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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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ihre Küchen und Keller auszuschmecken. Wie
viele Fugger mag es gegeben haben, nur
Grabschriften verewigen nicht Aller Gaumkitzel
und Reisedurst.

Wandern, Zusammenwandern, erweckt
schlummernde Tugenden, Mitgefühl, Theilnah¬
me, Gemeingeist und Menschenliebe. Steigende
Vollkommnung, Trieb nach Verbesserung, ge¬
hen daraus hervor, und die edle Betriebsamkeit
das auswärts gesehene Gute in die Heimath zu
verpflanzen. Wer nicht mit Gold bereichert zu¬
rückkehrt, bemüht sich doch mit brauchbaren Er¬
fahrungen, mit anwendbaren Handlungsweisen
wieder zu erscheinen. Alle große Gesetzgeber,
die ihre Anordnungen selbst verfaßten, hatten sie
aus dem Thun und Treiben der Menschen her¬
ausgelesen; und was sie am Lebenswege der
Menschenwelt pflückten, würkt heute noch fort, und
wird alle spätere bloße Stubenwerke überleben.


2. Deutschheit.

Uralt ist des Deutschen Reisetrieb; wahr¬
scheinlich hat ihn der aus dem Morgenlande

ihre Küchen und Keller auszuſchmecken. Wie
viele Fugger mag es gegeben haben, nur
Grabſchriften verewigen nicht Aller Gaumkitzel
und Reiſedurſt.

Wandern, Zuſammenwandern, erweckt
ſchlummernde Tugenden, Mitgefühl, Theilnah¬
me, Gemeingeiſt und Menſchenliebe. Steigende
Vollkommnung, Trieb nach Verbeſſerung, ge¬
hen daraus hervor, und die edle Betriebſamkeit
das auswärts geſehene Gute in die Heimath zu
verpflanzen. Wer nicht mit Gold bereichert zu¬
rückkehrt, bemüht ſich doch mit brauchbaren Er¬
fahrungen, mit anwendbaren Handlungsweiſen
wieder zu erſcheinen. Alle große Geſetzgeber,
die ihre Anordnungen ſelbſt verfaßten, hatten ſie
aus dem Thun und Treiben der Menſchen her¬
ausgeleſen; und was ſie am Lebenswege der
Menſchenwelt pflückten, würkt heute noch fort, und
wird alle ſpätere bloße Stubenwerke überleben.


2. Deutſchheit.

Uralt iſt des Deutſchen Reiſetrieb; wahr¬
ſcheinlich hat ihn der aus dem Morgenlande

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[443/0473] 443 ihre Küchen und Keller auszuſchmecken. Wie viele Fugger mag es gegeben haben, nur Grabſchriften verewigen nicht Aller Gaumkitzel und Reiſedurſt. Wandern, Zuſammenwandern, erweckt ſchlummernde Tugenden, Mitgefühl, Theilnah¬ me, Gemeingeiſt und Menſchenliebe. Steigende Vollkommnung, Trieb nach Verbeſſerung, ge¬ hen daraus hervor, und die edle Betriebſamkeit das auswärts geſehene Gute in die Heimath zu verpflanzen. Wer nicht mit Gold bereichert zu¬ rückkehrt, bemüht ſich doch mit brauchbaren Er¬ fahrungen, mit anwendbaren Handlungsweiſen wieder zu erſcheinen. Alle große Geſetzgeber, die ihre Anordnungen ſelbſt verfaßten, hatten ſie aus dem Thun und Treiben der Menſchen her¬ ausgeleſen; und was ſie am Lebenswege der Menſchenwelt pflückten, würkt heute noch fort, und wird alle ſpätere bloße Stubenwerke überleben. 2. Deutſchheit. Uralt iſt des Deutſchen Reiſetrieb; wahr¬ ſcheinlich hat ihn der aus dem Morgenlande

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/473>, abgerufen am 27.11.2024.