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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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herausgeführt, an seinen sechs Strömen ange¬
siedelt, und ihn über die Alpen schauen lassen
auf die Herrlichkeit Roms. Die Züge der Cim¬
bern, Ariovists Reden, und Hengists Erklärung
im Beda schließen wunderbar zusammen. Die
Furcht der Römer, ihre versuchte Vorkehr gegen
das gewaltige Deutsche Volk und dessen endli¬
ches Überfluthen nach Britannien, über Alpen
und Pyrenäen bis zum Atlas ist nur hieraus
erklärlich. Noch jetzt beurkunden Sprichwörter
des Reisetriebs Deutschheit. "Er ist nicht hin¬
ter dem Ofen der Mutter weggekommen;" "Er
weiß nicht ein Mahl wo Barthel Most hohlt;"
"Er ist so dumm als der Nagel in der Wand;"
"Er hat sich keinen Wind um die Nase wehn
lassen;" und so viele andere schmähen auf das
Ungereisetsein. Ja bei unsern fernsten Stamm¬
vettern den Jsländern "hatte (nach Schlözer's
"Nordischer Geschichte Seite 557.) der dumme,
"der abgeschmackte, der hämische, der dummdrei¬
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"herausnimmt, und der Ungereisete Einen Na¬
"men: Alle hießen heimskr [Heimlinge] von
"heima daheim; und es ward ein Sprichwort:
"heimskt er heimalit barn, Kinder die bloß

herausgeführt, an ſeinen ſechs Strömen ange¬
ſiedelt, und ihn über die Alpen ſchauen laſſen
auf die Herrlichkeit Roms. Die Züge der Cim¬
bern, Arioviſts Reden, und Hengiſts Erklärung
im Beda ſchließen wunderbar zuſammen. Die
Furcht der Römer, ihre verſuchte Vorkehr gegen
das gewaltige Deutſche Volk und deſſen endli¬
ches Überfluthen nach Britannien, über Alpen
und Pyrenäen bis zum Atlas iſt nur hieraus
erklärlich. Noch jetzt beurkunden Sprichwörter
des Reiſetriebs Deutſchheit. „Er iſt nicht hin¬
ter dem Ofen der Mutter weggekommen;″ „Er
weiß nicht ein Mahl wo Barthel Moſt hohlt;″
„Er iſt ſo dumm als der Nagel in der Wand;″
„Er hat ſich keinen Wind um die Naſe wehn
laſſen;″ und ſo viele andere ſchmähen auf das
Ungereiſetſein. Ja bei unſern fernſten Stamm¬
vettern den Jsländern „hatte (nach Schlözer’s
„Nordiſcher Geſchichte Seite 557.) der dumme,
„der abgeſchmackte, der hämiſche, der dummdrei¬
„ſte Menſch, der ſich vor andern immer etwas
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[444/0474] 444 herausgeführt, an ſeinen ſechs Strömen ange¬ ſiedelt, und ihn über die Alpen ſchauen laſſen auf die Herrlichkeit Roms. Die Züge der Cim¬ bern, Arioviſts Reden, und Hengiſts Erklärung im Beda ſchließen wunderbar zuſammen. Die Furcht der Römer, ihre verſuchte Vorkehr gegen das gewaltige Deutſche Volk und deſſen endli¬ ches Überfluthen nach Britannien, über Alpen und Pyrenäen bis zum Atlas iſt nur hieraus erklärlich. Noch jetzt beurkunden Sprichwörter des Reiſetriebs Deutſchheit. „Er iſt nicht hin¬ ter dem Ofen der Mutter weggekommen;″ „Er weiß nicht ein Mahl wo Barthel Moſt hohlt;″ „Er iſt ſo dumm als der Nagel in der Wand;″ „Er hat ſich keinen Wind um die Naſe wehn laſſen;″ und ſo viele andere ſchmähen auf das Ungereiſetſein. Ja bei unſern fernſten Stamm¬ vettern den Jsländern „hatte (nach Schlözer’s „Nordiſcher Geſchichte Seite 557.) der dumme, „der abgeſchmackte, der hämiſche, der dummdrei¬ „ſte Menſch, der ſich vor andern immer etwas „herausnimmt, und der Ungereiſete Einen Na¬ „men: Alle hießen heimskr [Heimlinge] von „heima daheim; und es ward ein Sprichwort: „heimskt er heimalit barn, Kinder die bloß

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/474>, abgerufen am 15.05.2024.