Habsburger und Zollern, die Ein und der¬ selbe Hochgedanke hätte -- verbrüdern sollen, die keine persönliche Geschlechterfeindschaft trennte, deren Völker sich gegenseitig achteten -- halfen sich nicht einander. -- -- -- Das Nachspiel von Hohenstaufen und Welfen ward öfter blu¬ tig erneuert! Einmahl, im Jahre 1770 schien der Hoffnungsstern zu schimmern, als sich Frie¬ drich und Joseph besuchten, wie in der Abend¬ sonne der Ritterzeit. Es setzt die beiden Herr¬ scher dies Deutsche Zutrauen weit höher, als wenn sie ihren sonstigen Nebenbuhler zertre¬ ten hätten. Und Friedrich sagte dem Kaiser: "er sehe diesen Tag als den schönsten seines Le¬ "bens an; denn er würde die Epoche der Ver¬ "einigung zweier Häuser ausmachen, die zu lan¬ "ge Feinde gewesen wären, und deren gegensei¬ "tiges Jnteresse es erfordere, sich einander eher "beizustehen, als aufzureiben. Der Kaiser ant¬ "wortete, für Östreich gäbe es kein Schlesien "mehr; hierauf ließ er auf eine sehr gute Art "etwas davon fallen, daß, so lange seine Mut¬ "ter lebe, er sich nicht schmeicheln dürfe, einen "hinlänglichen Einfluß zu erlangen, jedoch ver¬
Habsburger und Zollern, die Ein und der¬ ſelbe Hochgedanke hätte — verbrüdern ſollen, die keine perſönliche Geſchlechterfeindſchaft trennte, deren Völker ſich gegenſeitig achteten — halfen ſich nicht einander. — — — Das Nachſpiel von Hohenſtaufen und Welfen ward öfter blu¬ tig erneuert! Einmahl, im Jahre 1770 ſchien der Hoffnungsſtern zu ſchimmern, als ſich Frie¬ drich und Joſeph beſuchten, wie in der Abend¬ ſonne der Ritterzeit. Es ſetzt die beiden Herr¬ ſcher dies Deutſche Zutrauen weit höher, als wenn ſie ihren ſonſtigen Nebenbuhler zertre¬ ten hätten. Und Friedrich ſagte dem Kaiſer: „er ſehe dieſen Tag als den ſchönſten ſeines Le¬ „bens an; denn er würde die Epoche der Ver¬ „einigung zweier Häuſer ausmachen, die zu lan¬ „ge Feinde geweſen wären, und deren gegenſei¬ „tiges Jntereſſe es erfordere, ſich einander eher „beizuſtehen, als aufzureiben. Der Kaiſer ant¬ „wortete, für Öſtreich gäbe es kein Schleſien „mehr; hierauf ließ er auf eine ſehr gute Art „etwas davon fallen, daß, ſo lange ſeine Mut¬ „ter lebe, er ſich nicht ſchmeicheln dürfe, einen „hinlänglichen Einfluß zu erlangen, jedoch ver¬
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Habsburger und Zollern, die Ein und der¬
ſelbe Hochgedanke hätte — verbrüdern ſollen, die
keine perſönliche Geſchlechterfeindſchaft trennte,
deren Völker ſich gegenſeitig achteten — halfen
ſich nicht einander. — — — Das Nachſpiel
von Hohenſtaufen und Welfen ward öfter blu¬
tig erneuert! Einmahl, im Jahre 1770 ſchien
der Hoffnungsſtern zu ſchimmern, als ſich Frie¬
drich und Joſeph beſuchten, wie in der Abend¬
ſonne der Ritterzeit. Es ſetzt die beiden Herr¬
ſcher dies Deutſche Zutrauen weit höher, als
wenn ſie ihren ſonſtigen Nebenbuhler zertre¬
ten hätten. Und Friedrich ſagte dem Kaiſer:
„er ſehe dieſen Tag als den ſchönſten ſeines Le¬
„bens an; denn er würde die Epoche der Ver¬
„einigung zweier Häuſer ausmachen, die zu lan¬
„ge Feinde geweſen wären, und deren gegenſei¬
„tiges Jntereſſe es erfordere, ſich einander eher
„beizuſtehen, als aufzureiben. Der Kaiſer ant¬
„wortete, für Öſtreich gäbe es kein Schleſien
„mehr; hierauf ließ er auf eine ſehr gute Art
„etwas davon fallen, daß, ſo lange ſeine Mut¬
„ter lebe, er ſich nicht ſchmeicheln dürfe, einen
„hinlänglichen Einfluß zu erlangen, jedoch ver¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/147>, abgerufen am 22.11.2024.
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