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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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braucht, muß nunmehr schliessen: Jst die
Sünde so heßlich, so abscheulich in den Au-
gen GOttes, und streitet dergestalt mit sei-
nem Reiche, daß er sie nicht vergeben wol-
len ohne seinen heiligsten Abscheu durch das
gröste Wunder kund zu machen, so wird
demjenigen, der dieses alles verachtet, und
dennoch in Sünden beharret, nichts übrig
bleiben, als ein erschreckliches Warten
des Gerichts und des Feuereifers, der
Ebr. 10,
27.

die Widerwärtigen verzehren wird.
Bewundert die grossen Bemühungen
GOttes, uns abtrünnige verirrte Menschen
zurück zu bringen, glücklich zu machen, und
erkennet in selbigen die zärtliche Liebe, so er
gegen uns träget. Jst es nicht eine grosse
Liebe, daß er an uns gedencket, da wir ihm
doch Liebe und Gehorsam aufgekündiget?
Jst es nicht eine unendliche Liebe, daß er uns
begnadiget, da diese Begnadigung den
Tod seines eigebohrnen Sohns erfordert?
Jst es nicht eine unbegreifliche Liebe, daß er
ein so grosses Wunder stiftet, damit seine
Gnade uns auch zur Busse leiten und dahin
bringen möge, daß seine gütigen Absichten
an uns mögen erreichet werden? Wo fin-
det man wohl eine Liebe, die dieser ähnlich

ist?
Z 4



braucht, muß nunmehr ſchlieſſen: Jſt die
Suͤnde ſo heßlich, ſo abſcheulich in den Au-
gen GOttes, und ſtreitet dergeſtalt mit ſei-
nem Reiche, daß er ſie nicht vergeben wol-
len ohne ſeinen heiligſten Abſcheu durch das
groͤſte Wunder kund zu machen, ſo wird
demjenigen, der dieſes alles verachtet, und
dennoch in Suͤnden beharret, nichts uͤbrig
bleiben, als ein erſchreckliches Warten
des Gerichts und des Feuereifers, der
Ebr. 10,
27.

die Widerwaͤrtigen verzehren wird.
Bewundert die groſſen Bemuͤhungen
GOttes, uns abtruͤnnige verirrte Menſchen
zuruͤck zu bringen, gluͤcklich zu machen, und
erkennet in ſelbigen die zaͤrtliche Liebe, ſo er
gegen uns traͤget. Jſt es nicht eine groſſe
Liebe, daß er an uns gedencket, da wir ihm
doch Liebe und Gehorſam aufgekuͤndiget?
Jſt es nicht eine unendliche Liebe, daß er uns
begnadiget, da dieſe Begnadigung den
Tod ſeines eigebohrnen Sohns erfordert?
Jſt es nicht eine unbegreifliche Liebe, daß er
ein ſo groſſes Wunder ſtiftet, damit ſeine
Gnade uns auch zur Buſſe leiten und dahin
bringen moͤge, daß ſeine guͤtigen Abſichten
an uns moͤgen erreichet werden? Wo fin-
det man wohl eine Liebe, die dieſer aͤhnlich

iſt?
Z 4
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[359/0377] braucht, muß nunmehr ſchlieſſen: Jſt die Suͤnde ſo heßlich, ſo abſcheulich in den Au- gen GOttes, und ſtreitet dergeſtalt mit ſei- nem Reiche, daß er ſie nicht vergeben wol- len ohne ſeinen heiligſten Abſcheu durch das groͤſte Wunder kund zu machen, ſo wird demjenigen, der dieſes alles verachtet, und dennoch in Suͤnden beharret, nichts uͤbrig bleiben, als ein erſchreckliches Warten des Gerichts und des Feuereifers, der die Widerwaͤrtigen verzehren wird. Bewundert die groſſen Bemuͤhungen GOttes, uns abtruͤnnige verirrte Menſchen zuruͤck zu bringen, gluͤcklich zu machen, und erkennet in ſelbigen die zaͤrtliche Liebe, ſo er gegen uns traͤget. Jſt es nicht eine groſſe Liebe, daß er an uns gedencket, da wir ihm doch Liebe und Gehorſam aufgekuͤndiget? Jſt es nicht eine unendliche Liebe, daß er uns begnadiget, da dieſe Begnadigung den Tod ſeines eigebohrnen Sohns erfordert? Jſt es nicht eine unbegreifliche Liebe, daß er ein ſo groſſes Wunder ſtiftet, damit ſeine Gnade uns auch zur Buſſe leiten und dahin bringen moͤge, daß ſeine guͤtigen Abſichten an uns moͤgen erreichet werden? Wo fin- det man wohl eine Liebe, die dieſer aͤhnlich iſt? Ebr. 10, 27. Z 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/377>, abgerufen am 18.06.2024.