Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

Bild:
<< vorherige Seite

da er mehr Zeit hat als ich: Sie müsten ihn bekehren, wenn Sie es
nicht -- selber wären.

Ach ich fange sehr heiter bei einem beklommenen Herzen einen
Brief an, der meinen unglüklichen Bruder betrift ..................
Das Schiksal zieht sein Nez um den Verlornen immer enger und wird5
ihn wahrscheinlich opfern, wie jezt einen Welttheil. -- Warlich einer
der das Leben achtete, hätte neben den Blutbädern des Jahrhunderts
das trübste.

Recht herzliche Grüsse an Schäfer und Elrod und an Ihren Bruder.

Leben Sie froh, mein Geliebter! Ich habe Herder eine frohe Stunde10
durch Ihr Bild gegeben!

J. P. F. Richter
Meine Adresse: bei H. Kienhold.
153. An Thieriot.
15

Herzlichsten Dank für Ihre Gefälligkeit und Schnelligkeit! -- Die
Bericht[igung] der Ber[ichtigung] ist schamlose selbstbewuste Im-
moralität, wozu Ihre Anklage nicht die geringste Schminke herleiht.
Antworten Sie -- und zwar im litt. Anzeiger -- kurz und straf und
unwillig: daß der unmoralische Verleger sich nicht retten konte und daß20
Sie in Rüksicht der Unmoralität nur ihn gemeint und daß man die
moralische Anklage mit der kritischen zusammenwerfe. -- In einem
Briefe an Hennings hatt' ich blos ein sanft-rügendes und wohl-[129]
wollendes Urtheil über die Reise gefält. -- Mich ekelt die Sache.

An der rint[elschen] Rezension ist nichts als guter Wille.25

Schreiben Sie mir zuweilen städtische und litterarische Neuigkeiten,
da ich mich jezt von leztern scheide und in die delphische Höle der Her-
derschen
und Böttigerschen Bibliothek vergrabe.

Dem 2ten Theil von Sternbald fehlen Szenen -- Karaktere
-- Neuheit -- Stof -- kurz Fielding und Richardson.30

Grüssen Sie Feinds und Herman. Adio!

R.
154. An Emilie von Berlepsch in Leipzig.
[Kopie]

Wie dicht verhangen ist unser Leben und unser Herz. Ich hab' ihr35

8*

da er mehr Zeit hat als ich: Sie müſten ihn bekehren, wenn Sie es
nicht — ſelber wären.

Ach ich fange ſehr heiter bei einem beklommenen Herzen einen
Brief an, der meinen unglüklichen Bruder betrift ..................
Das Schikſal zieht ſein Nez um den Verlornen immer enger und wird5
ihn wahrſcheinlich opfern, wie jezt einen Welttheil. — Warlich einer
der das Leben achtete, hätte neben den Blutbädern des Jahrhunderts
das trübſte.

Recht herzliche Grüſſe an Schäfer und Elrod und an Ihren Bruder.

Leben Sie froh, mein Geliebter! Ich habe Herder eine frohe Stunde10
durch Ihr Bild gegeben!

J. P. F. Richter
Meine Adreſſe: bei H. Kienhold.
153. An Thieriot.
15

Herzlichſten Dank für Ihre Gefälligkeit und Schnelligkeit! — Die
Bericht[igung] der Ber[ichtigung] iſt ſchamloſe ſelbſtbewuſte Im-
moralität, wozu Ihre Anklage nicht die geringſte Schminke herleiht.
Antworten Sie — und zwar im litt. Anzeiger — kurz und ſtraf und
unwillig: daß der unmoraliſche Verleger ſich nicht retten konte und daß20
Sie in Rükſicht der Unmoralität nur ihn gemeint und daß man die
moraliſche Anklage mit der kritiſchen zuſammenwerfe. — In einem
Briefe an Hennings hatt’ ich blos ein ſanft-rügendes und wohl-[129]
wollendes Urtheil über die Reiſe gefält. — Mich ekelt die Sache.

An der rint[elſchen] Rezenſion iſt nichts als guter Wille.25

Schreiben Sie mir zuweilen ſtädtiſche und litterariſche Neuigkeiten,
da ich mich jezt von leztern ſcheide und in die delphiſche Höle der Her-
derschen
und Böttigerschen Bibliothek vergrabe.

Dem 2ten Theil von Sternbald fehlen Szenen — Karaktere
— Neuheit — Stof — kurz Fielding und Richardſon.30

Grüſſen Sie Feinds und Herman. Adio!

