und Schweishunde an: so schweig' ich; thuts aber der Jäger, so fall' ich auch an. --
Ich war seitdem wieder in Gotha. Der Erbprinz hat die Titano- Manie und fürchtet blos die Unmöglichkeit, den Titan so fortzusezen. Von Lilar wil er mir Zeichnungen entwerfen lassen und senden. --5
Du thatest überal in deinem Briefe Recht. -- Sobald du noch ein- mal die fremden Brief-Akten, die ich dir immer wilkürlich zuschlage, frankierest: halt' ich damit zurük.
Hier fand ich endlich Glas- oder holländische Kiele aus, 25 a 24gr.
"Die Reden über die Religion für gebildete Verächter derselben"10 (von Schleiermacher in Berlin) kamen heraus in Berlin bei Unger.
Fichte hat in Berlin wenig Gefolge *); Nicolai sagte mir, er schweige im Klub. Ich wolte Nicolai thät' es -- so zeit-mörderisch erzählt niemand wie er.
Ganze Brieffeleisen müst' ich dir schicken und ich lese nicht immer am15 besten aus. Künftig -- fixier' ich mich anders nicht -- mach' ich mir ein Portativ-Museum und lebe also auch in Bayreuth einen Monat.
Wie die gute Caroline mit ihren Schmerzen in meiner Brust lebt, braucht' ich dir nicht zu sagen, wenn du meine gerührte Antwort auf ihre edle gelesen hättest, in die ich Balsam für ihre tiefen Einschnitte20 legte. Aber sie hätte doch nicht aus dem Balsam so etwas wie neuen Kit wieder ziehen sollen. Jezt lieb ich sie gerade am meisten; und fühle doch bei dem ersten Gedanken des Besizes, daß es dan wieder vorbei wäre. Aber solchen ehrlosen Verwandten wie deinen hätt ich nie ange- höret; meine wären alle rechtlich und ehrliebend gewesen.25
[398]Danke Gott daß du Emanuel hast, und er, daß du da bist. -- Was du mir von Amöne schriebst, gefält mir so daß ich beinah an sie geschrieben hätte, wenn ichs nicht noch thue.
Adieu! mein guter alter lieber Otto!
R.30
[Neues Blatt]
Längst wolt' ich Ihnen, vortrefliche Freundin, den Dank für Ihre Taschenbücher selber bringen -- und diese dazu --, wenn mich nicht
*) Die Jüdinnen sind ihm durch meine Person und den clavis abtrünnig ge- worden, schreibt Büri an H[erder].35
und Schweishunde an: ſo ſchweig’ ich; thuts aber der Jäger, ſo fall’ ich auch an. —
Ich war ſeitdem wieder in Gotha. Der Erbprinz hat die Titano- Manie und fürchtet blos die Unmöglichkeit, den Titan ſo fortzuſezen. Von Lilar wil er mir Zeichnungen entwerfen laſſen und ſenden. —5
Du thateſt überal in deinem Briefe Recht. — Sobald du noch ein- mal die fremden Brief-Akten, die ich dir immer wilkürlich zuſchlage, frankiereſt: halt’ ich damit zurük.
Hier fand ich endlich Glas- oder holländiſche Kiele aus, 25 à 24gr.
„Die Reden über die Religion für gebildete Verächter derſelben“10 (von Schleiermacher in Berlin) kamen heraus in Berlin bei Unger.
Fichte hat in Berlin wenig Gefolge *); Nicolai ſagte mir, er ſchweige im Klub. Ich wolte Nicolai thät’ es — ſo zeit-mörderiſch erzählt niemand wie er.
Ganze Brieffeleiſen müſt’ ich dir ſchicken und ich leſe nicht immer am15 beſten aus. Künftig — fixier’ ich mich anders nicht — mach’ ich mir ein Portativ-Muſeum und lebe alſo auch in Bayreuth einen Monat.
