man? daß Selden bewiesen, die Scham- mäaner hätten gelehret, die Ehescheidung könnte wegen einer jeden schändlichen That vorgenommen werden, und selbigen stim- mete Christus bey. Selden aber hat die- ses nicht bewiesen, sondern nur vorgegeben, und das Gegentheil hat vielmehr der Herr Schöttgen*) dargethan. Dieser bewei- set mit einem beglaubten Zeugniß, daß die Schammäaner behauptet. Niemand solle seine Frau von sich stossen, es sey denn, daß sie des Ehebruchs schuldig. Wenn er aber andere schändliche Dinge an ihr wahr- nähme, könnte er sie nicht verstossen, weil sie in keinem Ehebruch betroffen worden. Wir glauben daher, daß auch der Hei- land nur die Unzucht mit einem Fremden hier als eine rechtmässige Ursache einer Ehe- scheidung angeben wollen. Wir werden hierinn unter andern dadurch bestärket. Selden muß selber eingestehen, daß, wenn die Juden das hier befindliche griechische Wort, oder dessen gleichgeltende Hebräi- sche und Syrische Worte in weitläuftigem Verstande nehmen, und dadurch alles, was recht schändlich, anzeigen, die Abgöt- terey vor allen andern damit bezeichnet werde. Nun aber will ja Paulus nicht
haben,
*)Hor. Hebraic. et Talmud. ad Matth. Cap. XIX. v. 3.
man? daß Selden bewieſen, die Scham- maͤaner haͤtten gelehret, die Eheſcheidung koͤnnte wegen einer jeden ſchaͤndlichen That vorgenommen werden, und ſelbigen ſtim- mete Chriſtus bey. Selden aber hat die- ſes nicht bewieſen, ſondern nur vorgegeben, und das Gegentheil hat vielmehr der Herr Schoͤttgen*) dargethan. Dieſer bewei- ſet mit einem beglaubten Zeugniß, daß die Schammaͤaner behauptet. Niemand ſolle ſeine Frau von ſich ſtoſſen, es ſey denn, daß ſie des Ehebruchs ſchuldig. Wenn er aber andere ſchaͤndliche Dinge an ihr wahr- naͤhme, koͤnnte er ſie nicht verſtoſſen, weil ſie in keinem Ehebruch betroffen worden. Wir glauben daher, daß auch der Hei- land nur die Unzucht mit einem Fremden hier als eine rechtmaͤſſige Urſache einer Ehe- ſcheidung angeben wollen. Wir werden hierinn unter andern dadurch beſtaͤrket. Selden muß ſelber eingeſtehen, daß, wenn die Juden das hier befindliche griechiſche Wort, oder deſſen gleichgeltende Hebraͤi- ſche und Syriſche Worte in weitlaͤuftigem Verſtande nehmen, und dadurch alles, was recht ſchaͤndlich, anzeigen, die Abgoͤt- terey vor allen andern damit bezeichnet werde. Nun aber will ja Paulus nicht
haben,
*)Hor. Hebraic. et Talmud. ad Matth. Cap. XIX. v. 3.
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man? daß Selden bewieſen, die Scham-
maͤaner haͤtten gelehret, die Eheſcheidung
koͤnnte wegen einer jeden ſchaͤndlichen That
vorgenommen werden, und ſelbigen ſtim-
mete Chriſtus bey. Selden aber hat die-
ſes nicht bewieſen, ſondern nur vorgegeben,
und das Gegentheil hat vielmehr der Herr
Schoͤttgen *) dargethan. Dieſer bewei-
ſet mit einem beglaubten Zeugniß, daß die
Schammaͤaner behauptet. Niemand ſolle
ſeine Frau von ſich ſtoſſen, es ſey denn,
daß ſie des Ehebruchs ſchuldig. Wenn er
aber andere ſchaͤndliche Dinge an ihr wahr-
naͤhme, koͤnnte er ſie nicht verſtoſſen, weil
ſie in keinem Ehebruch betroffen worden.
Wir glauben daher, daß auch der Hei-
land nur die Unzucht mit einem Fremden
hier als eine rechtmaͤſſige Urſache einer Ehe-
ſcheidung angeben wollen. Wir werden
hierinn unter andern dadurch beſtaͤrket.
Selden muß ſelber eingeſtehen, daß, wenn
die Juden das hier befindliche griechiſche
Wort, oder deſſen gleichgeltende Hebraͤi-
ſche und Syriſche Worte in weitlaͤuftigem
Verſtande nehmen, und dadurch alles,
was recht ſchaͤndlich, anzeigen, die Abgoͤt-
terey vor allen andern damit bezeichnet
werde. Nun aber will ja Paulus nicht
haben,
*) Hor. Hebraic. et Talmud. ad Matth. Cap.
XIX. v. 3.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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