Autoren stat ihrer Zustände die malen, deren Malerei ihnen schon bei andern gefallen. -- Originalität, die an sich allein keinen Werth hat, weil jedes Schlechte und Gemeine das erstemal originel war. -- suchen Sie im Schreiben das, was Ihre Amalie hat, Schönheit.
*507. An Thieriot.5
Weimar d. 17 Aug. 1800.
Mein guter lieber Thieriot!
[Unfrankiert, sonst schick' ich ihr das Geld wieder unfrankiert. --]
[391]Tiek handelt unmoralisch gegen mich, den Bekanten und Nach- geahmten, aber besonders, weil er sich für den milden Tadel rächen wil,10 den ich vor Schlegel über seine Sachen ausgesprochen. -- Bisher sas ich noch gelassen da und hatte den Krokodilrachen offen für alle Mücken und alles was darin stach und sog; wenn sie mich aber zu arg stacheln, so schnapp' ich zu.
Schreiben Sie mir besonders die Rezensionen über den Clavis, dems15 schwerlich wohlgehen kan, weil entweder der eine Zensit zu wenig Spas oder der andere zu wenig Philosophie oder der dritte zu wenig von allen beiden wissen wird.
Die Lage Ihres Herzens thut meinem weh. Bei Gott! Ihnen fehlt nichts als Gott und Unsterblichkeit, nämlich der Glaube an beide. Dan20 käme in Ihr Leben, um das 64 Winde spielen, Eine Richtung und Ein Kompas. -- Warlich Sie solten suchen, beide zu glauben. Schon Liebe wäre etwas. Aber so ist Ihnen noch weniger zu helfen als dem gräzi- sierenden H[erma]n.
Gott segne Ihre Studia. -- Im Nekrolog Schlichtegrols steht25 Hippels schönes Leben. --
Leben Sie wohl, Lieber. Ich gehe über Dessau nach Berlin. Der Glaube an den Ewigen, nicht an das Ewige, heile Ihre Seele!
Richter
Den Brief an Oertel geben Sie an Beygang.30
508. An Friedrich Schlichtegroll in Gotha.
[Kopie][Weimar, Aug. 1800]
Wie könt' ich meinem Schlichtegrol das Herz, das so viele liebende Stunden angefült, in dieser Enge ausschütten. Meines liebt seines; und das sei genug.35
Autoren ſtat ihrer Zuſtände die malen, deren Malerei ihnen ſchon bei andern gefallen. — Originalität, die an ſich allein keinen Werth hat, weil jedes Schlechte und Gemeine das erſtemal originel war. — ſuchen Sie im Schreiben das, was Ihre Amalie hat, Schönheit.
*507. An Thieriot.5
Weimar d. 17 Aug. 1800.
Mein guter lieber Thieriot!
[Unfrankiert, ſonſt ſchick’ ich ihr das Geld wieder unfrankiert. —]
[391]Tiek handelt unmoraliſch gegen mich, den Bekanten und Nach- geahmten, aber beſonders, weil er ſich für den milden Tadel rächen wil,10 den ich vor Schlegel über ſeine Sachen ausgeſprochen. — Bisher ſas ich noch gelaſſen da und hatte den Krokodilrachen offen für alle Mücken und alles was darin ſtach und ſog; wenn ſie mich aber zu arg ſtacheln, ſo ſchnapp’ ich zu.
Schreiben Sie mir beſonders die Rezenſionen über den Clavis, dems15 ſchwerlich wohlgehen kan, weil entweder der eine Zenſit zu wenig Spas oder der andere zu wenig Philoſophie oder der dritte zu wenig von allen beiden wiſſen wird.
Die Lage Ihres Herzens thut meinem weh. Bei Gott! Ihnen fehlt nichts als Gott und Unſterblichkeit, nämlich der Glaube an beide. Dan20 käme in Ihr Leben, um das 64 Winde ſpielen, Eine Richtung und Ein Kompas. — Warlich Sie ſolten ſuchen, beide zu glauben. Schon Liebe wäre etwas. Aber ſo iſt Ihnen noch weniger zu helfen als dem gräzi- ſierenden H[erma]n.
Gott ſegne Ihre Studia. — Im Nekrolog Schlichtegrols ſteht25 Hippels ſchönes Leben. —
Leben Sie wohl, Lieber. Ich gehe über Deſſau nach Berlin. Der Glaube an den Ewigen, nicht an das Ewige, heile Ihre Seele!
Richter
Den Brief an Oertel geben Sie an Beygang.30
508. An Friedrich Schlichtegroll in Gotha.
[Kopie][Weimar, Aug. 1800]
Wie könt’ ich meinem Schlichtegrol das Herz, das ſo viele liebende Stunden angefült, in dieſer Enge ausſchütten. Meines liebt ſeines; und das ſei genug.35
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Autoren ſtat ihrer Zuſtände die malen, deren Malerei ihnen ſchon bei
andern gefallen. — Originalität, die an ſich allein keinen Werth hat,
weil jedes Schlechte und Gemeine das erſtemal originel war. — ſuchen
Sie im Schreiben das, was Ihre Amalie hat, Schönheit.
*507. An Thieriot. 5
Weimar d. 17 Aug. 1800.
Mein guter lieber Thieriot!
[Unfrankiert, ſonſt ſchick’ ich ihr das Geld wieder unfrankiert. —]
Tiek handelt unmoraliſch gegen mich, den Bekanten und Nach-
geahmten, aber beſonders, weil er ſich für den milden Tadel rächen wil, 10
den ich vor Schlegel über ſeine Sachen ausgeſprochen. — Bisher ſas
ich noch gelaſſen da und hatte den Krokodilrachen offen für alle
Mücken und alles was darin ſtach und ſog; wenn ſie mich aber zu
arg ſtacheln, ſo ſchnapp’ ich zu.
[391]
Schreiben Sie mir beſonders die Rezenſionen über den Clavis, dems 15
ſchwerlich wohlgehen kan, weil entweder der eine Zenſit zu wenig
Spas oder der andere zu wenig Philoſophie oder der dritte zu wenig
von allen beiden wiſſen wird.
Die Lage Ihres Herzens thut meinem weh. Bei Gott! Ihnen fehlt
nichts als Gott und Unſterblichkeit, nämlich der Glaube an beide. Dan 20
käme in Ihr Leben, um das 64 Winde ſpielen, Eine Richtung und Ein
Kompas. — Warlich Sie ſolten ſuchen, beide zu glauben. Schon Liebe
wäre etwas. Aber ſo iſt Ihnen noch weniger zu helfen als dem gräzi-
ſierenden H[erma]n.
Gott ſegne Ihre Studia. — Im Nekrolog Schlichtegrols ſteht 25
Hippels ſchönes Leben. —
Leben Sie wohl, Lieber. Ich gehe über Deſſau nach Berlin. Der
Glaube an den Ewigen, nicht an das Ewige, heile Ihre Seele!
Richter
Den Brief an Oertel geben Sie an Beygang. 30
508. An Friedrich Schlichtegroll in Gotha.
[Weimar, Aug. 1800]
Wie könt’ ich meinem Schlichtegrol das Herz, das ſo viele liebende
Stunden angefült, in dieſer Enge ausſchütten. Meines liebt ſeines;
und das ſei genug. 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/384>, abgerufen am 26.06.2024.
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