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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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macht ein Volk zum Volk? was ist das eigent¬
liche Völkerwesen? welches sind die Lebenswürk¬
zeuge? die Lebensgetriebe? wodurch würkt eine
Gemeinseele in den Völkern nach Jnnen und
Außen? Der Menschenfreund wird sich nach
der Lösung des großen Räthsels sehnen: Wie
erwächst aus einzelnen Menschen ein Volk; wie
aus dem Völkergewimmel endlich die Menschheit?
Bei der weltgeschichtlichen Völkerbetrachtung
sind wir längst weiter gerückt im Begriff, nur
zurückgeblieben im Ausdruck. Die bei der Deut¬
schen Lesewelt hiedurch anhängig gemachte Sa¬
che, ist immer gewesen, es fehlte bloß ein ent¬
sprechendes Kunstwort. Lange schon fand man
in jedem Volke ein unnennbares Etwas; man
gewahrte, daß selbst aus der Umwälzungen
Wuth, und Noth, jenes Ungenannte nachwür¬
kend, und nachhaltig hervortrat, neuwurzelnd
im Guten, neuwuchernd im Bösen. Ja der
Lehrspruch "naturam expellas furca, tamen,
usque recurret" galt nicht allein mehr von
Einzelwesen, er paßte auch auf ganze Völker.
Die vergleichende Zergliederung entdeckte eine
bleibende, nachartende Schädelbildung einzelner

macht ein Volk zum Volk? was iſt das eigent¬
liche Völkerweſen? welches ſind die Lebenswürk¬
zeuge? die Lebensgetriebe? wodurch würkt eine
Gemeinſeele in den Völkern nach Jnnen und
Außen? Der Menſchenfreund wird ſich nach
der Löſung des großen Räthſels ſehnen: Wie
erwächſt aus einzelnen Menſchen ein Volk; wie
aus dem Völkergewimmel endlich die Menſchheit?
Bei der weltgeſchichtlichen Völkerbetrachtung
ſind wir längſt weiter gerückt im Begriff, nur
zurückgeblieben im Ausdruck. Die bei der Deut¬
ſchen Leſewelt hiedurch anhängig gemachte Sa¬
che, iſt immer geweſen, es fehlte bloß ein ent¬
ſprechendes Kunſtwort. Lange ſchon fand man
in jedem Volke ein unnennbares Etwas; man
gewahrte, daß ſelbſt aus der Umwälzungen
Wuth, und Noth, jenes Ungenannte nachwür¬
kend, und nachhaltig hervortrat, neuwurzelnd
im Guten, neuwuchernd im Böſen. Ja der
Lehrſpruch „naturam expellas furca, tamen,
usque recurret“ galt nicht allein mehr von
Einzelweſen, er paßte auch auf ganze Völker.
Die vergleichende Zergliederung entdeckte eine
bleibende, nachartende Schädelbildung einzelner

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[5/0035] 5 macht ein Volk zum Volk? was iſt das eigent¬ liche Völkerweſen? welches ſind die Lebenswürk¬ zeuge? die Lebensgetriebe? wodurch würkt eine Gemeinſeele in den Völkern nach Jnnen und Außen? Der Menſchenfreund wird ſich nach der Löſung des großen Räthſels ſehnen: Wie erwächſt aus einzelnen Menſchen ein Volk; wie aus dem Völkergewimmel endlich die Menſchheit? Bei der weltgeſchichtlichen Völkerbetrachtung ſind wir längſt weiter gerückt im Begriff, nur zurückgeblieben im Ausdruck. Die bei der Deut¬ ſchen Leſewelt hiedurch anhängig gemachte Sa¬ che, iſt immer geweſen, es fehlte bloß ein ent¬ ſprechendes Kunſtwort. Lange ſchon fand man in jedem Volke ein unnennbares Etwas; man gewahrte, daß ſelbſt aus der Umwälzungen Wuth, und Noth, jenes Ungenannte nachwür¬ kend, und nachhaltig hervortrat, neuwurzelnd im Guten, neuwuchernd im Böſen. Ja der Lehrſpruch „naturam expellas furca, tamen, usque recurret“ galt nicht allein mehr von Einzelweſen, er paßte auch auf ganze Völker. Die vergleichende Zergliederung entdeckte eine bleibende, nachartende Schädelbildung einzelner

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/35>, abgerufen am 23.11.2024.