Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

besondere Rechte und Privilegien geschlossener
Stände
zu vertheidigen; die daselbst zwischen Fürsten
und Ständen gepflogenen Verhandlungen glichen (wie
Bülau es treffend ausdrückt) "einem Congresse zweier
Mächte, die über ihre collidirenden Interessen einen Ver-
gleich schließen." Daß aber jene Stände für ein allge-
meineres Volksinteresse, für die heilige Unantastbarkeit des
Vaterlands und eine glorreiche Einheit desselben aufgetre-
ten, davon sind die Beispiele zu zählen. Zur Zeit wird
wohl weder Fürst noch Volk eine Entwickelung ersprieß-
lich finden, welche den jetzigen Ständen die Bedeutung
und Wirksamkeit ihrer Vorgänger ertheilte. Will man
nun einmal nicht anders als mit rückwärts gewendetem
Blicke vorschreiten, so vergesse man doch nicht, daß in
Deutschland
das Princip "allgemeiner Volksvertretung"
bei weitem älter und volksthümlicher ist, als das der
Land-Standschaft.*) -- Freiheit der Gemeinde, Verant-
wortlichkeit der von derselben erkorenen Obrigkeit und eine
auf Gleichheit der Gemeinderechte beruhende (nicht oc-


*) Historische Zeugen dessen sind Moeser, Zachariae,
Welcker, Mittermaier, Feuerbach
u. v. A. -- Tamdiu
Germania vincitur
! so klagt Tacitus über die stets erfolg-
losen Triumpfe der Römer. Tamdiu Germania vincitur!
wie den Römern wird es allen Feinden germanischer Freiheit
ergehen. --

beſondere Rechte und Privilegien geſchloſſener
Staͤnde
zu vertheidigen; die daſelbſt zwiſchen Fuͤrſten
und Staͤnden gepflogenen Verhandlungen glichen (wie
Buͤlau es treffend ausdruͤckt) „einem Congreſſe zweier
Maͤchte, die uͤber ihre collidirenden Intereſſen einen Ver-
gleich ſchließen.“ Daß aber jene Staͤnde fuͤr ein allge-
meineres Volksintereſſe, fuͤr die heilige Unantaſtbarkeit des
Vaterlands und eine glorreiche Einheit deſſelben aufgetre-
ten, davon ſind die Beiſpiele zu zaͤhlen. Zur Zeit wird
wohl weder Fuͤrſt noch Volk eine Entwickelung erſprieß-
lich finden, welche den jetzigen Staͤnden die Bedeutung
und Wirkſamkeit ihrer Vorgaͤnger ertheilte. Will man
nun einmal nicht anders als mit ruͤckwaͤrts gewendetem
Blicke vorſchreiten, ſo vergeſſe man doch nicht, daß in
Deutſchland
das Princip „allgemeiner Volksvertretung
bei weitem aͤlter und volksthuͤmlicher iſt, als das der
Land-Standſchaft.*) — Freiheit der Gemeinde, Verant-
wortlichkeit der von derſelben erkorenen Obrigkeit und eine
auf Gleichheit der Gemeinderechte beruhende (nicht oc-


