Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.liefert -- das ein Buch schreibt und vorn dran eine Art Zueignungs- Hier mus nun mit Gewalt der usus epanorthoticus anlanden, der Ihr Freund30 Richter. [279]268. An Kandidat Mehringer in Hof. [Kopie][Hof, 21. Juni 1789]Ihre Bitte ist mehr werth als das Geschenk -- das Buch heim- liefert — das ein Buch ſchreibt und vorn dran eine Art Zueignungs- Hier mus nun mit Gewalt der usus epanorthoticus anlanden, der Ihr Freund30 Richter. [279]268. An Kandidat Mehringer in Hof. [Kopie][Hof, 21. Juni 1789]Ihre Bitte iſt mehr werth als das Geſchenk — das Buch heim- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0289" n="264"/> liefert — das ein Buch ſchreibt und vorn dran eine Art Zueignungs-<lb/> ſchrift auf rothem Grunde — das freilich noch früher Freunde hat,<lb/> die es ihrer Liebe für daſſelbe auf keine beſſere Weiſe zu verſichern wiſſen<lb/> als durch bloſſe Thaten — das aber ſie der ſeinigen auf eine viel beſſere<lb/> Weiſe verſichert, durch Worte, die eben eine Dedikazion formiren —<lb n="5"/> das bei ſolchen Dedikazions-Obiekten täglich <hi rendition="#g">Siz</hi> aber nicht <hi rendition="#g">Stimme</hi><lb/> hat, weil es ſich die leztere meiſtens durch fleiſſige anatomiſche Sekzionen<lb/> der Sauerbraten benimt — das dort aber auch noch andere Dinge<lb/> iſſet, welche auf dem Altar weitläuftig abzuleſen zu ſpashaft ſei — und<lb/> das gleichwol am Ende ſein eignes erlebe und verſterbe .....<lb n="10"/> </p> <p>Hier mus nun mit Gewalt der <hi rendition="#aq">usus epanorthoticus</hi> anlanden, der<lb/> meinen Kadaver mit Namen anſchreiet. Ich nöthige den Pfarrer und<lb/> den <hi rendition="#aq">usus</hi> ſo zu ſagen: „Und ein ſolcher iſt unſer eingeſargte ſel. Mit-<lb/> „bruder vor dem Altar, der ſtets dedizirte. Hier mus ich ſein Lebens-<lb/> „<hi rendition="#aq">curriculum</hi> liefern, das er dem Konſiſtorio nicht lateiniſch ſchikte<lb n="15"/> „aber auch nicht deutſch: und ieder gegenwärtige ſchwärzliche Chriſt<lb/> „ſpringe nachher in deſſen <hi rendition="#g">breite</hi> Fusſtapfen hinein. Seze dich halb in<lb/> „deinem Sarge in die Höhe, ſeeliger Dedikator, und ſage hier ſämt-<lb/> „lichem anſehnlichen Leichenkondukt ſelbſt, daß du einmal an einem<lb/> „Sontage mit der linken Hand dein rechtes Ohr, das noch hört, vor<lb n="20"/> „dem Kriegs- und Feldgeſchrei zweier nachbarlicher Eheleute zu-<lb/> „ſpündeteſt, um mit der rechten eine lange Dedikazion an die H. Otto<lb/> „hinzuſchreiben .. Seze dich halb in die Höhe ......“ Und wenn ich<lb/> blos im hypochondriſchen Scheintode, wo man mit ſeinem rechten<lb/> Ohre noch hört, auf der Baare liege: ſo werd’ ich mich wirklich halb<lb n="25"/> in die Höhe ſezen und im orientaliſchen Leichentracht zum erſtenmal<lb/> vor einer ganzen Kirche, Sie zum zweiten und die andern zum erſten-<lb/> male verſichern, daß ich mit gefühlter Hochachtung und Liebe immer<lb/> bleibe</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr Freund<lb n="30"/> Richter.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head><note place="left"><ref target="1922_Bd#_279">[279]</ref></note>268. An <hi rendition="#g">Kandidat Mehringer in Hof.</hi></head><lb/> <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note> <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 21. Juni 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/> <p>Ihre Bitte iſt mehr werth als das Geſchenk — das Buch heim-<lb/> zulaſſen, damit ich den Phalanx von Drukfehlern ausrotte, der es<lb n="35"/> ſchändet.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [264/0289]
liefert — das ein Buch ſchreibt und vorn dran eine Art Zueignungs-
ſchrift auf rothem Grunde — das freilich noch früher Freunde hat,
die es ihrer Liebe für daſſelbe auf keine beſſere Weiſe zu verſichern wiſſen
als durch bloſſe Thaten — das aber ſie der ſeinigen auf eine viel beſſere
Weiſe verſichert, durch Worte, die eben eine Dedikazion formiren — 5
das bei ſolchen Dedikazions-Obiekten täglich Siz aber nicht Stimme
hat, weil es ſich die leztere meiſtens durch fleiſſige anatomiſche Sekzionen
der Sauerbraten benimt — das dort aber auch noch andere Dinge
iſſet, welche auf dem Altar weitläuftig abzuleſen zu ſpashaft ſei — und
das gleichwol am Ende ſein eignes erlebe und verſterbe ..... 10
Hier mus nun mit Gewalt der usus epanorthoticus anlanden, der
meinen Kadaver mit Namen anſchreiet. Ich nöthige den Pfarrer und
den usus ſo zu ſagen: „Und ein ſolcher iſt unſer eingeſargte ſel. Mit-
„bruder vor dem Altar, der ſtets dedizirte. Hier mus ich ſein Lebens-
„curriculum liefern, das er dem Konſiſtorio nicht lateiniſch ſchikte 15
„aber auch nicht deutſch: und ieder gegenwärtige ſchwärzliche Chriſt
„ſpringe nachher in deſſen breite Fusſtapfen hinein. Seze dich halb in
„deinem Sarge in die Höhe, ſeeliger Dedikator, und ſage hier ſämt-
„lichem anſehnlichen Leichenkondukt ſelbſt, daß du einmal an einem
„Sontage mit der linken Hand dein rechtes Ohr, das noch hört, vor 20
„dem Kriegs- und Feldgeſchrei zweier nachbarlicher Eheleute zu-
„ſpündeteſt, um mit der rechten eine lange Dedikazion an die H. Otto
„hinzuſchreiben .. Seze dich halb in die Höhe ......“ Und wenn ich
blos im hypochondriſchen Scheintode, wo man mit ſeinem rechten
Ohre noch hört, auf der Baare liege: ſo werd’ ich mich wirklich halb 25
in die Höhe ſezen und im orientaliſchen Leichentracht zum erſtenmal
vor einer ganzen Kirche, Sie zum zweiten und die andern zum erſten-
male verſichern, daß ich mit gefühlter Hochachtung und Liebe immer
bleibe
Ihr Freund 30
Richter.
268. An Kandidat Mehringer in Hof.
[Hof, 21. Juni 1789]
Ihre Bitte iſt mehr werth als das Geſchenk — das Buch heim-
zulaſſen, damit ich den Phalanx von Drukfehlern ausrotte, der es 35
ſchändet.
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(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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