denken. .. Ein langer, ein trauriger Zwischenraum stelte sich zwischen ienes und dieses Blat ... ist der Sultan der Sultanin -- Joerdens respicit finem der Pazienten und haut mit [dem] Todtenkopf auf der schwarzen Husaren Doktormüze unter die Edelleute siegend ein -- der klebende summende Nachtschmetterling fliegt um eine neue Jungfer-5 blume -- Oerthel muste, nachdem er sich und seinen Wald diesen harten Winter hingefristet, aus Alimentenmangel seinen ihm so theuern Hofmeister abdanken und kan nie mehr daran denken, einen neuen zu bestreiten; wie wol der Vater selbst den Hofmeister ganz gut ersezen kan: denn ein Hofmeister ist nicht blos der 2te Vater sondern10 auch der Vater der 3te Hofmeister....
So sieht der Schmerz aus und mit solchen Marterwerkzeugen bohrt er sich in unser gequältes [?] Herz ein.
Den 17 Mai.
Dein Vater, dessen Brief ich einschliessen wolte, schliesset, müde15 meines Aufschubs, meinen ein. Ich wil nur einige historische Figuren konstruiren... Denn ich habe recht Recht und hoffe dich zu einem Rene- gaten zu machen. Du sagst: / 1) Empfindet denn meine Seele, um die Anschauung der Sonne zu kriegen, nur 1 Atom oder mehrere nächste und ist sie denn nur in 1 oder in mehrern Punkten berührbar? 2) Wenn20 ieder Atom in der Ätherlinie nur den Zustand des andern, nämlich die abgespiegelte Sonne empfindet: so ist diese Reihe Spiegel unnüz, von[286] denen einer (mit Auswerfung der ganzen Reihe) mir eben so gut die Sonne gezeigt hätte; so haben alle diese ungleichartigen Wesen die nämliche Vorstellung; so zeichneten sich in meiner Seele die äusseren25 Gegenstände troz den die erstere umringenden konvexen und konkaven Gläsern (Sinnen) eben so ab wie im nakten Atom ohne Sin. 3) Und wienach hat denn der nächste Atom an der Sonne eine Vorstellung von ihr, die ihm doch von keinem Mittelsatom überbracht wird? Die Sonne selbst, die nicht sich so denkt wie ich sie mir, giebt sie ihm nicht.30 Empfindet der Atom also nicht etwas anders als die Empfindung eines nahen Atoms? 4) Natürlich gesteh' ich, daß er nur den Zustand des nächsten Atoms (welches aber etwas anders ist als dessen Vorstellung) empfinde, welcher Zustand vorgestelt ganz anders aussehen mus (wegen der verschiedenen Rezeptivität der empfindenden Wesen) als35 selbstempfunden; etwas anders ist der Zustand des Tisches, [etwas] anders die Vorstellung dieses Zustands. -- Der Hausarzt lebt
denken. .. Ein langer, ein trauriger Zwiſchenraum ſtelte ſich zwiſchen ienes und dieſes Blat … iſt der Sultan der Sultanin — Joerdens respicit finem der Pazienten und haut mit [dem] Todtenkopf auf der ſchwarzen Huſaren Doktormüze unter die Edelleute ſiegend ein — der klebende ſummende Nachtſchmetterling fliegt um eine neue Jungfer-5 blume — Oerthel muſte, nachdem er ſich und ſeinen Wald dieſen harten Winter hingefriſtet, aus Alimentenmangel ſeinen ihm ſo theuern Hofmeiſter abdanken und kan nie mehr daran denken, einen neuen zu beſtreiten; wie wol der Vater ſelbſt den Hofmeiſter ganz gut erſezen kan: denn ein Hofmeiſter iſt nicht blos der 2te Vater ſondern10 auch der Vater der 3te Hofmeiſter....
So ſieht der Schmerz aus und mit ſolchen Marterwerkzeugen bohrt er ſich in unſer gequältes [?] Herz ein.
Den 17 Mai.
