Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite


lehrter versichert solches denjenigen, die es
nicht besser wissen, ohne alles Bedencken.
Unter den vornehmen Römern war gewöhn-
lich, daß mancher sich lieber mit einer gerin-
gen Frauens-Person ohne die gewöhnlichen
Ceremonien ehlich verband, als mit einer,
die seinem Stande gleich war, und die er sei-
ner Würden und Güter muste theilhafftig
machen. Jene nennte man eine Concubine
und hatte weder für sich noch für ihre Kinder
Recht an den Ehren und Gütern des Man-
nes, und konnten nichts als ihren Unterhalt
fordern. Und wie die Ehen vom ersten
Rang bey den Römern durch eine willkühr-
liche Scheidung konnten aufgehoben wer-
den, so hatte es mit diesen Ehen vom zweyten
Rang gleiche Bewandniß. Der Pellicatus
aber, oder die Ehen mit einer Hauptfrau
und einer oder etlichen Nebenfrauen zugleich
waren durch die Römischen Gesetze ver-
bothen. Hatte jemand eine Concubine, so
durffte er keine Frau vom Stande haben.
Hatte er aber eine Frau vom ersten Rang, so
durfte er keine Concubine halten.
Wenn derowegen in den Römischen Rech-
ten des Concubinats gedacht wird, so ist die
Rede von der Ehe eines Vornehmern mit
einer geringern Person, die er nicht seinem
Stande gemäß hält, und womit er Kinder
zeuget, die mit der Mutter einerley Rang ha-
ben. Keinesweges aber wird dadurch eine
Vielweiberey vom ungleichem Rang ange-
zeiget, denn selbige ist auch bey den Römern,
als sie noch Heiden waren, nicht erlaubt ge-
wesen. Unser Gelehrter muß derowegen
erst beweisen, daß wenn unter den Christen
ein
M 2


lehrter verſichert ſolches denjenigen, die es
nicht beſſer wiſſen, ohne alles Bedencken.
Unter den vornehmen Roͤmern war gewoͤhn-
lich, daß mancher ſich lieber mit einer gerin-
gen Frauens-Perſon ohne die gewoͤhnlichen
Ceremonien ehlich verband, als mit einer,
die ſeinem Stande gleich war, und die er ſei-
ner Wuͤrden und Guͤter muſte theilhafftig
machen. Jene nennte man eine Concubine
und hatte weder fuͤr ſich noch fuͤr ihre Kinder
Recht an den Ehren und Guͤtern des Man-
nes, und konnten nichts als ihren Unterhalt
fordern. Und wie die Ehen vom erſten
Rang bey den Roͤmern durch eine willkuͤhr-
liche Scheidung konnten aufgehoben wer-
den, ſo hatte es mit dieſen Ehen vom zweyten
Rang gleiche Bewandniß. Der Pellicatus
aber, oder die Ehen mit einer Hauptfrau
und einer oder etlichen Nebenfrauen zugleich
waren durch die Roͤmiſchen Geſetze ver-
bothen. Hatte jemand eine Concubine, ſo
durffte er keine Frau vom Stande haben.
Hatte er aber eine Frau vom erſten Rang, ſo
durfte er keine Concubine halten.
