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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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billigen Gründe eines andern überzeugen
lassen; so ist es eine gerechte Strafe, wenn
er des Landes verwiesen wird. Die Nei-
gung unsers Herzens zu Gott die Vereh-
rung desselben, und die allerstärksten Rei-
zungen zur Tugend hangen von dem Glau-
ben ab, den wir von Gott haben, und wer die
bekannten Religionen dieser Erde genau be-
trachtet, wird finden, daß keine einzige an-
dere Religion so viele und so starke Bewe-
gungsgründe zur Tugend hat, als die
Christliche. Es ist derowegen keine gleich-
gültige Sache, ob man selbige annimmt
oder nicht. Wer sie leichtsinnig verwirft,
und andere zu gleichem Unglauben verfüh-
ret, beraubet sich und andere der stärksten
Bewegungsgründe Gott zu lieben und zu
verehren, sich in der Tugend zu üben, eine
Zierde und Wolthat der Welt zu werden,
und sich zu einer seligen Ewigkeit recht zu
bereiten. Wer gar seinen Witz anstren-
get den Menschen die Hoffnung zur Un-
sterblichkeit der Seele, und einem andern
Leben nach dem Tode auszureden, verübet
die größte Grausamkeit an dem menschli-
chen Geschlechte, und suchet dasselbe des
größten Kleinodes zu berauben. Man
nehme denen, die ihr Leben in schwerer Ar-
beit und Mühseligkeiten zubringen, die in
der besten Jugend ihre Glieder zur Ehre
ihres Monarchen zerschmettern lassen, was
bleibet ihnen denn, wenn sie die Hoffnung

zu

billigen Gruͤnde eines andern uͤberzeugen
laſſen; ſo iſt es eine gerechte Strafe, wenn
er des Landes verwieſen wird. Die Nei-
gung unſers Herzens zu Gott die Vereh-
rung deſſelben, und die allerſtaͤrkſten Rei-
zungen zur Tugend hangen von dem Glau-
ben ab, den wir von Gott haben, und wer die
bekannten Religionen dieſer Erde genau be-
trachtet, wird finden, daß keine einzige an-
dere Religion ſo viele und ſo ſtarke Bewe-
gungsgruͤnde zur Tugend hat, als die
Chriſtliche. Es iſt derowegen keine gleich-
guͤltige Sache, ob man ſelbige annimmt
oder nicht. Wer ſie leichtſinnig verwirft,
und andere zu gleichem Unglauben verfuͤh-
ret, beraubet ſich und andere der ſtaͤrkſten
Bewegungsgruͤnde Gott zu lieben und zu
verehren, ſich in der Tugend zu uͤben, eine
Zierde und Wolthat der Welt zu werden,
und ſich zu einer ſeligen Ewigkeit recht zu
bereiten. Wer gar ſeinen Witz anſtren-
get den Menſchen die Hoffnung zur Un-
ſterblichkeit der Seele, und einem andern
Leben nach dem Tode auszureden, veruͤbet
die groͤßte Grauſamkeit an dem menſchli-
chen Geſchlechte, und ſuchet daſſelbe des
groͤßten Kleinodes zu berauben. Man
nehme denen, die ihr Leben in ſchwerer Ar-
beit und Muͤhſeligkeiten zubringen, die in
der beſten Jugend ihre Glieder zur Ehre
ihres Monarchen zerſchmettern laſſen, was
bleibet ihnen denn, wenn ſie die Hoffnung

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[174/0194] billigen Gruͤnde eines andern uͤberzeugen laſſen; ſo iſt es eine gerechte Strafe, wenn er des Landes verwieſen wird. Die Nei- gung unſers Herzens zu Gott die Vereh- rung deſſelben, und die allerſtaͤrkſten Rei- zungen zur Tugend hangen von dem Glau- ben ab, den wir von Gott haben, und wer die bekannten Religionen dieſer Erde genau be- trachtet, wird finden, daß keine einzige an- dere Religion ſo viele und ſo ſtarke Bewe- gungsgruͤnde zur Tugend hat, als die Chriſtliche. Es iſt derowegen keine gleich- guͤltige Sache, ob man ſelbige annimmt oder nicht. Wer ſie leichtſinnig verwirft, und andere zu gleichem Unglauben verfuͤh- ret, beraubet ſich und andere der ſtaͤrkſten Bewegungsgruͤnde Gott zu lieben und zu verehren, ſich in der Tugend zu uͤben, eine Zierde und Wolthat der Welt zu werden, und ſich zu einer ſeligen Ewigkeit recht zu bereiten. Wer gar ſeinen Witz anſtren- get den Menſchen die Hoffnung zur Un- ſterblichkeit der Seele, und einem andern Leben nach dem Tode auszureden, veruͤbet die groͤßte Grauſamkeit an dem menſchli- chen Geſchlechte, und ſuchet daſſelbe des groͤßten Kleinodes zu berauben. Man nehme denen, die ihr Leben in ſchwerer Ar- beit und Muͤhſeligkeiten zubringen, die in der beſten Jugend ihre Glieder zur Ehre ihres Monarchen zerſchmettern laſſen, was bleibet ihnen denn, wenn ſie die Hoffnung zu

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/194>, abgerufen am 26.11.2024.