Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.selbst nachdencken. Paulus schreibt: Jhr seyd theuer erkaufft. Er zielet ohn allen Zweifel auf den Handel, der damahls mit Knechten und Mägden ge- trieben wurde, als welche auch bey den Griechen unter der Leibeigenschaft stun- den, und von dem einen Herrn an den andern verkaufft wurden. Wer eine sol- che Person erhandelte, bekam ein Recht nach seinem Belieben über sie zu befeh- len, und ein solcher Knecht oder Magd war schuldig zu thun, was ihr Herr nur verlangete, und alles, was sie hat- ten und erwurben, gehörete dem Herrn. So, schreibt Paulus, wären die Gläu- bigen anzusehen, sie wären theuer erkaufft und ihr Leib und Seele wären GOttes: darum solten sie GOtt mit beyden prei- sen und verherrlichen. Dieses letztere Wort ist zwar dem Laut nach bekant genug; weil aber die wenigsten, welche selbiges gebrauchen, einen rechten Be- griff damit zu verknüpfen wissen, so wollen wir dasselbe erklären. Das Griechische Wort, so hier stehet, bedeu- tet mehr, als wir mit einem Teutschen Worte ausdrücken können. Es heisset für den andern eine grosse Hochachtung haben und von seinen Vollkommenhei- ten ein liebreiches Urtheil fällen. Es bedeutet auch das, was wir Teutschen ehren
ſelbſt nachdencken. Paulus ſchreibt: Jhr ſeyd theuer erkaufft. Er zielet ohn allen Zweifel auf den Handel, der damahls mit Knechten und Maͤgden ge- trieben wurde, als welche auch bey den Griechen unter der Leibeigenſchaft ſtun- den, und von dem einen Herrn an den andern verkaufft wurden. Wer eine ſol- che Perſon erhandelte, bekam ein Recht nach ſeinem Belieben uͤber ſie zu befeh- len, und ein ſolcher Knecht oder Magd war ſchuldig zu thun, was ihr Herr nur verlangete, und alles, was ſie hat- ten und erwurben, gehoͤrete dem Herrn. So, ſchreibt Paulus, waͤren die Glaͤu- bigen anzuſehen, ſie waͤren theuer erkaufft und ihr Leib und Seele waͤren GOttes: darum ſolten ſie GOtt mit beyden prei- ſen und verherrlichen. Dieſes letztere Wort iſt zwar dem Laut nach bekant genug; weil aber die wenigſten, welche ſelbiges gebrauchen, einen rechten Be- griff damit zu verknuͤpfen wiſſen, ſo wollen wir daſſelbe erklaͤren. Das Griechiſche Wort, ſo hier ſtehet, bedeu- tet mehr, als wir mit einem Teutſchen Worte ausdruͤcken koͤnnen. Es heiſſet fuͤr den andern eine groſſe Hochachtung haben und von ſeinen Vollkommenhei- ten ein liebreiches Urtheil faͤllen. Es bedeutet auch das, was wir Teutſchen ehren
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ſelbſt nachdencken. Paulus ſchreibt:
Jhr ſeyd theuer erkaufft. Er zielet
ohn allen Zweifel auf den Handel, der
damahls mit Knechten und Maͤgden ge-
trieben wurde, als welche auch bey den
Griechen unter der Leibeigenſchaft ſtun-
den, und von dem einen Herrn an den
andern verkaufft wurden. Wer eine ſol-
che Perſon erhandelte, bekam ein Recht
nach ſeinem Belieben uͤber ſie zu befeh-
len, und ein ſolcher Knecht oder Magd
war ſchuldig zu thun, was ihr Herr
nur verlangete, und alles, was ſie hat-
ten und erwurben, gehoͤrete dem Herrn.
So, ſchreibt Paulus, waͤren die Glaͤu-
bigen anzuſehen, ſie waͤren theuer erkaufft
und ihr Leib und Seele waͤren GOttes:
darum ſolten ſie GOtt mit beyden prei-
ſen und verherrlichen. Dieſes letztere
Wort iſt zwar dem Laut nach bekant
genug; weil aber die wenigſten, welche
ſelbiges gebrauchen, einen rechten Be-
griff damit zu verknuͤpfen wiſſen, ſo
wollen wir daſſelbe erklaͤren. Das
Griechiſche Wort, ſo hier ſtehet, bedeu-
tet mehr, als wir mit einem Teutſchen
Worte ausdruͤcken koͤnnen. Es heiſſet
fuͤr den andern eine groſſe Hochachtung
haben und von ſeinen Vollkommenhei-
ten ein liebreiches Urtheil faͤllen. Es
bedeutet auch das, was wir Teutſchen
ehren
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