*) Hiſtoriſche Zeugen deſſen ſind Moeser, Zachariae,
Welcker, Mittermaier, Feuerbach
u. v. A. — Tamdiu
Germania vincitur
! ſo klagt Tacitus uͤber die ſtets erfolg-
loſen Triumpfe der Roͤmer. Tamdiu Germania vincitur!
wie den Roͤmern wird es allen Feinden germaniſcher Freiheit
ergehen. —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0047" n="41"/><hi rendition="#g">be&#x017F;ondere Rechte und Privilegien ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener<lb/>
Sta&#x0364;nde</hi> zu vertheidigen; die da&#x017F;elb&#x017F;t zwi&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
und Sta&#x0364;nden gepflogenen Verhandlungen glichen (wie<lb/>
Bu&#x0364;lau es treffend ausdru&#x0364;ckt) &#x201E;einem Congre&#x017F;&#x017F;e zweier<lb/>
Ma&#x0364;chte, die u&#x0364;ber ihre collidirenden Intere&#x017F;&#x017F;en einen Ver-<lb/>
gleich &#x017F;chließen.&#x201C; Daß aber jene Sta&#x0364;nde fu&#x0364;r ein allge-<lb/>
meineres Volksintere&#x017F;&#x017F;e, fu&#x0364;r die heilige Unanta&#x017F;tbarkeit des<lb/>
Vaterlands und eine glorreiche Einheit de&#x017F;&#x017F;elben aufgetre-<lb/>
ten, davon &#x017F;ind die Bei&#x017F;piele zu za&#x0364;hlen. Zur Zeit wird<lb/>
wohl weder Fu&#x0364;r&#x017F;t noch Volk eine Entwickelung er&#x017F;prieß-<lb/>
lich finden, welche den jetzigen Sta&#x0364;nden die Bedeutung<lb/>
und Wirk&#x017F;amkeit ihrer Vorga&#x0364;nger ertheilte. Will man<lb/>
nun einmal nicht anders als mit ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts gewendetem<lb/>
Blicke vor&#x017F;chreiten, &#x017F;o verge&#x017F;&#x017F;e man doch nicht, daß in<lb/>
Deut&#x017F;chland<lb/><hi rendition="#et">das Princip &#x201E;<hi rendition="#g">allgemeiner Volksvertretung</hi>&#x201C;</hi><lb/>
bei weitem a&#x0364;lter und volksthu&#x0364;mlicher i&#x017F;t, als das der<lb/>
Land-Stand&#x017F;chaft.<note place="foot" n="*)">Hi&#x017F;tori&#x017F;che Zeugen de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind <hi rendition="#aq">Moeser, Zachariae,<lb/>
Welcker, Mittermaier, Feuerbach</hi> u. v. A. &#x2014; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Tamdiu</hi><lb/>
Germania vincitur</hi>! &#x017F;o klagt <hi rendition="#g">Tacitus</hi> u&#x0364;ber die &#x017F;tets erfolg-<lb/>
lo&#x017F;en Triumpfe der Ro&#x0364;mer. <hi rendition="#aq">Tamdiu Germania <hi rendition="#g">vincitur</hi>!</hi><lb/>
wie den Ro&#x0364;mern wird es allen Feinden germani&#x017F;cher Freiheit<lb/>
ergehen. &#x2014;</note> &#x2014; Freiheit der Gemeinde, Verant-<lb/>
wortlichkeit der von der&#x017F;elben erkorenen Obrigkeit und eine<lb/>
auf Gleichheit der Gemeinderechte beruhende (<hi rendition="#g">nicht oc</hi>-<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0047] beſondere Rechte und Privilegien geſchloſſener Staͤnde zu vertheidigen; die daſelbſt zwiſchen Fuͤrſten und Staͤnden gepflogenen Verhandlungen glichen (wie Buͤlau es treffend ausdruͤckt) „einem Congreſſe zweier Maͤchte, die uͤber ihre collidirenden Intereſſen einen Ver- gleich ſchließen.“ Daß aber jene Staͤnde fuͤr ein allge- meineres Volksintereſſe, fuͤr die heilige Unantaſtbarkeit des Vaterlands und eine glorreiche Einheit deſſelben aufgetre- ten, davon ſind die Beiſpiele zu zaͤhlen. Zur Zeit wird wohl weder Fuͤrſt noch Volk eine Entwickelung erſprieß- lich finden, welche den jetzigen Staͤnden die Bedeutung und Wirkſamkeit ihrer Vorgaͤnger ertheilte. Will man nun einmal nicht anders als mit ruͤckwaͤrts gewendetem Blicke vorſchreiten, ſo vergeſſe man doch nicht, daß in Deutſchland das Princip „allgemeiner Volksvertretung“ bei weitem aͤlter und volksthuͤmlicher iſt, als das der Land-Standſchaft. *) — Freiheit der Gemeinde, Verant- wortlichkeit der von derſelben erkorenen Obrigkeit und eine auf Gleichheit der Gemeinderechte beruhende (nicht oc- *) Hiſtoriſche Zeugen deſſen ſind Moeser, Zachariae, Welcker, Mittermaier, Feuerbach u. v. A. — Tamdiu Germania vincitur! ſo klagt Tacitus uͤber die ſtets erfolg- loſen Triumpfe der Roͤmer. Tamdiu Germania vincitur! wie den Roͤmern wird es allen Feinden germaniſcher Freiheit ergehen. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/47
Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/47>, abgerufen am 21.11.2024.