Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.die Gattung oder Art hat nur Tradizion, die aber freilich nur wieder f. "Analyse des Begrifs der Freiheit" Fichte sol uns doch erst -- ohne [326]d. 23. Febr. Ich sehe in seiner ganzen Antwort keine auf deine. Das ihm vor- Ich bitte, Heinrich, sage mir nur über diesen und andere Briefe ohne Die Archimetria wurde mir und Herder geschikt. Diesem gefält sie *) Er thut eigentlich gerade das; da er die Freiheit nicht ins individuelle sondern
ins unendliche Ich verlegt. die Gattung oder Art hat nur Tradizion, die aber freilich nur wieder f. „Analyſe des Begrifs der Freiheit“ Fichte ſol uns doch erſt — ohne [326]d. 23. Febr. Ich ſehe in ſeiner ganzen Antwort keine auf deine. Das ihm vor- Ich bitte, Heinrich, ſage mir nur über dieſen und andere Briefe ohne Die Archimetria wurde mir und Herder geſchikt. Dieſem gefält ſie *) Er thut eigentlich gerade das; da er die Freiheit nicht ins individuelle ſondern
ins unendliche Ich verlegt. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0316" n="300"/> die Gattung oder Art hat nur Tradizion, die aber freilich nur wieder<lb/> ein anderes Wort iſt für <hi rendition="#g">dunklere</hi> Offenbarung.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">f.</hi> „Analyſe des Begrifs der Freiheit“ Fichte ſol uns doch erſt — ohne<lb/> Machtſpruch — beweiſen, daß das Gedachte und Denkende je eins ſei,<lb/> und daß ſich das Subjekt <hi rendition="#g">ganz</hi> denke und alſo ein Ob-Subjekt werde.<lb n="5"/> Die Freiheit macht den Begrif, aber ſie iſt doch nicht er, die Urſache<lb/> nicht die Wirkung. Belehre mich. Hier iſt wieder Verbal-Weisheit.<lb/> — Und du haſt gewis weder ihm die <hi rendition="#g">Anerkennung,</hi> noch uns<note place="foot" n="*)">Er thut eigentlich gerade das; da er die Freiheit nicht ins individuelle ſondern<lb/> ins unendliche Ich verlegt.</note> den<lb/><hi rendition="#g">Beſiz</hi> der Freiheit abgeſprochen, wie <hi rendition="#g">ich</hi> dein Syſtem kenne. — „Aus-<lb/> gehen vom <hi rendition="#g">Sein</hi>“ Belehre mich auch darüber. Ich kan nie über das<lb n="10"/> Sein hinaus; und das abſolute Handeln <hi rendition="#g">iſt</hi> ſtets für mich. Wozu mengt<lb/> Fichte die Statik der ſinlichen Subſtanz hinein? Umgekehrt lieber<lb/> — wie Plato ſagt — eben die ſinliche Erſcheinung <hi rendition="#g">iſt</hi> nicht, nur wir.<lb/><hi rendition="#g">Sein</hi> iſt für mich die Kategorie der Kategorien; ſage mir nur Ja oder<lb/> Nein, auch ohne Beweis.<lb n="15"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"><note place="left"><ref target="1922_Bd3_326">[326]</ref></note>d. 23. Febr.</hi> </dateline><lb/> <p>Ich ſehe in ſeiner ganzen Antwort keine auf deine. Das ihm vor-<lb/> geworfne wie ein Todter blos ſich ſelber freſſende und wie Chriſtus ſich<lb/> auferweckende Ich bleibt immer noch da. Die abſolute Freiheit, die<lb/> kein Etwas, keine Subſtanz, kein Accidens, keine Kraft, keine That,<lb n="20"/> und nirgends und undenkbar, (als Grund des Denkens,) iſt und nichts,<lb/> kein Prädikat hat und iſt, dieſe Ichheit wird mir immer mehr ein<lb/> anderes Wort für das algemeine unbekante <hi rendition="#aq">X</hi> der Skeptiker, eine<lb/> transſzend[ente] <hi rendition="#aq">qualitas occulta;</hi> worein man alles ſezt was für ſich<lb/> nicht ſtehen kan.