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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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und nach fortzeugen, ursprünglich von
Gott herkommt, so giebet es in derselben
Menschen, die unmittelbahr von Gott ab-
stammen, und solche, welche von diesen
durch eine natürliche Zeugung fortgepflan-
zet worden. Unter diesen natürlich fortge-
zeugeten ist nothwendig einer der erste
Sohn, und jemand der erste Enkel gewe-
sen. Da nun niemand zwischen die
Schöpfung des unmittelbahr von Gott
abstammenden Menschen und der Geburth
seines ersten Enkels eine Ewigkeit setzen
wird, so ist man genöthiget einen Augen-
blick zu gedenken, da der erste Sohn und
der erste Vater nicht gewesen, sondern ih-
ren Anfang genommen haben. Denn der
erste Enkel ist nicht von Ewigkeit her. Da
man nun nicht anders annehmen kann, als
daß der erste Sohn und dessen von Gott
unmittelbahr erschaffener Vater nur eine
bestimmte und zwar nicht gar zu lange
Zeit gelebt gehabt, da der Enkel gezeuget wor-
den, so muß man der ganzen Reihe der Zeu-
gungs-Folge einen Anfang beylegen.
Eben diese Arth zu schliessen kann man auf
alle Reihen von Veränderungen anwen-
den, worinne eines auf das andere folget.
Eine ewige Welt ist derowegen ein sich
selber widersprechendes und thörigtes Un-
ding, welches keine weise Allmacht hervor-
bringen kann. Die Schöpfung erfordert
derowegen nothwendig einen Anfang. Und

hiermit
A 4

und nach fortzeugen, urſpruͤnglich von
Gott herkommt, ſo giebet es in derſelben
Menſchen, die unmittelbahr von Gott ab-
ſtammen, und ſolche, welche von dieſen
durch eine natuͤrliche Zeugung fortgepflan-
zet worden. Unter dieſen natuͤrlich fortge-
zeugeten iſt nothwendig einer der erſte
Sohn, und jemand der erſte Enkel gewe-
ſen. Da nun niemand zwiſchen die
Schoͤpfung des unmittelbahr von Gott
abſtammenden Menſchen und der Geburth
ſeines erſten Enkels eine Ewigkeit ſetzen
wird, ſo iſt man genoͤthiget einen Augen-
blick zu gedenken, da der erſte Sohn und
der erſte Vater nicht geweſen, ſondern ih-
ren Anfang genommen haben. Denn der
erſte Enkel iſt nicht von Ewigkeit her. Da
man nun nicht anders annehmen kann, als
daß der erſte Sohn und deſſen von Gott
unmittelbahr erſchaffener Vater nur eine
beſtimmte und zwar nicht gar zu lange
Zeit gelebt gehabt, da der Enkel gezeuget wor-
den, ſo muß man der ganzen Reihe der Zeu-
gungs-Folge einen Anfang beylegen.
Eben dieſe Arth zu ſchlieſſen kann man auf
alle Reihen von Veraͤnderungen anwen-
den, worinne eines auf das andere folget.
Eine ewige Welt iſt derowegen ein ſich
ſelber widerſprechendes und thoͤrigtes Un-
ding, welches keine weiſe Allmacht hervor-
bringen kann. Die Schoͤpfung erfordert
derowegen nothwendig einen Anfang. Und

hiermit
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[7/0027] und nach fortzeugen, urſpruͤnglich von Gott herkommt, ſo giebet es in derſelben Menſchen, die unmittelbahr von Gott ab- ſtammen, und ſolche, welche von dieſen durch eine natuͤrliche Zeugung fortgepflan- zet worden. Unter dieſen natuͤrlich fortge- zeugeten iſt nothwendig einer der erſte Sohn, und jemand der erſte Enkel gewe- ſen. Da nun niemand zwiſchen die Schoͤpfung des unmittelbahr von Gott abſtammenden Menſchen und der Geburth ſeines erſten Enkels eine Ewigkeit ſetzen wird, ſo iſt man genoͤthiget einen Augen- blick zu gedenken, da der erſte Sohn und der erſte Vater nicht geweſen, ſondern ih- ren Anfang genommen haben. Denn der erſte Enkel iſt nicht von Ewigkeit her. Da man nun nicht anders annehmen kann, als daß der erſte Sohn und deſſen von Gott unmittelbahr erſchaffener Vater nur eine beſtimmte und zwar nicht gar zu lange Zeit gelebt gehabt, da der Enkel gezeuget wor- den, ſo muß man der ganzen Reihe der Zeu- gungs-Folge einen Anfang beylegen. Eben dieſe Arth zu ſchlieſſen kann man auf alle Reihen von Veraͤnderungen anwen- den, worinne eines auf das andere folget. Eine ewige Welt iſt derowegen ein ſich ſelber widerſprechendes und thoͤrigtes Un- ding, welches keine weiſe Allmacht hervor- bringen kann. Die Schoͤpfung erfordert derowegen nothwendig einen Anfang. Und hiermit A 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/27>, abgerufen am 21.11.2024.