seins mit andern tiefer und höher; und die Sitt¬ lichkeit mahnt ihn zur Menschheit, sie regt ihn zur Einheit des Ganzen, aus der Einzelnheit Leere. Verein mit seines Gleichen ist das erha¬ bene Bildungsmittel des Menschen, und die ganze Natur spricht dieß als Gesetz aus. An der Mutter Brust lallt es der hülflose Säug¬ ling, und der wankende Greis offenbart es bei seinem Hingang zum Ruhheim. Überall regt sich das edle Bedürfniß des Menschen zum Menschen.
Von der rohesten Erscheinung des Men¬ schengeschlechts bis zur Schöngestalt; von seiner unvollkommensten Entwickelung, durch alle Aus¬ bildungszeiten; vom ersten Beginne sinnlichen Wahrnehmens, zum erhabensten Anschaun; vom ersten Erkennen und Fassen, bis zur wohlthätig¬ sten Aufklärung waltet der Menschheit Welt¬ seele im Menschengeschlecht auf mancherlei, doch immer geselliger Weise. Vielfach wird zum Menschen der Mensch hingezogen, durch thieri¬ schen Trieb, geistige Neigung und sittliche An¬ lagen. Noth schuf die erste Gesellschaft, Be¬ dürfniß erfand die ersten Verbindungen, Ge¬
ſeins mit andern tiefer und höher; und die Sitt¬ lichkeit mahnt ihn zur Menſchheit, ſie regt ihn zur Einheit des Ganzen, aus der Einzelnheit Leere. Verein mit ſeines Gleichen iſt das erha¬ bene Bildungsmittel des Menſchen, und die ganze Natur ſpricht dieß als Geſetz aus. An der Mutter Bruſt lallt es der hülfloſe Säug¬ ling, und der wankende Greis offenbart es bei ſeinem Hingang zum Ruhheim. Überall regt ſich das edle Bedürfniß des Menſchen zum Menſchen.
Von der roheſten Erſcheinung des Men¬ ſchengeſchlechts bis zur Schöngeſtalt; von ſeiner unvollkommenſten Entwickelung, durch alle Aus¬ bildungszeiten; vom erſten Beginne ſinnlichen Wahrnehmens, zum erhabenſten Anſchaun; vom erſten Erkennen und Faſſen, bis zur wohlthätig¬ ſten Aufklärung waltet der Menſchheit Welt¬ ſeele im Menſchengeſchlecht auf mancherlei, doch immer geſelliger Weiſe. Vielfach wird zum Menſchen der Menſch hingezogen, durch thieri¬ ſchen Trieb, geiſtige Neigung und ſittliche An¬ lagen. Noth ſchuf die erſte Geſellſchaft, Be¬ dürfniß erfand die erſten Verbindungen, Ge¬
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ſeins mit andern tiefer und höher; und die Sitt¬
lichkeit mahnt ihn zur Menſchheit, ſie regt ihn
zur Einheit des Ganzen, aus der Einzelnheit
Leere. Verein mit ſeines Gleichen iſt das erha¬
bene Bildungsmittel des Menſchen, und die
ganze Natur ſpricht dieß als Geſetz aus. An
der Mutter Bruſt lallt es der hülfloſe Säug¬
ling, und der wankende Greis offenbart es bei
ſeinem Hingang zum Ruhheim. Überall regt
ſich das edle Bedürfniß des Menſchen zum
Menſchen.
Von der roheſten Erſcheinung des Men¬
ſchengeſchlechts bis zur Schöngeſtalt; von ſeiner
unvollkommenſten Entwickelung, durch alle Aus¬
bildungszeiten; vom erſten Beginne ſinnlichen
Wahrnehmens, zum erhabenſten Anſchaun; vom
erſten Erkennen und Faſſen, bis zur wohlthätig¬
ſten Aufklärung waltet der Menſchheit Welt¬
ſeele im Menſchengeſchlecht auf mancherlei, doch
immer geſelliger Weiſe. Vielfach wird zum
Menſchen der Menſch hingezogen, durch thieri¬
ſchen Trieb, geiſtige Neigung und ſittliche An¬
lagen. Noth ſchuf die erſte Geſellſchaft, Be¬
dürfniß erfand die erſten Verbindungen, Ge¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/482>, abgerufen am 28.11.2024.
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