Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

Bild:
<< vorherige Seite
272. An Schreinert in Leipzig.
[Kopie]

und ich bin seitdem oft mit Ihnen nach Schleuss[ig] gegangen; aber
wenn ich erwachte, waren Sie und die Schokolade verschwunden und
ich hatte nichts im Maule als Betfedern... meine Hände, die das5
Schiksal ausleerte und band -- mein Buch, das ich und der Teufel
mit einander gemacht ... Ihr Lebensweg laufe durch lauter Rosen-
thäler und in Ihre Arme wünsche ich (ausser mich selbst) eine schöne
Gattin. Ich habe in meinen noch gar nichts als das Oberbet.

273. An Dr. (Peter Gottfried?) Joerdens in Hof.10
[Kopie]

Wenn Sie einen Laufwagen hätten und ich wolt' ihn, um laufen zu
lernen: so würden Sie mir ihn, weil Sie es schon können, mit Ver-
gnügen geben: und so werden Sie es auch mit dem "Grundris etc."
machen.15

274. An Archenholz.
[Kopie]

Ich habe noch eine viel wichtigere Bitte, daß Sie mich loben
möchten. .. ein Buch, das manchen undeutlich sein wird, die es im
Schlafe lesen wollen. Sie werden in Ihrer unentbehrlichen Reise-20
beschreibung dem Leser auch das sagen, "daß er nicht viel tauge und
nicht wie d[ie] Engl[änder] verzifferte Schrift entziffere sondern
entlasse." Diese so wahre Bemerkung Ihrer eignen Reisebeschreibung
mus mich entschuldigen, daß ich Sie etc. um eine Note bitte, in der
Sie sagen, daß das Buch gar wol den Henker werth ist. Dies nüzt ihm25
[281]soviel als eine Titelvignette und andres Geschmeide des ersten Blattes.
... uns aus unsern monarchischen Ketten und Bandagen aufzurütteln,
durch das Beispiel eines Volks, das sich frei bewegt und iene nur
Missethätern und diese nur Kranken umflicht; mög' es Ihnen nie an
Zeit und etc. fehlen, unserm Freiheitsgefühl (das wie Gewächse unter30
Steinen, unter Thronen kränkelt) durch lebende Beispiele, nicht vage
Bruder Redners Predigten Luft und Sonne zu geben.

272. An Schreinert in Leipzig.
[Kopie]

und ich bin ſeitdem oft mit Ihnen nach Schleuſſ[ig] gegangen; aber
wenn ich erwachte, waren Sie und die Schokolade verſchwunden und
ich hatte nichts im Maule als Betfedern... meine Hände, die das5
Schikſal ausleerte und band — mein Buch, das ich und der Teufel
mit einander gemacht … Ihr Lebensweg laufe durch lauter Roſen-
thäler und in Ihre Arme wünſche ich (auſſer mich ſelbſt) eine ſchöne
Gattin. Ich habe in meinen noch gar nichts als das Oberbet.

273. An Dr. (Peter Gottfried?) Joerdens in Hof.10
[Kopie]

Wenn Sie einen Laufwagen hätten und ich wolt’ ihn, um laufen zu
lernen: ſo würden Sie mir ihn, weil Sie es ſchon können, mit Ver-
gnügen geben: und ſo werden Sie es auch mit dem „Grundris ꝛc.“
machen.15

