/0404]
auch wol, daß ſie ein Unſchuldiger fuͤr
den Schuldigen erleget. Es wird aber
in allen dieſen Faͤllen erfordert, daß der
Befehlshaber mit einem ſolchen Wech-
ſel und fremden Gnugthuung zufrieden
ſey, und ein Fremder ſich freywillig dazu
angebe.
§. 28.
Wir wollen hierbey kuͤrtzlich die Frage
aufwerffen, ob es nicht vernuͤnftiger und
beſſer waͤre, wenn die Richter lieber dem
Schuldigen alle Strafe ſchenckten, als
daß ſie ſelbige von einem Unſchuldigen
annaͤhmen? Daß gar keine Faͤlle ſich er-
eignen ſolten, in welchen nicht eine groß-
muͤthige Schenckung aller Strafe einen
Vorzug vor der fremden Genugthuung
haͤtte, unterſtehen wir uns nicht zu be-
haupten. Wir glauben aber auch nicht,
daß wir der Wahrheit zu nahe treten,
wenn wir bejahen, daß Faͤlle moͤglich
ſind, in welchen es vortheilhaffter und
vernuͤnftiger iſt, wenn man die Strafe
des Schuldigen auf einen Unſchuldigen,
welcher ſich derſelben freywillig unterzie-
het, leget. Man ſetze, es haͤtte ſich je-
mand vergangen, daß er den Geſetzen
nach muͤſte geſtrafet werden, es wuͤrde
aber ein ſolcher durch Erlegung dieſer
Strafe in die elendeſten Umſtaͤnde geſetzt,
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 372[368]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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