Karakter; Herder rieth mir, durch die Herzogin mir ein Kanonikat bei der Königin zu verschaffen; das schlug ich noch mehr aus. Die Fode- rung an H., ob sie gleich die gute Herzogin gethan, schien mir weder für ihn noch mich zu passen; und ich erleichtert' ihm selber das Nein. -- [315]Nun schrieb ich meine litterarischen und kameralistischen Verhältnisse5 an die altdeutsche Ernestine. Dan kam ihr Brief V. 5. und 6. Dan schrieb ich an die Mutter; und Herder v. 7., wie ich ihm gesagt -- durch mattes Fodern und Widerstehen werden alle Wesen überwältigt, wiewohl hier ein schönerer Fal war und er und die Frau unsern Bund, zumal seitdem sie ihm sogar ihr[e] von ihr bossierte Büste gesandt,10 väterlich segnet -- an die Ernestine. Aber sein Brief vid. 7 war nach meinem nicht nöthig; vid. 8. 9. 10 -- Und so hab ich mein Herz am Herzen, die Reine und Feste und nichts trit mehr zwischen die Geister. Ach ich hätt' ihr alle Martern mit 1 Briefe meines Verhältnisses ersparen können, wenn ich Erlaubnis gehabt hätte, ihn zu schicken. --15 Und diese Gute selber errieth nichts davon; und gab ihre Zukunft fast der vermutheten Armuth hin. (Schreibe diese Umstände Oerteln, der überhaupt wenig weis)
d. 6 Feb.
Heute wieder keine Briefe, Otto, Emanuel, Sophie, wo denkt ihr20 hin? So gewöhnet ihr mir sie auch ab. --
Jezt kanst du meine Ehegeheimnis sagen wem du wilt.
Schaffe mir ja wieder Bier.
Den Brief von der Berlepsch misversteh' nicht so als ob ich thun würde, was sie wünscht. Lebe recht wohl Lieber! Ich sehne mich nach25 Lauten und Nachrichten von dir.
R.
Apropos! Sage doch Oertel, er sol mir die Frage in seinem nächsten Briefe beantworten: ob es ihm recht wäre (dir wärs nicht) wenn ich ihm die ganze durch so viele Bände laufende Geschichte des Titans30 schriebe. Ich könte mich über einzelne Seitenwände dieses grossen Baues mit ihm bereden. Auch wäre dan, gesezt ich stürbe vor der Vol- endung, meine Rechtfertigung da.
394. An Herder.
[Kopie][Weimar, 6. Febr. 1800]35
Sie haben mir einen platonischen Morgen gegeben in Dichten und
Karakter; Herder rieth mir, durch die Herzogin mir ein Kanonikat bei der Königin zu verſchaffen; das ſchlug ich noch mehr aus. Die Fode- rung an H., ob ſie gleich die gute Herzogin gethan, ſchien mir weder für ihn noch mich zu paſſen; und ich erleichtert’ ihm ſelber das Nein. — [315]Nun ſchrieb ich meine litterariſchen und kameraliſtiſchen Verhältniſſe5 an die altdeutſche Ernestine. Dan kam ihr Brief V. 5. und 6. Dan ſchrieb ich an die Mutter; und Herder v. 7., wie ich ihm geſagt — durch mattes Fodern und Widerſtehen werden alle Weſen überwältigt, wiewohl hier ein ſchönerer Fal war und er und die Frau unſern Bund, zumal ſeitdem ſie ihm ſogar ihr[e] von ihr boſſierte Büſte geſandt,10 väterlich ſegnet — an die Ernestine. Aber ſein Brief vid. 7 war nach meinem nicht nöthig; vid. 8. 9. 10 — Und ſo hab ich mein Herz am Herzen, die Reine und Feſte und nichts trit mehr zwiſchen die Geiſter. Ach ich hätt’ ihr alle Martern mit 1 Briefe meines Verhältniſſes erſparen können, wenn ich Erlaubnis gehabt hätte, ihn zu ſchicken. —15 Und dieſe Gute ſelber errieth nichts davon; und gab ihre Zukunft faſt der vermutheten Armuth hin. (Schreibe dieſe Umſtände Oerteln, der überhaupt wenig weis)
d. 6 Feb.