<lb n="25"/> </p> <p>Ich bitte, Heinrich, ſage mir nur über dieſen und andere Briefe ohne<lb/> weitere Beweiſe, ob du dazu Ja oder Nein ſagſt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#aq">Archimetria</hi> wurde mir und <hi rendition="#aq">Herder</hi> geſchikt. Dieſem gefält ſie<lb/> ſehr; mir nicht. Als praktiſches Regulativ iſt ſein <hi rendition="#aq">tantum</hi> gut; aber<lb/> nicht als theoretiſches; denn nicht über die Nothwendigkeit ſondern<lb n="30"/> über den Wohnort des <hi rendition="#aq">Tantum</hi> wird ja eben von Jena bis Königsberg<lb/> gefochten. Er ſelber ſchreibt ohne ein <hi rendition="#aq">Tantum.</hi></p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [300/0316]
die Gattung oder Art hat nur Tradizion, die aber freilich nur wieder
ein anderes Wort iſt für dunklere Offenbarung.
f. „Analyſe des Begrifs der Freiheit“ Fichte ſol uns doch erſt — ohne
Machtſpruch — beweiſen, daß das Gedachte und Denkende je eins ſei,
und daß ſich das Subjekt ganz denke und alſo ein Ob-Subjekt werde. 5
Die Freiheit macht den Begrif, aber ſie iſt doch nicht er, die Urſache
nicht die Wirkung. Belehre mich. Hier iſt wieder Verbal-Weisheit.
— Und du haſt gewis weder ihm die Anerkennung, noch uns *) den
Beſiz der Freiheit abgeſprochen, wie ich dein Syſtem kenne. — „Aus-
gehen vom Sein“ Belehre mich auch darüber. Ich kan nie über das 10
Sein hinaus; und das abſolute Handeln iſt ſtets für mich. Wozu mengt
Fichte die Statik der ſinlichen Subſtanz hinein? Umgekehrt lieber
— wie Plato ſagt — eben die ſinliche Erſcheinung iſt nicht, nur wir.
Sein iſt für mich die Kategorie der Kategorien; ſage mir nur Ja oder
Nein, auch ohne Beweis. 15
d. 23. Febr.
Ich ſehe in ſeiner ganzen Antwort keine auf deine. Das ihm vor-
geworfne wie ein Todter blos ſich ſelber freſſende und wie Chriſtus ſich
auferweckende Ich bleibt immer noch da. Die abſolute Freiheit, die
kein Etwas, keine Subſtanz, kein Accidens, keine Kraft, keine That, 20
und nirgends und undenkbar, (als Grund des Denkens,) iſt und nichts,
kein Prädikat hat und iſt, dieſe Ichheit wird mir immer mehr ein
anderes Wort für das algemeine unbekante X der Skeptiker, eine
transſzend[ente] qualitas occulta; worein man alles ſezt was für ſich
nicht ſtehen kan. 25
Ich bitte, Heinrich, ſage mir nur über dieſen und andere Briefe ohne
weitere Beweiſe, ob du dazu Ja oder Nein ſagſt.
Die Archimetria wurde mir und Herder geſchikt. Dieſem gefält ſie
ſehr; mir nicht. Als praktiſches Regulativ iſt ſein tantum gut; aber
nicht als theoretiſches; denn nicht über die Nothwendigkeit ſondern 30
über den Wohnort des Tantum wird ja eben von Jena bis Königsberg
gefochten. Er ſelber ſchreibt ohne ein Tantum.
*) Er thut eigentlich gerade das; da er die Freiheit nicht ins individuelle ſondern
ins unendliche Ich verlegt.
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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