R.
154. An Emilie von Berlepſch in Leipzig.
[Kopie]

Wie dicht verhangen iſt unſer Leben und unſer Herz. Ich hab’ ihr35

8*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="115"/>
da er mehr Zeit hat als ich: Sie mü&#x017F;ten ihn bekehren, wenn Sie es<lb/>
nicht &#x2014; &#x017F;elber wären.</p><lb/>
        <p>Ach ich fange &#x017F;ehr heiter bei einem beklommenen Herzen einen<lb/>
Brief an, der meinen unglüklichen Bruder betrift ..................<lb/>
Das Schik&#x017F;al zieht &#x017F;ein Nez um den Verlornen immer enger und wird<lb n="5"/>
ihn wahr&#x017F;cheinlich opfern, wie jezt einen Welttheil. &#x2014; Warlich einer<lb/>
der das Leben achtete, hätte neben den Blutbädern des Jahrhunderts<lb/>
das trüb&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Recht herzliche Grü&#x017F;&#x017F;e an Schäfer und Elrod und an Ihren Bruder.</p><lb/>
        <p>Leben Sie froh, mein Geliebter! Ich habe Herder eine frohe Stunde<lb n="10"/>
durch Ihr Bild gegeben!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute><lb/>
          <address>
            <addrLine>Meine Adre&#x017F;&#x017F;e: bei H. <hi rendition="#aq">Kienhold.</hi></addrLine>
          </address>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>153. An <hi rendition="#g">Thieriot.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">W[eimar]</hi> d. 13 Nov. 98.</hi> </dateline>
        <lb n="15"/>
        <p>Herzlich&#x017F;ten Dank für Ihre Gefälligkeit und Schnelligkeit! &#x2014; Die<lb/>
Bericht[igung] der Ber[ichtigung] i&#x017F;t &#x017F;chamlo&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;tbewu&#x017F;te Im-<lb/>
moralität, wozu Ihre Anklage nicht die gering&#x017F;te Schminke herleiht.<lb/>
Antworten Sie &#x2014; und zwar im litt. Anzeiger &#x2014; kurz und &#x017F;traf und<lb/>
unwillig: daß der unmorali&#x017F;che Verleger &#x017F;ich nicht retten konte und daß<lb n="20"/>
Sie in Rük&#x017F;icht der Unmoralität nur ihn gemeint und daß man die<lb/>
morali&#x017F;che Anklage mit der kriti&#x017F;chen zu&#x017F;ammenwerfe. &#x2014; In einem<lb/>
Briefe an <hi rendition="#aq">Hennings</hi> hatt&#x2019; ich blos ein <hi rendition="#g">&#x017F;anft-rügendes</hi> und wohl-<note place="right"><ref target="1922_Bd3_129">[129]</ref></note><lb/>
wollendes Urtheil über die Rei&#x017F;e gefält. &#x2014; Mich ekelt die Sache.</p><lb/>
        <p>An der rint[el&#x017F;chen] Rezen&#x017F;ion i&#x017F;t nichts als guter Wille.<lb n="25"/>
</p><lb/>
        <p>Schreiben Sie mir zuweilen &#x017F;tädti&#x017F;che und litterari&#x017F;che Neuigkeiten,<lb/>
da ich mich jezt von leztern &#x017F;cheide und in die delphi&#x017F;che Höle der <hi rendition="#aq">Her-<lb/>
derschen</hi> und <hi rendition="#aq">Böttigerschen</hi> Bibliothek vergrabe.</p><lb/>
        <p>Dem 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Theil von Sternbald fehlen Szenen &#x2014; Karaktere<lb/>
&#x2014; Neuheit &#x2014; Stof &#x2014; kurz Fielding und Richard&#x017F;on.<lb n="30"/>
</p><lb/>
        <p>Grü&#x017F;&#x017F;en Sie Feinds und Herman. <hi rendition="#aq">Adio!</hi></p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>154. An <hi rendition="#g">Emilie von Berlep&#x017F;ch in Leipzig.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial">[Kopie]</note>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, 13. Nov. 1798]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Wie dicht verhangen i&#x017F;t un&#x017F;er Leben und un&#x017F;er Herz. Ich hab&#x2019; ihr<lb n="35"/>
<fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0125] da er mehr Zeit hat als ich: Sie müſten ihn bekehren, wenn Sie es nicht — ſelber wären. Ach ich fange ſehr heiter bei einem beklommenen Herzen einen Brief an, der meinen unglüklichen Bruder betrift .................. Das Schikſal zieht ſein Nez um den Verlornen immer enger und wird 5 ihn wahrſcheinlich opfern, wie jezt einen Welttheil. — Warlich einer der das Leben achtete, hätte neben den Blutbädern des Jahrhunderts das trübſte. Recht herzliche Grüſſe an Schäfer und Elrod und an Ihren Bruder. Leben Sie froh, mein Geliebter! Ich habe Herder eine frohe Stunde 10 durch Ihr Bild gegeben! J. P. F. Richter Meine Adreſſe: bei H. Kienhold. 153. An Thieriot. W[eimar] d. 13 Nov. 98. 15 Herzlichſten Dank für Ihre Gefälligkeit und Schnelligkeit! — Die Bericht[igung] der Ber[ichtigung] iſt ſchamloſe ſelbſtbewuſte Im- moralität, wozu Ihre Anklage nicht die geringſte Schminke herleiht. Antworten Sie — und zwar im litt. Anzeiger — kurz und ſtraf und unwillig: daß der unmoraliſche Verleger ſich nicht retten konte und daß 20 Sie in Rükſicht der Unmoralität nur ihn gemeint und daß man die moraliſche Anklage mit der kritiſchen zuſammenwerfe. — In einem Briefe an Hennings hatt’ ich blos ein ſanft-rügendes und wohl- wollendes Urtheil über die Reiſe gefält. — Mich ekelt die Sache. [129] An der rint[elſchen] Rezenſion iſt nichts als guter Wille. 25 Schreiben Sie mir zuweilen ſtädtiſche und litterariſche Neuigkeiten, da ich mich jezt von leztern ſcheide und in die delphiſche Höle der Her- derschen und Böttigerschen Bibliothek vergrabe. Dem 2ten Theil von Sternbald fehlen Szenen — Karaktere — Neuheit — Stof — kurz Fielding und Richardſon. 30 Grüſſen Sie Feinds und Herman. Adio! R. 154. An Emilie von Berlepſch in Leipzig. [Weimar, 13. Nov. 1798] Wie dicht verhangen iſt unſer Leben und unſer Herz. Ich hab’ ihr 35 8*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/125
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/125>, abgerufen am 24.11.2024.