solches in einer Familie geben, und wie viele der heiligsten Pflichten hierbey in die größte Gefahr kommen würden. Jch glaube daher, daß die Verhütung auch dieser Unordnung eine Absicht obiger Ge- setze sey. Um noch durch ein Exempel zu zeigen, wie schlecht und nachtheilig es seyn würde, wenn Eltern, um solche Heirathen eingehen zu können, auf die Ehrerbietung und Unterthänigkeit, so ihnen die Kinder schuldig sind, Verzicht thun wollten, so gedenke man sich einen Gerichtshalter auf einem grossen Dorfe, der auf die ihm schul- dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewis- ser Absicht Verzicht thun, und alle Sonntage mit den Bauern in die Schenke gehen, mit ihnen trinken und in Karten spielen wollte. Würden wir dieses als eine gleichgültige Sache ansehen? Oder würde man es für eine gleichgültige Sache halten, wenn ein Amtmann ein hübsches, derbes Bauer- mädgen, aus dem ihm anvertrauten Am- te heirathete? Würden höhere Obern ihn an einem solchen Orte als einen Amtmann lassen?
§. 17.
Bey dem folgenden Gesetze, in wel-Warum niemand seine Stief- mutter hei- rathen soll? chem verbothen wird, nach unserer Art zu reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen, wird die Ursache des Gesetzes ganz anders ausgedruckt, und ich glaube daher auch
nicht,
Jac. Betr. 4. Band. A a
ſolches in einer Familie geben, und wie viele der heiligſten Pflichten hierbey in die groͤßte Gefahr kommen wuͤrden. Jch glaube daher, daß die Verhuͤtung auch dieſer Unordnung eine Abſicht obiger Ge- ſetze ſey. Um noch durch ein Exempel zu zeigen, wie ſchlecht und nachtheilig es ſeyn wuͤrde, wenn Eltern, um ſolche Heirathen eingehen zu koͤnnen, auf die Ehrerbietung und Unterthaͤnigkeit, ſo ihnen die Kinder ſchuldig ſind, Verzicht thun wollten, ſo gedenke man ſich einen Gerichtshalter auf einem groſſen Dorfe, der auf die ihm ſchul- dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewiſ- ſer Abſicht Verzicht thun, und alle Sonntage mit den Bauern in die Schenke gehen, mit ihnen trinken und in Karten ſpielen wollte. Wuͤrden wir dieſes als eine gleichguͤltige Sache anſehen? Oder wuͤrde man es fuͤr eine gleichguͤltige Sache halten, wenn ein Amtmann ein huͤbſches, derbes Bauer- maͤdgen, aus dem ihm anvertrauten Am- te heirathete? Wuͤrden hoͤhere Obern ihn an einem ſolchen Orte als einen Amtmann laſſen?
§. 17.
Bey dem folgenden Geſetze, in wel-Warum niemand ſeine Stief- mutter hei- rathen ſoll? chem verbothen wird, nach unſerer Art zu reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen, wird die Urſache des Geſetzes ganz anders ausgedruckt, und ich glaube daher auch
nicht,
Jac. Betr. 4. Band. A a
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ſolches in einer Familie geben, und wie
viele der heiligſten Pflichten hierbey in die
groͤßte Gefahr kommen wuͤrden. Jch
glaube daher, daß die Verhuͤtung auch
dieſer Unordnung eine Abſicht obiger Ge-
ſetze ſey. Um noch durch ein Exempel zu
zeigen, wie ſchlecht und nachtheilig es ſeyn
wuͤrde, wenn Eltern, um ſolche Heirathen
eingehen zu koͤnnen, auf die Ehrerbietung
und Unterthaͤnigkeit, ſo ihnen die Kinder
ſchuldig ſind, Verzicht thun wollten, ſo
gedenke man ſich einen Gerichtshalter auf
einem groſſen Dorfe, der auf die ihm ſchul-
dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewiſ-
ſer Abſicht Verzicht thun, und alle Sonntage
mit den Bauern in die Schenke gehen, mit
ihnen trinken und in Karten ſpielen wollte.
Wuͤrden wir dieſes als eine gleichguͤltige
Sache anſehen? Oder wuͤrde man es fuͤr
eine gleichguͤltige Sache halten, wenn ein
Amtmann ein huͤbſches, derbes Bauer-
maͤdgen, aus dem ihm anvertrauten Am-
te heirathete? Wuͤrden hoͤhere Obern ihn
an einem ſolchen Orte als einen Amtmann
laſſen?
§. 17.
Bey dem folgenden Geſetze, in wel-
chem verbothen wird, nach unſerer Art zu
reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen,
wird die Urſache des Geſetzes ganz anders
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Warum
niemand
ſeine Stief-
mutter hei-
rathen ſoll?
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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