Wenn derowegen in den Roͤmiſchen Rech-
ten des Concubinats gedacht wird, ſo iſt die
Rede von der Ehe eines Vornehmern mit
einer geringern Perſon, die er nicht ſeinem
Stande gemaͤß haͤlt, und womit er Kinder
zeuget, die mit der Mutter einerley Rang ha-
ben. Keinesweges aber wird dadurch eine
Vielweiberey vom ungleichem Rang ange-
zeiget, denn ſelbige iſt auch bey den Roͤmern,
als ſie noch Heiden waren, nicht erlaubt ge-
weſen. Unſer Gelehrter muß derowegen
erſt beweiſen, daß wenn unter den Chriſten
ein
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0197" n="179"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note next="#a52" xml:id="a51" prev="#a50" place="foot" n="(*)">lehrter ver&#x017F;ichert &#x017F;olches denjenigen, die es<lb/>
nicht be&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;en, ohne alles Bedencken.<lb/>
Unter den vornehmen Ro&#x0364;mern war gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich, daß mancher &#x017F;ich lieber mit einer gerin-<lb/>
gen Frauens-Per&#x017F;on ohne die gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Ceremonien ehlich verband, als mit einer,<lb/>
die &#x017F;einem Stande gleich war, und die er &#x017F;ei-<lb/>
ner Wu&#x0364;rden und Gu&#x0364;ter mu&#x017F;te theilhafftig<lb/>
machen. Jene nennte man eine Concubine<lb/>
und hatte weder fu&#x0364;r &#x017F;ich noch fu&#x0364;r ihre Kinder<lb/>
Recht an den Ehren und Gu&#x0364;tern des Man-<lb/>
nes, und konnten nichts als ihren Unterhalt<lb/>
fordern. Und wie die Ehen vom er&#x017F;ten<lb/>
Rang bey den Ro&#x0364;mern durch eine willku&#x0364;hr-<lb/>
liche Scheidung konnten aufgehoben wer-<lb/>
den, &#x017F;o hatte es mit die&#x017F;en Ehen vom zweyten<lb/>
Rang gleiche Bewandniß. Der <hi rendition="#aq">Pellicatus</hi><lb/>
aber, oder die Ehen mit einer Hauptfrau<lb/>
und einer oder etlichen Nebenfrauen zugleich<lb/>
waren durch die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ge&#x017F;etze ver-<lb/>
bothen. Hatte jemand eine Concubine, &#x017F;o<lb/>
durffte er keine Frau vom Stande haben.<lb/>
Hatte er aber eine Frau vom er&#x017F;ten Rang, &#x017F;o<lb/>
durfte er keine Concubine halten.<lb/>
Wenn derowegen in den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rech-<lb/>
ten des Concubinats gedacht wird, &#x017F;o i&#x017F;t die<lb/>
Rede von der Ehe eines Vornehmern mit<lb/>
einer geringern Per&#x017F;on, die er nicht &#x017F;einem<lb/>
Stande gema&#x0364;ß ha&#x0364;lt, und womit er Kinder<lb/>
zeuget, die mit der Mutter einerley Rang ha-<lb/>
ben. Keinesweges aber wird dadurch eine<lb/>
Vielweiberey vom ungleichem Rang ange-<lb/>
zeiget, denn &#x017F;elbige i&#x017F;t auch bey den Ro&#x0364;mern,<lb/>
als &#x017F;ie noch Heiden waren, nicht erlaubt ge-<lb/>
we&#x017F;en. Un&#x017F;er Gelehrter muß derowegen<lb/>
er&#x017F;t bewei&#x017F;en, daß wenn unter den Chri&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0197] (*) (*) lehrter verſichert ſolches denjenigen, die es nicht beſſer wiſſen, ohne alles Bedencken. Unter den vornehmen Roͤmern war gewoͤhn- lich, daß mancher ſich lieber mit einer gerin- gen Frauens-Perſon ohne die gewoͤhnlichen Ceremonien ehlich verband, als mit einer, die ſeinem Stande gleich war, und die er ſei- ner Wuͤrden und Guͤter muſte theilhafftig machen. Jene nennte man eine Concubine und hatte weder fuͤr ſich noch fuͤr ihre Kinder Recht an den Ehren und Guͤtern des Man- nes, und konnten nichts als ihren Unterhalt fordern. Und wie die Ehen vom erſten Rang bey den Roͤmern durch eine willkuͤhr- liche Scheidung konnten aufgehoben wer- den, ſo hatte es mit dieſen Ehen vom zweyten Rang gleiche Bewandniß. Der Pellicatus aber, oder die Ehen mit einer Hauptfrau und einer oder etlichen Nebenfrauen zugleich waren durch die Roͤmiſchen Geſetze ver- bothen. Hatte jemand eine Concubine, ſo durffte er keine Frau vom Stande haben. Hatte er aber eine Frau vom erſten Rang, ſo durfte er keine Concubine halten. Wenn derowegen in den Roͤmiſchen Rech- ten des Concubinats gedacht wird, ſo iſt die Rede von der Ehe eines Vornehmern mit einer geringern Perſon, die er nicht ſeinem Stande gemaͤß haͤlt, und womit er Kinder zeuget, die mit der Mutter einerley Rang ha- ben. Keinesweges aber wird dadurch eine Vielweiberey vom ungleichem Rang ange- zeiget, denn ſelbige iſt auch bey den Roͤmern, als ſie noch Heiden waren, nicht erlaubt ge- weſen. Unſer Gelehrter muß derowegen erſt beweiſen, daß wenn unter den Chriſten ein M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/197
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/197>, abgerufen am 21.11.2024.