meine Berliner-Wanderung an jeder kleinern gehindert hätte. Aber eh' ich wieder dahin die grössere für den Herbst und Winter antrete, mach' ich gewis die nähere zu Ihnen.
Das Beiliegende bitt' ich Sie die Treppe hinab --zuschicken ins Intelligenzbureau. Um die schnelle Einrückung dieser 1 1/2 Zeilen bitt'5 ich sehr.
Ich vermuthe, daß Ihr H. Gemahl den Clavis F. bekommen, den ich ihm geschikt.
[30. Aug.]
Nur noch einiges trag' ich nach; das vorige gehörte an Mdme10 Schüz in Jena. Übermorgen, an Egydy geht der Brief ab. Ich auch; aber wieder nach Gotha. Nämlich eine schöne junge 25jährige geschiedene Gräfin v. Schlaberndorf aus Berlin kam meiner Bitte nicht nur zuvor, sondern sie wil mich auch durchaus nach Eisenach mithaben, "um das Schöne nicht allein zu geniessen" (ernstlich ich ant-15 wortet' ihr, ich wäre doch neben ihr immer in diesem Fal) und sie gienge, gienge ich mit, auch nach Cassel. Ich überdenk' es hin und her; es käm' auf das alte Reise- und Weiber-Fazit heraus; aber erstlich trau' ich ihr troz ihrer moralischen Folie nicht ganz; zweitens wil ich sehen. -- "Ich mus meine noch wenigen Wochen in Weimar, sag ich20 überal, benuzen und noch recht verreisen."
Gehab dich wohl.
d. 31 Aug. [Sonntag]
Es kan noch das Annexum geschrieben werden, daß ich in Berlin, wohin ich zu Michaelis gehe, in der neuen Friedrichs Strasse wohne25 abzugeben bei H. Regierungsassessor v. Ahlefeldt. Mit der schönen Gräfin geh' ich -- wegen Geld-, Zeit- und Freiheitsaufwand -- nicht[399] nach Eisenach, sondern nur nach Gotha; sie mag daher auch nicht dahin, sondern bleibt morgen meinetwegen unter einerlei Dachstuhl mit mir. Im Oktober wil sie, wie sie heute aber nicht vorgestern sagte,30 wieder nach Berlin. Herdern gefält sie. Denke dir mich unter dem Bilde eines Hasens, den der Jäger in immer nähern Kreisen umschleicht: so hast du es. Wir sind jezt bei dem Hände Anfassen mit eingemischten leichten Drucken. Ich halte mich passiv; und dabei kan keine Parthei sehr risquieren .. -- Adieu! vergieb dem "spassigen" Freund. -- Bei35 Fr. Schlegel as ich diese Woche. Seine Kebs-Hälfte -- Md. Veit,
24*
meine Berliner-Wanderung an jeder kleinern gehindert hätte. Aber eh’ ich wieder dahin die gröſſere für den Herbſt und Winter antrete, mach’ ich gewis die nähere zu Ihnen.
Das Beiliegende bitt’ ich Sie die Treppe hinab —zuſchicken ins Intelligenzbureau. Um die ſchnelle Einrückung dieſer 1 ½ Zeilen bitt’5 ich ſehr.
Ich vermuthe, daß Ihr H. Gemahl den Clavis F. bekommen, den ich ihm geſchikt.
[30. Aug.]
Nur noch einiges trag’ ich nach; das vorige gehörte an Mdme10 Schüz in Jena. Übermorgen, an Egydy geht der Brief ab. Ich auch; aber wieder nach Gotha. Nämlich eine ſchöne junge 〈25jährige〉 geſchiedene Gräfin v. Schlaberndorf aus Berlin kam meiner Bitte nicht nur zuvor, ſondern ſie wil mich auch durchaus nach Eisenach mithaben, „um das Schöne nicht allein zu genieſſen“ (ernſtlich ich ant-15 wortet’ ihr, ich wäre doch neben ihr immer in dieſem Fal) und ſie gienge, gienge ich mit, auch nach Cassel. Ich überdenk’ es hin und her; es käm’ auf das alte Reiſe- und Weiber-Fazit heraus; aber erſtlich trau’ ich ihr troz ihrer moraliſchen Folie nicht ganz; zweitens wil ich ſehen. — „Ich mus meine noch wenigen Wochen in Weimar, ſag ich20 überal, benuzen und noch recht verreiſen.“
Gehab dich wohl.