Dein Vater, deſſen Brief ich einſchlieſſen wolte, ſchlieſſet, müde15 meines Aufſchubs, meinen ein. Ich wil nur einige hiſtoriſche Figuren konſtruiren... Denn ich habe recht Recht und hoffe dich zu einem Rene- gaten zu machen. Du ſagſt: / 1) Empfindet denn meine Seele, um die Anſchauung der Sonne zu kriegen, nur 1 Atom oder mehrere nächſte und iſt ſie denn nur in 1 oder in mehrern Punkten berührbar? 2) Wenn20 ieder Atom in der Ätherlinie nur den Zuſtand des andern, nämlich die abgeſpiegelte Sonne empfindet: ſo iſt dieſe Reihe Spiegel unnüz, von[286] denen einer (mit Auswerfung der ganzen Reihe) mir eben ſo gut die Sonne gezeigt hätte; ſo haben alle dieſe ungleichartigen Weſen die nämliche Vorſtellung; ſo zeichneten ſich in meiner Seele die äuſſeren25 Gegenſtände troz den die erſtere umringenden konvexen und konkaven Gläſern (Sinnen) eben ſo ab wie im nakten Atom ohne Sin. 3) Und wienach hat denn der nächſte Atom an der Sonne eine Vorſtellung von ihr, die ihm doch von keinem Mittelsatom überbracht wird? Die Sonne ſelbſt, die nicht ſich ſo denkt wie ich ſie mir, giebt ſie ihm nicht.30 Empfindet der Atom alſo nicht etwas anders als die Empfindung eines nahen Atoms? 4) Natürlich geſteh’ ich, daß er nur den Zuſtand des nächſten Atoms (welches aber etwas anders iſt als deſſen Vorſtellung) empfinde, welcher Zuſtand vorgeſtelt ganz anders ausſehen mus (wegen der verſchiedenen Rezeptivität der empfindenden Weſen) als35 ſelbſtempfunden; etwas anders iſt der Zuſtand des Tiſches, [etwas] anders die Vorſtellung dieſes Zuſtands. — Der Hausarzt lebt
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ſchwarzen Huſaren Doktormüze unter die Edelleute ſiegend ein — der
klebende ſummende Nachtſchmetterling fliegt um eine neue Jungfer- 5
blume — Oerthel muſte, nachdem er ſich und ſeinen Wald dieſen
harten Winter hingefriſtet, aus Alimentenmangel ſeinen ihm ſo
theuern Hofmeiſter abdanken und kan nie mehr daran denken, einen
neuen zu beſtreiten; wie wol der Vater ſelbſt den Hofmeiſter ganz gut
erſezen kan: denn ein Hofmeiſter iſt nicht blos der 2te Vater ſondern 10
auch der Vater der 3te Hofmeiſter....
So ſieht der Schmerz aus und mit ſolchen Marterwerkzeugen
bohrt er ſich in unſer gequältes [?] Herz ein.
Den 17 Mai.
Dein Vater, deſſen Brief ich einſchlieſſen wolte, ſchlieſſet, müde 15
meines Aufſchubs, meinen ein. Ich wil nur einige hiſtoriſche Figuren
konſtruiren... Denn ich habe recht Recht und hoffe dich zu einem Rene-
gaten zu machen. Du ſagſt: / 1) Empfindet denn meine Seele, um die
Anſchauung der Sonne zu kriegen, nur 1 Atom oder mehrere nächſte und
iſt ſie denn nur in 1 oder in mehrern Punkten berührbar? 2) Wenn 20
ieder Atom in der Ätherlinie nur den Zuſtand des andern, nämlich die
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Sonne gezeigt hätte; ſo haben alle dieſe ungleichartigen Weſen die
nämliche Vorſtellung; ſo zeichneten ſich in meiner Seele die äuſſeren 25
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Gläſern (Sinnen) eben ſo ab wie im nakten Atom ohne Sin. 3) Und
wienach hat denn der nächſte Atom an der Sonne eine Vorſtellung von
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Sonne ſelbſt, die nicht ſich ſo denkt wie ich ſie mir, giebt ſie ihm nicht. 30
Empfindet der Atom alſo nicht etwas anders als die Empfindung eines
nahen Atoms? 4) Natürlich geſteh’ ich, daß er nur den Zuſtand des
nächſten Atoms (welches aber etwas anders iſt als deſſen Vorſtellung)
empfinde, welcher Zuſtand vorgeſtelt ganz anders ausſehen mus
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[etwas] anders die Vorſtellung dieſes Zuſtands. — Der Hausarzt lebt
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/296>, abgerufen am 21.11.2024.
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