benspielen schlug ich mich immer zur unterdrück¬ ten Parthei; als Jüngling verfocht ich jede Sache, so mir die rechte schien, und die staats¬ gesetzliche Freiheit und Selbständigkeit der akademischen Bürger. -- -- -- Die Geschichte ist meine älteste Jugendgespielin, meine Freun¬ din geblieben, und meine Begleiterin durchs Le¬ ben. Jn Luthers Bibel habe ich lesen gelernt, Puffendorf war schon mein zweites Buch. Erst in der Erwachsenheit habe ich von Mährchen gehört; als mich mein Vater noch auf den Knieen schaukelte, wußte ich nur von den Gro¬ ßen des Alterthums, und den Biedermännern unsers Volks. Bei herannahender Mannsreife bin ich im Laufe mehrerer Jahre Deutschland durchwandert zur Lehr und Lust; ich kenne seine vorzüglichsten Hofstädte, Handelsplätze und Ge¬ werbörter; ich kenne den Landbauer, und unter ihm wieder den Wucherer, Schwelger, Treiber und Fröhner; ich kenne zehn hohe Schulen, und das Thun und Treiben ihrer Gelehrten und Schüler; ich habe in lauter langbestande¬ nen Staaten gewohnt, unter fünf Königen und drei Herzogen; ich habe überdieß noch ge¬ lebt unter dem letzten Deutschen Kaiser, mehre¬
benſpielen ſchlug ich mich immer zur unterdrück¬ ten Parthei; als Jüngling verfocht ich jede Sache, ſo mir die rechte ſchien, und die ſtaats¬ geſetzliche Freiheit und Selbſtändigkeit der akademiſchen Bürger. — — — Die Geſchichte iſt meine älteſte Jugendgeſpielin, meine Freun¬ din geblieben, und meine Begleiterin durchs Le¬ ben. Jn Luthers Bibel habe ich leſen gelernt, Puffendorf war ſchon mein zweites Buch. Erſt in der Erwachſenheit habe ich von Mährchen gehört; als mich mein Vater noch auf den Knieen ſchaukelte, wußte ich nur von den Gro¬ ßen des Alterthums, und den Biedermännern unſers Volks. Bei herannahender Mannsreife bin ich im Laufe mehrerer Jahre Deutſchland durchwandert zur Lehr und Luſt; ich kenne ſeine vorzüglichſten Hofſtädte, Handelsplätze und Ge¬ werbörter; ich kenne den Landbauer, und unter ihm wieder den Wucherer, Schwelger, Treiber und Fröhner; ich kenne zehn hohe Schulen, und das Thun und Treiben ihrer Gelehrten und Schüler; ich habe in lauter langbeſtande¬ nen Staaten gewohnt, unter fünf Königen und drei Herzogen; ich habe überdieß noch ge¬ lebt unter dem letzten Deutſchen Kaiſer, mehre¬
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benſpielen ſchlug ich mich immer zur unterdrück¬
ten Parthei; als Jüngling verfocht ich jede
Sache, ſo mir die rechte ſchien, und die ſtaats¬
geſetzliche Freiheit und Selbſtändigkeit der
akademiſchen Bürger. — — — Die Geſchichte
iſt meine älteſte Jugendgeſpielin, meine Freun¬
din geblieben, und meine Begleiterin durchs Le¬
ben. Jn Luthers Bibel habe ich leſen gelernt,
Puffendorf war ſchon mein zweites Buch. Erſt
in der Erwachſenheit habe ich von Mährchen
gehört; als mich mein Vater noch auf den
Knieen ſchaukelte, wußte ich nur von den Gro¬
ßen des Alterthums, und den Biedermännern
unſers Volks. Bei herannahender Mannsreife
bin ich im Laufe mehrerer Jahre Deutſchland
durchwandert zur Lehr und Luſt; ich kenne ſeine
vorzüglichſten Hofſtädte, Handelsplätze und Ge¬
werbörter; ich kenne den Landbauer, und unter
ihm wieder den Wucherer, Schwelger, Treiber
und Fröhner; ich kenne zehn hohe Schulen,
und das Thun und Treiben ihrer Gelehrten
und Schüler; ich habe in lauter langbeſtande¬
nen Staaten gewohnt, unter fünf Königen
und drei Herzogen; ich habe überdieß noch ge¬
lebt unter dem letzten Deutſchen Kaiſer, mehre¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. XVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/24>, abgerufen am 03.12.2024.
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