ein besonderes Land zu führen, um sie in seiner Erkänntniß, und in einem vernünf- tigen Gottesdienste nach und nach zu befe- stigen, so waren zwey Mittel, sie aus Ae- gypten zu führen. Man mußte entweder den Pharao dahin bewegen, sie freywillig und in der Güte fahren zu lassen, oder sie mußten seiner Herrschaft mit Gewalt entris- sen werden. Nun wußte zwar der Allwissen- de, daß Pharao sich durch nichts würde bewegen lassen, denen Jsraeliten in Güte einen freyen Abzug zu verstatten, und daß die größte Gewalt würde gebrauchet wer- den müssen, um sie von dem Aegyptischen Joche frey zu machen. Gott ist aber das gütigste Wesen, und will, daß ihn die Menschen als den liebreichsten Vater er- kennen sollen, und richtet daher seine Re- gierung also ein, daß seine Liebe sich da- durch offenbare. Gott hätte nun zwar gleich mit der Härte zufahren, und die Aegypter an einer heftigen Krankheit nie- derwerfen, und sein Volk ungehindert ausführen können. Er hätte auch der Ae- gypter durch eine wütende Pest dergestalt schwächen können, daß sie den Jsraeliten nachzusetzen, sich nicht in den Sinn kom- men lassen. Er will aber erst beweisen, daß er der Menschen gerne verschonete, und seine Absichten lieber ohne Zwang erreichete. Und daher schickete er den Moses und Aa- ron zu dem Pharao, um ihn in der Güte
zu
ein beſonderes Land zu fuͤhren, um ſie in ſeiner Erkaͤnntniß, und in einem vernuͤnf- tigen Gottesdienſte nach und nach zu befe- ſtigen, ſo waren zwey Mittel, ſie aus Ae- gypten zu fuͤhren. Man mußte entweder den Pharao dahin bewegen, ſie freywillig und in der Guͤte fahren zu laſſen, oder ſie mußten ſeiner Herrſchaft mit Gewalt entriſ- ſen werden. Nun wußte zwar der Allwiſſen- de, daß Pharao ſich durch nichts wuͤrde bewegen laſſen, denen Jſraeliten in Guͤte einen freyen Abzug zu verſtatten, und daß die groͤßte Gewalt wuͤrde gebrauchet wer- den muͤſſen, um ſie von dem Aegyptiſchen Joche frey zu machen. Gott iſt aber das guͤtigſte Weſen, und will, daß ihn die Menſchen als den liebreichſten Vater er- kennen ſollen, und richtet daher ſeine Re- gierung alſo ein, daß ſeine Liebe ſich da- durch offenbare. Gott haͤtte nun zwar gleich mit der Haͤrte zufahren, und die Aegypter an einer heftigen Krankheit nie- derwerfen, und ſein Volk ungehindert ausfuͤhren koͤnnen. Er haͤtte auch der Ae- gypter durch eine wuͤtende Peſt dergeſtalt ſchwaͤchen koͤnnen, daß ſie den Jſraeliten nachzuſetzen, ſich nicht in den Sinn kom- men laſſen. Er will aber erſt beweiſen, daß er der Menſchen gerne verſchonete, und ſeine Abſichten lieber ohne Zwang erreichete. Und daher ſchickete er den Moſes und Aa- ron zu dem Pharao, um ihn in der Guͤte
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ein beſonderes Land zu fuͤhren, um ſie in
ſeiner Erkaͤnntniß, und in einem vernuͤnf-
tigen Gottesdienſte nach und nach zu befe-
ſtigen, ſo waren zwey Mittel, ſie aus Ae-
gypten zu fuͤhren. Man mußte entweder
den Pharao dahin bewegen, ſie freywillig
und in der Guͤte fahren zu laſſen, oder ſie
mußten ſeiner Herrſchaft mit Gewalt entriſ-
ſen werden. Nun wußte zwar der Allwiſſen-
de, daß Pharao ſich durch nichts wuͤrde
bewegen laſſen, denen Jſraeliten in Guͤte
einen freyen Abzug zu verſtatten, und daß
die groͤßte Gewalt wuͤrde gebrauchet wer-
den muͤſſen, um ſie von dem Aegyptiſchen
Joche frey zu machen. Gott iſt aber das
guͤtigſte Weſen, und will, daß ihn die
Menſchen als den liebreichſten Vater er-
kennen ſollen, und richtet daher ſeine Re-
gierung alſo ein, daß ſeine Liebe ſich da-
durch offenbare. Gott haͤtte nun zwar
gleich mit der Haͤrte zufahren, und die
Aegypter an einer heftigen Krankheit nie-
derwerfen, und ſein Volk ungehindert
ausfuͤhren koͤnnen. Er haͤtte auch der Ae-
gypter durch eine wuͤtende Peſt dergeſtalt
ſchwaͤchen koͤnnen, daß ſie den Jſraeliten
nachzuſetzen, ſich nicht in den Sinn kom-
men laſſen. Er will aber erſt beweiſen,
daß er der Menſchen gerne verſchonete, und
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Und daher ſchickete er den Moſes und Aa-
ron zu dem Pharao, um ihn in der Guͤte
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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