274. An Archenholz.
[Kopie]

Ich habe noch eine viel wichtigere Bitte, daß Sie mich loben
möchten. .. ein Buch, das manchen undeutlich ſein wird, die es im
Schlafe leſen wollen. Sie werden in Ihrer unentbehrlichen Reiſe-20
beſchreibung dem Leſer auch das ſagen, „daß er nicht viel tauge und
nicht wie d[ie] Engl[änder] verzifferte Schrift entziffere ſondern
entlaſſe.“ Dieſe ſo wahre Bemerkung Ihrer eignen Reiſebeſchreibung
mus mich entſchuldigen, daß ich Sie ꝛc. um eine Note bitte, in der
Sie ſagen, daß das Buch gar wol den Henker werth iſt. Dies nüzt ihm25
[281]ſoviel als eine Titelvignette und andres Geſchmeide des erſten Blattes.
... uns aus unſern monarchiſchen Ketten und Bandagen aufzurütteln,
durch das Beiſpiel eines Volks, das ſich frei bewegt und iene nur
Miſſethätern und dieſe nur Kranken umflicht; mög’ es Ihnen nie an
Zeit und ꝛc. fehlen, unſerm Freiheitsgefühl (das wie Gewächſe unter30
Steinen, unter Thronen kränkelt) durch lebende Beiſpiele, nicht vage
Bruder Redners Predigten Luft und Sonne zu geben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0291" n="266"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>272. An <hi rendition="#g">Schreinert in Leipzig.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 11. Juli 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>und ich bin &#x017F;eitdem oft mit Ihnen nach Schleu&#x017F;&#x017F;<metamark>[</metamark>ig<metamark>]</metamark> gegangen; aber<lb/>
wenn ich erwachte, waren Sie und die Schokolade ver&#x017F;chwunden und<lb/>
ich hatte nichts im Maule als Betfedern... meine Hände, die das<lb n="5"/>
Schik&#x017F;al ausleerte und band &#x2014; mein Buch, das ich und der Teufel<lb/>
mit einander gemacht &#x2026; Ihr Lebensweg laufe durch lauter Ro&#x017F;en-<lb/>
thäler und in Ihre Arme wün&#x017F;che ich (au&#x017F;&#x017F;er mich &#x017F;elb&#x017F;t) eine &#x017F;chöne<lb/>
Gattin. Ich habe in meinen noch gar nichts als das Oberbet.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>273. An <hi rendition="#aq">Dr.</hi> (Peter Gottfried?) <hi rendition="#g">Joerdens in Hof.</hi><lb n="10"/>
</head>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 14. Juli 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>Wenn Sie einen Laufwagen hätten und ich wolt&#x2019; ihn, um laufen zu<lb/>
lernen: &#x017F;o würden Sie mir ihn, weil Sie es &#x017F;chon können, mit Ver-<lb/>
gnügen geben: und &#x017F;o werden Sie es auch mit dem &#x201E;Grundris &#xA75B;c.&#x201C;<lb/>
machen.<lb n="15"/>
</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>274. An <hi rendition="#g">Archenholz.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 19. Juli 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>Ich habe noch eine viel wichtigere Bitte, daß Sie mich loben<lb/>
möchten. .. ein Buch, das manchen undeutlich &#x017F;ein wird, die es im<lb/>
Schlafe le&#x017F;en wollen. Sie werden in Ihrer unentbehrlichen Rei&#x017F;e-<lb n="20"/>
be&#x017F;chreibung dem Le&#x017F;er auch das &#x017F;agen, &#x201E;daß er nicht viel tauge und<lb/>
nicht wie d<metamark>[</metamark>ie<metamark>]</metamark> Engl<metamark>[</metamark>änder<metamark>]</metamark> verzifferte Schrift entziffere &#x017F;ondern<lb/>
entla&#x017F;&#x017F;e.&#x201C; Die&#x017F;e &#x017F;o wahre Bemerkung Ihrer eignen Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreibung<lb/>
mus mich ent&#x017F;chuldigen, daß ich Sie &#xA75B;c. um eine Note bitte, in der<lb/>
Sie &#x017F;agen, daß das Buch gar wol den Henker werth i&#x017F;t. Dies nüzt ihm<lb n="25"/>
<note place="left"><ref target="1922_Bd#_281">[281]</ref></note>&#x017F;oviel als eine Titelvignette und andres Ge&#x017F;chmeide des er&#x017F;ten Blattes.<lb/>
... uns aus un&#x017F;ern monarchi&#x017F;chen Ketten und Bandagen aufzurütteln,<lb/>
durch das Bei&#x017F;piel eines Volks, das &#x017F;ich frei bewegt und iene nur<lb/>
Mi&#x017F;&#x017F;ethätern und die&#x017F;e nur Kranken umflicht; mög&#x2019; es Ihnen nie an<lb/>
Zeit und &#xA75B;c. fehlen, un&#x017F;erm Freiheitsgefühl (das wie Gewäch&#x017F;e unter<lb n="30"/>
Steinen, unter Thronen kränkelt) durch lebende Bei&#x017F;piele, nicht vage<lb/>
Bruder Redners Predigten Luft und Sonne zu geben.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0291] 272. An Schreinert in Leipzig. [Hof, 11. Juli 1789] und ich bin ſeitdem oft mit Ihnen nach Schleuſſ[ig] gegangen; aber wenn ich erwachte, waren Sie und die Schokolade verſchwunden und ich hatte nichts im Maule als Betfedern... meine Hände, die das 5 Schikſal ausleerte und band — mein Buch, das ich und der Teufel mit einander gemacht … Ihr Lebensweg laufe durch lauter Roſen- thäler und in Ihre Arme wünſche ich (auſſer mich ſelbſt) eine ſchöne Gattin. Ich habe in meinen noch gar nichts als das Oberbet. 273. An Dr. (Peter Gottfried?) Joerdens in Hof. 10 [Hof, 14. Juli 1789] Wenn Sie einen Laufwagen hätten und ich wolt’ ihn, um laufen zu lernen: ſo würden Sie mir ihn, weil Sie es ſchon können, mit Ver- gnügen geben: und ſo werden Sie es auch mit dem „Grundris ꝛc.“ machen. 15 274. An Archenholz. [Hof, 19. Juli 1789] Ich habe noch eine viel wichtigere Bitte, daß Sie mich loben möchten. .. ein Buch, das manchen undeutlich ſein wird, die es im Schlafe leſen wollen. Sie werden in Ihrer unentbehrlichen Reiſe- 20 beſchreibung dem Leſer auch das ſagen, „daß er nicht viel tauge und nicht wie d[ie] Engl[änder] verzifferte Schrift entziffere ſondern entlaſſe.“ Dieſe ſo wahre Bemerkung Ihrer eignen Reiſebeſchreibung mus mich entſchuldigen, daß ich Sie ꝛc. um eine Note bitte, in der Sie ſagen, daß das Buch gar wol den Henker werth iſt. Dies nüzt ihm 25 ſoviel als eine Titelvignette und andres Geſchmeide des erſten Blattes. ... uns aus unſern monarchiſchen Ketten und Bandagen aufzurütteln, durch das Beiſpiel eines Volks, das ſich frei bewegt und iene nur Miſſethätern und dieſe nur Kranken umflicht; mög’ es Ihnen nie an Zeit und ꝛc. fehlen, unſerm Freiheitsgefühl (das wie Gewächſe unter 30 Steinen, unter Thronen kränkelt) durch lebende Beiſpiele, nicht vage Bruder Redners Predigten Luft und Sonne zu geben. [281]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/291
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/291>, abgerufen am 21.11.2024.