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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Sprachen jedes Mägdchen nach Vater und
Mutter, zuerst lallen sollte. Es ist in der Ge¬
schichte kein Volk bekannt, was mehr für das
weibliche Geschlecht gethan hat.

Meiner's Geschichte des weiblichen Geschlechts.
1ster Theil. 6ter Abschnitt.

"Andere Wilden verachten ihre Weiber,
"aber unsere Mütter standen in übertriebenem
"Ansehn; und so ward der Deutsche von jeher
"von seinem Weibe beherrschet. Der Mann,
"der von der Gottheit Rath und Klugheit ha¬
"ben wollte, mußte suchen durch Mittel sie zu
"erlangen. Nicht so das Weib, in ihr wohnte
"schon was Göttliches, und ihr näherte sich die
"Gottheit. Sie gab Rath den die Männer be¬
"folgten, sie sah Dinge voraus, an die der Mann
"nicht dachte (Tac. Germ. 8.), und es entstand
"die Ehrfurcht für ein Geschlecht, das andere
"Barbaren ehmals und jetzt zur steten Arbeit
"und Sklaverei verdammten." (Anton's Ge¬
schichte der Deutschen Nation. I. S. 108.) Jn
der Deutschen Urzeit wurde das Weib nicht zur
Wollustfrohne entmenscht, nicht zum Sinnen¬
spiele eingebildeter Übermenschen entweiblicht.

E e

Sprachen jedes Mägdchen nach Vater und
Mutter, zuerſt lallen ſollte. Es iſt in der Ge¬
ſchichte kein Volk bekannt, was mehr für das
weibliche Geſchlecht gethan hat.

Meiner's Geſchichte des weiblichen Geſchlechts.
1ſter Theil. 6ter Abſchnitt.

„Andere Wilden verachten ihre Weiber,
„aber unſere Mütter ſtanden in übertriebenem
„Anſehn; und ſo ward der Deutſche von jeher
„von ſeinem Weibe beherrſchet. Der Mann,
„der von der Gottheit Rath und Klugheit ha¬
„ben wollte, mußte ſuchen durch Mittel ſie zu
„erlangen. Nicht ſo das Weib, in ihr wohnte
„ſchon was Göttliches, und ihr näherte ſich die
„Gottheit. Sie gab Rath den die Männer be¬
„folgten, ſie ſah Dinge voraus, an die der Mann
„nicht dachte (Tac. Germ. 8.), und es entſtand
„die Ehrfurcht für ein Geſchlecht, das andere
„Barbaren ehmals und jetzt zur ſteten Arbeit
„und Sklaverei verdammten.“ (Anton's Ge¬
ſchichte der Deutſchen Nation. I. S. 108.) Jn
der Deutſchen Urzeit wurde das Weib nicht zur
Wolluſtfrohne entmenſcht, nicht zum Sinnen¬
ſpiele eingebildeter Übermenſchen entweiblicht.

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[433/0463] 433 Sprachen jedes Mägdchen nach Vater und Mutter, zuerſt lallen ſollte. Es iſt in der Ge¬ ſchichte kein Volk bekannt, was mehr für das weibliche Geſchlecht gethan hat. Meiner's Geſchichte des weiblichen Geſchlechts. 1ſter Theil. 6ter Abſchnitt. „Andere Wilden verachten ihre Weiber, „aber unſere Mütter ſtanden in übertriebenem „Anſehn; und ſo ward der Deutſche von jeher „von ſeinem Weibe beherrſchet. Der Mann, „der von der Gottheit Rath und Klugheit ha¬ „ben wollte, mußte ſuchen durch Mittel ſie zu „erlangen. Nicht ſo das Weib, in ihr wohnte „ſchon was Göttliches, und ihr näherte ſich die „Gottheit. Sie gab Rath den die Männer be¬ „folgten, ſie ſah Dinge voraus, an die der Mann „nicht dachte (Tac. Germ. 8.), und es entſtand „die Ehrfurcht für ein Geſchlecht, das andere „Barbaren ehmals und jetzt zur ſteten Arbeit „und Sklaverei verdammten.“ (Anton's Ge¬ ſchichte der Deutſchen Nation. I. S. 108.) Jn der Deutſchen Urzeit wurde das Weib nicht zur Wolluſtfrohne entmenſcht, nicht zum Sinnen¬ ſpiele eingebildeter Übermenſchen entweiblicht. E e

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/463>, abgerufen am 27.11.2024.