Ehegatte den andern des Ehebruchs über- führen könnte. Der berühmte Selden be- weiset zwar weitläuftig *), daß die Wör- ter, deren sich etwa der Heiland bey dieser Gelegenheit in der Jüdischen Sprache be- dienen können, ebenfalls zweydeutig und bald Hurerey und Ehebruch, bald aber alles, was recht schändlich, alle Abgötterey, Völlerey, und dergleichen bezeichneten, und meynet daher, daß die Schammäa- ner gelehret, es fände die Ehescheidung bey einer jeden schändlichen That statt. Allein er hat dieses letztere ohne hinlänglichen Grund vorgegeben. Und wir können nicht umhin, uns hierbey über eine Gewohnheit gewisser Gelehrten zu beschweren. Wenn selbige eine Meynung haben, welche sie, weil sie ihnen vortheilhaft, vor andern lie- ben, so berufen sie sich auf Männer von grossen Namen, und setzen, dieser hat das und das bewiesen, wenn gleich kein Beweis da ist, sondern dieser und jener grosser Mann etwas nur als eine Muthmassung vorgegeben. Es werden damit die größten Betrügereyen gemacht. Die sehr gelehr- ten Schriften des in der That grossen Seldens, sind diesem Misbrauche auch ungemein unterworfen. Wie oft lieset
man?
*)Tractat. de Uxore Hebraic, Lib. III. Cap. XXIII.
Ehegatte den andern des Ehebruchs uͤber- fuͤhren koͤnnte. Der beruͤhmte Selden be- weiſet zwar weitlaͤuftig *), daß die Woͤr- ter, deren ſich etwa der Heiland bey dieſer Gelegenheit in der Juͤdiſchen Sprache be- dienen koͤnnen, ebenfalls zweydeutig und bald Hurerey und Ehebruch, bald aber alles, was recht ſchaͤndlich, alle Abgoͤtterey, Voͤllerey, und dergleichen bezeichneten, und meynet daher, daß die Schammaͤa- ner gelehret, es faͤnde die Eheſcheidung bey einer jeden ſchaͤndlichen That ſtatt. Allein er hat dieſes letztere ohne hinlaͤnglichen Grund vorgegeben. Und wir koͤnnen nicht umhin, uns hierbey uͤber eine Gewohnheit gewiſſer Gelehrten zu beſchweren. Wenn ſelbige eine Meynung haben, welche ſie, weil ſie ihnen vortheilhaft, vor andern lie- ben, ſo berufen ſie ſich auf Maͤnner von groſſen Namen, und ſetzen, dieſer hat das und das bewieſen, wenn gleich kein Beweis da iſt, ſondern dieſer und jener groſſer Mann etwas nur als eine Muthmaſſung vorgegeben. Es werden damit die groͤßten Betruͤgereyen gemacht. Die ſehr gelehr- ten Schriften des in der That groſſen Seldens, ſind dieſem Misbrauche auch ungemein unterworfen. Wie oft lieſet
man?
*)Tractat. de Uxore Hebraic, Lib. III. Cap. XXIII.
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Ehegatte den andern des Ehebruchs uͤber-
fuͤhren koͤnnte. Der beruͤhmte Selden be-
weiſet zwar weitlaͤuftig *), daß die Woͤr-
ter, deren ſich etwa der Heiland bey dieſer
Gelegenheit in der Juͤdiſchen Sprache be-
dienen koͤnnen, ebenfalls zweydeutig und
bald Hurerey und Ehebruch, bald aber
alles, was recht ſchaͤndlich, alle Abgoͤtterey,
Voͤllerey, und dergleichen bezeichneten,
und meynet daher, daß die Schammaͤa-
ner gelehret, es faͤnde die Eheſcheidung bey
einer jeden ſchaͤndlichen That ſtatt. Allein
er hat dieſes letztere ohne hinlaͤnglichen
Grund vorgegeben. Und wir koͤnnen nicht
umhin, uns hierbey uͤber eine Gewohnheit
gewiſſer Gelehrten zu beſchweren. Wenn
ſelbige eine Meynung haben, welche ſie,
weil ſie ihnen vortheilhaft, vor andern lie-
ben, ſo berufen ſie ſich auf Maͤnner von
groſſen Namen, und ſetzen, dieſer hat das
und das bewieſen, wenn gleich kein Beweis
da iſt, ſondern dieſer und jener groſſer
Mann etwas nur als eine Muthmaſſung
vorgegeben. Es werden damit die groͤßten
Betruͤgereyen gemacht. Die ſehr gelehr-
ten Schriften des in der That groſſen
Seldens, ſind dieſem Misbrauche auch
ungemein unterworfen. Wie oft lieſet
man?
*) Tractat. de Uxore Hebraic, Lib. III. Cap.
XXIII.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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