d. 31 Aug. [Sonntag]
Es kan noch das Annexum geſchrieben werden, daß ich in Berlin, wohin ich zu Michaelis gehe, in der neuen Friedrichs Straſſe wohne25 abzugeben bei H. Regierungsaſſeſſor v. Ahlefeldt. Mit der ſchönen Gräfin geh’ ich — wegen Geld-, Zeit- und Freiheitsaufwand — nicht[399] nach Eisenach, ſondern nur nach Gotha; ſie mag daher auch nicht dahin, ſondern bleibt morgen meinetwegen unter einerlei Dachſtuhl mit mir. Im Oktober wil ſie, wie ſie heute aber nicht vorgeſtern ſagte,30 wieder nach Berlin. Herdern gefält ſie. Denke dir mich unter dem Bilde eines Haſens, den der Jäger in immer nähern Kreiſen umſchleicht: ſo haſt du es. Wir ſind jezt bei dem Hände Anfaſſen mit eingemiſchten leichten Drucken. Ich halte mich paſſiv; und dabei kan keine Parthei ſehr riſquieren .. — Adieu! vergieb dem „ſpaſſigen“ Freund. — Bei35 Fr. Schlegel as ich dieſe Woche. Seine Kebs-Hälfte — Md. Veit,
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meine Berliner-Wanderung an jeder kleinern gehindert hätte. Aber eh’
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ich gewis die nähere zu Ihnen.
Das Beiliegende bitt’ ich Sie die Treppe hinab —zuſchicken ins
Intelligenzbureau. Um die ſchnelle Einrückung dieſer 1 ½ Zeilen bitt’ 5
ich ſehr.
Ich vermuthe, daß Ihr H. Gemahl den Clavis F. bekommen, den
ich ihm geſchikt.
[30. Aug.]
Nur noch einiges trag’ ich nach; das vorige gehörte an Mdme 10
Schüz in Jena. Übermorgen, an Egydy geht der Brief ab. Ich auch;
aber wieder nach Gotha. Nämlich eine ſchöne junge 〈25jährige〉
geſchiedene Gräfin v. Schlaberndorf aus Berlin kam meiner Bitte
nicht nur zuvor, ſondern ſie wil mich auch durchaus nach Eisenach
mithaben, „um das Schöne nicht allein zu genieſſen“ (ernſtlich ich ant- 15
wortet’ ihr, ich wäre doch neben ihr immer in dieſem Fal) und ſie
gienge, gienge ich mit, auch nach Cassel. Ich überdenk’ es hin und her;
es käm’ auf das alte Reiſe- und Weiber-Fazit heraus; aber erſtlich
trau’ ich ihr troz ihrer moraliſchen Folie nicht ganz; zweitens wil ich
ſehen. — „Ich mus meine noch wenigen Wochen in Weimar, ſag ich 20
überal, benuzen und noch recht verreiſen.“
Gehab dich wohl.
d. 31 Aug. [Sonntag]
Es kan noch das Annexum geſchrieben werden, daß ich in Berlin,
wohin ich zu Michaelis gehe, in der neuen Friedrichs Straſſe wohne 25
abzugeben bei H. Regierungsaſſeſſor v. Ahlefeldt. Mit der ſchönen
Gräfin geh’ ich — wegen Geld-, Zeit- und Freiheitsaufwand — nicht
nach Eisenach, ſondern nur nach Gotha; ſie mag daher auch nicht
dahin, ſondern bleibt morgen meinetwegen unter einerlei Dachſtuhl
mit mir. Im Oktober wil ſie, wie ſie heute aber nicht vorgeſtern ſagte, 30
wieder nach Berlin. Herdern gefält ſie. Denke dir mich unter dem Bilde
eines Haſens, den der Jäger in immer nähern Kreiſen umſchleicht: ſo
haſt du es. Wir ſind jezt bei dem Hände Anfaſſen mit eingemiſchten
leichten Drucken. Ich halte mich paſſiv; und dabei kan keine Parthei
ſehr riſquieren .. — Adieu! vergieb dem „ſpaſſigen“ Freund. — Bei 35
Fr. Schlegel as ich dieſe Woche. Seine Kebs-Hälfte — Md. Veit,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/392>, abgerufen am 26.06.2024.
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