Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



ne solche Verwirrung, daß ein Mensch des
andern Teufel wurde, und die ewige Weis-
heit sich genöthiget sahe, der Bosheit durch
die härtesten Strafen Grentzen zu setzen.
Wir waren Kinder des Zorns, der Erdbo-
den kam unter einen gerechten Fluch, und
die Wohnung wurde nach den Einwoh-
nern eingerichtet. Derjenige war nun-
mehr höchst unselig, der doch nach dem Bil-
de des seligsten GOttes gemacht. Er war
auch nicht einmal zu einer wahren Selig-
keit mehr aufgelegt. Seine Begierden
giengen immer auf seine eigene und ande-
rer Unruhe, wie wir jetzo noch bey denen
sehen können, welche kein höhers Licht in
eine andere Verfassung gesetzet. Die
Seelen waren indessen unsterblich, und es
war keine Hoffnung, daß sie für sich allein
jemahls in eine seligere Verfassung kom-
men wären. Derjenige wird hieran nicht
zweifeln, der da überlegt, was für wichtige
Vorkehrungen nöthig gewesen, daß nur
einige wieder auf den Weg des Lebens ge-
bracht worden. Es wäre also die gantze
menschliche Gesellschafft gewiß in alle Ewig-
keit verlohren gewesen, wenn keine beson-
dere Gnade des Höchsten sich ihrer erbar-

met
Y 5



ne ſolche Verwirrung, daß ein Menſch des
andern Teufel wurde, und die ewige Weis-
heit ſich genoͤthiget ſahe, der Bosheit durch
die haͤrteſten Strafen Grentzen zu ſetzen.
Wir waren Kinder des Zorns, der Erdbo-
den kam unter einen gerechten Fluch, und
die Wohnung wurde nach den Einwoh-
nern eingerichtet. Derjenige war nun-
mehr hoͤchſt unſelig, der doch nach dem Bil-
de des ſeligſten GOttes gemacht. Er war
auch nicht einmal zu einer wahren Selig-
keit mehr aufgelegt. Seine Begierden
giengen immer auf ſeine eigene und ande-
rer Unruhe, wie wir jetzo noch bey denen
ſehen koͤnnen, welche kein hoͤhers Licht in
eine andere Verfaſſung geſetzet. Die
Seelen waren indeſſen unſterblich, und es
war keine Hoffnung, daß ſie fuͤr ſich allein
jemahls in eine ſeligere Verfaſſung kom-
men waͤren. Derjenige wird hieran nicht
zweifeln, der da uͤberlegt, was fuͤr wichtige
Vorkehrungen noͤthig geweſen, daß nur
einige wieder auf den Weg des Lebens ge-
bracht worden. Es waͤre alſo die gantze
menſchliche Geſellſchafft gewiß in alle Ewig-
keit verlohren geweſen, wenn keine beſon-
dere Gnade des Hoͤchſten ſich ihrer erbar-

met
Y 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0363" n="345"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ne &#x017F;olche Verwirrung, daß ein Men&#x017F;ch des<lb/>
andern Teufel wurde, und die ewige Weis-<lb/>
heit &#x017F;ich geno&#x0364;thiget &#x017F;ahe, der Bosheit durch<lb/>
die ha&#x0364;rte&#x017F;ten Strafen Grentzen zu &#x017F;etzen.<lb/>
Wir waren Kinder des Zorns, der Erdbo-<lb/>
den kam unter einen gerechten Fluch, und<lb/>
die Wohnung wurde nach den Einwoh-<lb/>
nern eingerichtet. Derjenige war nun-<lb/>
mehr ho&#x0364;ch&#x017F;t un&#x017F;elig, der doch nach dem Bil-<lb/>
de des &#x017F;elig&#x017F;ten GOttes gemacht. Er war<lb/>
auch nicht einmal zu einer wahren Selig-<lb/>
keit mehr aufgelegt. Seine Begierden<lb/>
giengen immer auf &#x017F;eine eigene und ande-<lb/>
rer Unruhe, wie wir jetzo noch bey denen<lb/>
&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, welche kein ho&#x0364;hers Licht in<lb/>
eine andere Verfa&#x017F;&#x017F;ung ge&#x017F;etzet. Die<lb/>
Seelen waren inde&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;terblich, und es<lb/>
war keine Hoffnung, daß &#x017F;ie fu&#x0364;r &#x017F;ich allein<lb/>
jemahls in eine &#x017F;eligere Verfa&#x017F;&#x017F;ung kom-<lb/>
men wa&#x0364;ren. Derjenige wird hieran nicht<lb/>
zweifeln, der da u&#x0364;berlegt, was fu&#x0364;r wichtige<lb/>
Vorkehrungen no&#x0364;thig gewe&#x017F;en, daß nur<lb/>
einige wieder auf den Weg des Lebens ge-<lb/>
bracht worden. Es wa&#x0364;re al&#x017F;o die gantze<lb/>
men&#x017F;chliche Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft gewiß in alle Ewig-<lb/>
keit verlohren gewe&#x017F;en, wenn keine be&#x017F;on-<lb/>
dere Gnade des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;ich ihrer erbar-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 5</fw><fw place="bottom" type="catch">met</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0363] ne ſolche Verwirrung, daß ein Menſch des andern Teufel wurde, und die ewige Weis- heit ſich genoͤthiget ſahe, der Bosheit durch die haͤrteſten Strafen Grentzen zu ſetzen. Wir waren Kinder des Zorns, der Erdbo- den kam unter einen gerechten Fluch, und die Wohnung wurde nach den Einwoh- nern eingerichtet. Derjenige war nun- mehr hoͤchſt unſelig, der doch nach dem Bil- de des ſeligſten GOttes gemacht. Er war auch nicht einmal zu einer wahren Selig- keit mehr aufgelegt. Seine Begierden giengen immer auf ſeine eigene und ande- rer Unruhe, wie wir jetzo noch bey denen ſehen koͤnnen, welche kein hoͤhers Licht in eine andere Verfaſſung geſetzet. Die Seelen waren indeſſen unſterblich, und es war keine Hoffnung, daß ſie fuͤr ſich allein jemahls in eine ſeligere Verfaſſung kom- men waͤren. Derjenige wird hieran nicht zweifeln, der da uͤberlegt, was fuͤr wichtige Vorkehrungen noͤthig geweſen, daß nur einige wieder auf den Weg des Lebens ge- bracht worden. Es waͤre alſo die gantze menſchliche Geſellſchafft gewiß in alle Ewig- keit verlohren geweſen, wenn keine beſon- dere Gnade des Hoͤchſten ſich ihrer erbar- met Y 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/363
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/363>, abgerufen am 27.11.2024.