Wie die gute Caroline mit ihren Schmerzen in meiner Bruſt lebt, braucht’ ich dir nicht zu ſagen, wenn du meine gerührte Antwort auf ihre edle geleſen hätteſt, in die ich Balſam für ihre tiefen Einſchnitte20 legte. Aber ſie hätte doch nicht aus dem Balſam ſo etwas wie neuen Kit wieder ziehen ſollen. Jezt lieb ich ſie gerade am meiſten; und fühle doch bei dem erſten Gedanken des Beſizes, daß es dan wieder vorbei wäre. Aber ſolchen ehrloſen Verwandten wie deinen hätt ich nie ange- höret; meine wären alle rechtlich und ehrliebend geweſen.25
[398]Danke Gott daß du Emanuel haſt, und er, daß du da biſt. — Was du mir von Amöne ſchriebſt, gefält mir ſo daß ich beinah an ſie geſchrieben hätte, wenn ichs nicht noch thue.
Adieu! mein guter alter lieber Otto!
R.30
[Neues Blatt]
Längſt wolt’ ich Ihnen, vortrefliche Freundin, den Dank für Ihre Taſchenbücher ſelber bringen — und dieſe dazu —, wenn mich nicht
*) Die Jüdinnen ſind ihm durch meine Perſon und den clavis abtrünnig ge- worden, ſchreibt Büri an H[erder].35
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und Schweishunde an: ſo ſchweig’ ich; thuts aber der Jäger, ſo fall’
ich auch an. —
Ich war ſeitdem wieder in Gotha. Der Erbprinz hat die Titano-
Manie und fürchtet blos die Unmöglichkeit, den Titan ſo fortzuſezen.
Von Lilar wil er mir Zeichnungen entwerfen laſſen und ſenden. — 5
Du thateſt überal in deinem Briefe Recht. — Sobald du noch ein-
mal die fremden Brief-Akten, die ich dir immer wilkürlich zuſchlage,
frankiereſt: halt’ ich damit zurük.
Hier fand ich endlich Glas- oder holländiſche Kiele aus, 25 à 24gr.
„Die Reden über die Religion für gebildete Verächter derſelben“ 10
(von Schleiermacher in Berlin) kamen heraus in Berlin bei Unger.
Fichte hat in Berlin wenig Gefolge *); Nicolai ſagte mir, er
ſchweige im Klub. Ich wolte Nicolai thät’ es — ſo zeit-mörderiſch
erzählt niemand wie er.
Ganze Brieffeleiſen müſt’ ich dir ſchicken und ich leſe nicht immer am 15
beſten aus. Künftig — fixier’ ich mich anders nicht — mach’ ich mir
ein Portativ-Muſeum und lebe alſo auch in Bayreuth einen Monat.
Wie die gute Caroline mit ihren Schmerzen in meiner Bruſt lebt,
braucht’ ich dir nicht zu ſagen, wenn du meine gerührte Antwort auf
ihre edle geleſen hätteſt, in die ich Balſam für ihre tiefen Einſchnitte 20
legte. Aber ſie hätte doch nicht aus dem Balſam ſo etwas wie neuen
Kit wieder ziehen ſollen. Jezt lieb ich ſie gerade am meiſten; und fühle
doch bei dem erſten Gedanken des Beſizes, daß es dan wieder vorbei
wäre. Aber ſolchen ehrloſen Verwandten wie deinen hätt ich nie ange-
höret; meine wären alle rechtlich und ehrliebend geweſen. 25
Danke Gott daß du Emanuel haſt, und er, daß du da biſt. — Was
du mir von Amöne ſchriebſt, gefält mir ſo daß ich beinah an ſie
geſchrieben hätte, wenn ichs nicht noch thue.
[398]
Adieu! mein guter alter lieber Otto!
R. 30
Längſt wolt’ ich Ihnen, vortrefliche Freundin, den Dank für Ihre
Taſchenbücher ſelber bringen — und dieſe dazu —, wenn mich nicht
*) Die Jüdinnen ſind ihm durch meine Perſon und den clavis abtrünnig ge-
worden, ſchreibt Büri an H[erder]. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/391>, abgerufen am 16.06.2024.
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