Heute wieder keine Briefe, Otto, Emanuel, Sophie, wo denkt ihr20 hin? So gewöhnet ihr mir ſie auch ab. —
Jezt kanſt du meine Ehegeheimnis ſagen wem du wilt.
Schaffe mir ja wieder Bier.
Den Brief von der Berlepsch misverſteh’ nicht ſo als ob ich thun würde, was ſie wünſcht. Lebe recht wohl Lieber! Ich ſehne mich nach25 Lauten und Nachrichten von dir.
R.
Apropos! Sage doch Oertel, er ſol mir die Frage in ſeinem nächſten Briefe beantworten: ob es ihm recht wäre (dir wärs nicht) wenn ich ihm die ganze durch ſo viele Bände laufende Geſchichte des Titans30 ſchriebe. Ich könte mich über einzelne Seitenwände dieſes groſſen Baues mit ihm bereden. Auch wäre dan, geſezt ich ſtürbe vor der Vol- endung, meine Rechtfertigung da.
394. An Herder.
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rung an H., ob ſie gleich die gute Herzogin gethan, ſchien mir weder
für ihn noch mich zu paſſen; und ich erleichtert’ ihm ſelber das Nein. —
Nun ſchrieb ich meine litterariſchen und kameraliſtiſchen Verhältniſſe 5
an die altdeutſche Ernestine. Dan kam ihr Brief V. 5. und 6. Dan
ſchrieb ich an die Mutter; und Herder v. 7., wie ich ihm geſagt —
durch mattes Fodern und Widerſtehen werden alle Weſen überwältigt,
wiewohl hier ein ſchönerer Fal war und er und die Frau unſern Bund,
zumal ſeitdem ſie ihm ſogar ihr[e] von ihr boſſierte Büſte geſandt, 10
väterlich ſegnet — an die Ernestine. Aber ſein Brief vid. 7 war nach
meinem nicht nöthig; vid. 8. 9. 10 — Und ſo hab ich mein Herz am
Herzen, die Reine und Feſte und nichts trit mehr zwiſchen die Geiſter.
Ach ich hätt’ ihr alle Martern mit 1 Briefe meines Verhältniſſes
erſparen können, wenn ich Erlaubnis gehabt hätte, ihn zu ſchicken. — 15
Und dieſe Gute ſelber errieth nichts davon; und gab ihre Zukunft faſt
der vermutheten Armuth hin. (Schreibe dieſe Umſtände Oerteln, der
überhaupt wenig weis)
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d. 6 Feb.
Heute wieder keine Briefe, Otto, Emanuel, Sophie, wo denkt ihr 20
hin? So gewöhnet ihr mir ſie auch ab. —
Jezt kanſt du meine Ehegeheimnis ſagen wem du wilt.
Schaffe mir ja wieder Bier.
Den Brief von der Berlepsch misverſteh’ nicht ſo als ob ich thun
würde, was ſie wünſcht. Lebe recht wohl Lieber! Ich ſehne mich nach 25
Lauten und Nachrichten von dir.
R.
Apropos! Sage doch Oertel, er ſol mir die Frage in ſeinem nächſten
Briefe beantworten: ob es ihm recht wäre (dir wärs nicht) wenn ich
ihm die ganze durch ſo viele Bände laufende Geſchichte des Titans 30
ſchriebe. Ich könte mich über einzelne Seitenwände dieſes groſſen
Baues mit ihm bereden. Auch wäre dan, geſezt ich ſtürbe vor der Vol-
endung, meine Rechtfertigung da.
394. An Herder.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/306>, abgerufen am 28.07.2024.
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