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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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Osten, Phillis gehet in den Wald, um von
ihren Kühen Milch zu hohlen, und kommt
von Westen. Ein unvermuthet Regen-
schauer bringet beyde unter einen Baum,
ein Feuer das durch die Augen gewechselt
wird, macht sie mitten im Regenwetter ge-
gen einander entzündet. Tityrus ent-
schließt sich, an dem Orte der Phillis Arbeit
zu nehmen. Es dauret kein Jahr, so sind
sie schon geehlichet. Wer diese Ehe zum
Voraus gesehen, und ihre künftige Kinder
schon gezählet hat, der muß die Reise des
Tityrus, den Weg der Phillis, die Anzahl
ihrer Schritte, die Minute des eingefalle-
nen Regens und noch mehr zum Voraus
gewust haben. Und wenn man überden-
cket, was dieses wiederum zum Voraus
setzet, der wird mir nicht entgegen seyn, wenn
ich behaupte, daß derjenige, der die Ver-
hältniß der Geschlechte bestimmet, alle Klei-
nigkeiten dieser Erden mit ihren Folgen auf
viele tausend Jahr zum Voraus gesehen.
Einer von Adel aus einem gewissen Dorfe
gehet im Jahr 1717. als ein Freywilliger vor
Belgrad und wird erschossen. Seine an
einen andern Edelmann vermählte Schwe-
ster kommt über funftzig Meilen her nach

dem



Oſten, Phillis gehet in den Wald, um von
ihren Kuͤhen Milch zu hohlen, und kommt
von Weſten. Ein unvermuthet Regen-
ſchauer bringet beyde unter einen Baum,
ein Feuer das durch die Augen gewechſelt
wird, macht ſie mitten im Regenwetter ge-
gen einander entzuͤndet. Tityrus ent-
ſchließt ſich, an dem Orte der Phillis Arbeit
zu nehmen. Es dauret kein Jahr, ſo ſind
ſie ſchon geehlichet. Wer dieſe Ehe zum
Voraus geſehen, und ihre kuͤnftige Kinder
ſchon gezaͤhlet hat, der muß die Reiſe des
Tityrus, den Weg der Phillis, die Anzahl
ihrer Schritte, die Minute des eingefalle-
nen Regens und noch mehr zum Voraus
gewuſt haben. Und wenn man uͤberden-
cket, was dieſes wiederum zum Voraus
ſetzet, der wird mir nicht entgegen ſeyn, wenn
ich behaupte, daß derjenige, der die Ver-
haͤltniß der Geſchlechte beſtimmet, alle Klei-
nigkeiten dieſer Erden mit ihren Folgen auf
viele tauſend Jahr zum Voraus geſehen.
Einer von Adel aus einem gewiſſen Dorfe
gehet im Jahr 1717. als ein Freywilliger vor
Belgrad und wird erſchoſſen. Seine an
einen andern Edelmann vermaͤhlte Schwe-
ſter kommt uͤber funftzig Meilen her nach

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[312/0330] Oſten, Phillis gehet in den Wald, um von ihren Kuͤhen Milch zu hohlen, und kommt von Weſten. Ein unvermuthet Regen- ſchauer bringet beyde unter einen Baum, ein Feuer das durch die Augen gewechſelt wird, macht ſie mitten im Regenwetter ge- gen einander entzuͤndet. Tityrus ent- ſchließt ſich, an dem Orte der Phillis Arbeit zu nehmen. Es dauret kein Jahr, ſo ſind ſie ſchon geehlichet. Wer dieſe Ehe zum Voraus geſehen, und ihre kuͤnftige Kinder ſchon gezaͤhlet hat, der muß die Reiſe des Tityrus, den Weg der Phillis, die Anzahl ihrer Schritte, die Minute des eingefalle- nen Regens und noch mehr zum Voraus gewuſt haben. Und wenn man uͤberden- cket, was dieſes wiederum zum Voraus ſetzet, der wird mir nicht entgegen ſeyn, wenn ich behaupte, daß derjenige, der die Ver- haͤltniß der Geſchlechte beſtimmet, alle Klei- nigkeiten dieſer Erden mit ihren Folgen auf viele tauſend Jahr zum Voraus geſehen. Einer von Adel aus einem gewiſſen Dorfe gehet im Jahr 1717. als ein Freywilliger vor Belgrad und wird erſchoſſen. Seine an einen andern Edelmann vermaͤhlte Schwe- ſter kommt uͤber funftzig Meilen her nach dem

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/330>, abgerufen am 27.11.2024.