geben. Bei Kummer leuchtete uns die Magd bei hellem Tage hinab, damit man in den Opferstok -- der Leuchter ists gewöhnlich -- einlegte. Grössere Spizbuben als das L[eipziger] gemeine Volk giebt es, die Galgen ausgenommen, nirgends. Was ich dir von Göthe versprochen, ist unbedeutend, er urtheilt über den Hesperus günstig, so wie ich[40]5 einmal von Ahlefeld hörte, und dir nicht sagen wolte -- ferner, er sähe doch, daß es mir mit dem Guten Ernst wäre -- er bekäme aber Gehirn- krämpfe von dem Werfen aus einer Wissenschaft in die andere -- ich zeige mein Wissen zu sehr; er wisse auch ein wenig, liefere aber nur das Resultat; -- wenn er über das Irdische in den Himmel gehoben sei,10 komm' auf einmal wieder ein Spas. Kurz, es reuet mich diese Seite.
Ich sol dir deinen Fehler nennen: ich hab' ihn schon einigemale ge- nant, aber völlig falsch, nämlich einige Eitelkeit. Diese kan freilich in keinem Geiste sein, der so leicht anonyme Arbeiten macht und der dem Lobe durch Schweigen ausweicht. Etwas eitel darf vielleicht jeder15 Erdensohn sein, und unerlaubt ist es blos, wenn er seine Eitelkeit ent- weder zu sehr verbirgt oder zu offen zeigt. Zu deinem längsten Briefe an mich hat nur etwas mitgewirkt, wofür ich einen andern Namen haben mus als den obigen falschen. Ach lieber Otto, ich merke fast aus deinen Briefen, daß du in die Irthümer des längsten wieder zurük-20 wilst -- und das blos, weil ich an dich die längsten, aber auch chronik- ähnlichsten schreibe: und deine Irthümer machen wieder meine. -- Schriftliche Anklagen und Erklärungen sind wegen des stärkern und längeren Eindruks mislicher als mündliche, die es wenig sind. Ach wenn wir nur einen Tag wieder beisammen wären in Hof, nicht blos25 völlige Amnestie, sondern eine tiefe Lethe, die noch mehr ist, würde die kleinen Klippen, an denen wir uns weh gethan, überziehen. Ich sterbe darauf, daß mein künftiges Sein in Hof, wenn ich nicht vor Rührung umkomme, sogar das in Weimar übertrift. -- Du schreibst mir nicht blos zu wenig von Hof -- deine Schwester ist hierin besser -- sondern30 vollends von dir, deiner Gesundheit, deinen Freunden, deinem Albrecht, eueren gewonnenen Prozessen. Eigentlich müssen mich die Höfer Neuig- keiten mehr interessieren als euch die Leipziger. -- Halte mich nicht für so gar glüklich, Lieber: Lob ist kein Glük, und Zerstreuung auch nicht. Ich werde es aber finden. -- Grüsse deinen Albrecht, aber nicht deine35 schweigende Friederike!
Richter
geben. Bei Kummer leuchtete uns die Magd bei hellem Tage hinab, damit man in den Opferſtok — der Leuchter iſts gewöhnlich — einlegte. Gröſſere Spizbuben als das L[eipziger] gemeine Volk giebt es, die Galgen ausgenommen, nirgends. Was ich dir von Göthe verſprochen, iſt unbedeutend, er urtheilt über den Hesperus günſtig, ſo wie ich[40]5 einmal von Ahlefeld hörte, und dir nicht ſagen wolte — ferner, er ſähe doch, daß es mir mit dem Guten Ernſt wäre — er bekäme aber Gehirn- krämpfe von dem Werfen aus einer Wiſſenſchaft in die andere — ich zeige mein Wiſſen zu ſehr; er wiſſe auch ein wenig, liefere aber nur das Reſultat; — wenn er über das Irdiſche in den Himmel gehoben ſei,10 komm’ auf einmal wieder ein Spas. Kurz, es reuet mich dieſe Seite.
Ich ſol dir deinen Fehler nennen: ich hab’ ihn ſchon einigemale ge- nant, aber völlig falſch, nämlich einige Eitelkeit. Dieſe kan freilich in keinem Geiſte ſein, der ſo leicht anonyme Arbeiten macht und der dem Lobe durch Schweigen ausweicht. Etwas eitel darf vielleicht jeder15 Erdenſohn ſein, und unerlaubt iſt es blos, wenn er ſeine Eitelkeit ent- weder zu ſehr verbirgt oder zu offen zeigt. Zu deinem längſten Briefe an mich hat nur etwas mitgewirkt, wofür ich einen andern Namen haben mus als den obigen falſchen. Ach lieber Otto, ich merke faſt aus deinen Briefen, daß du in die Irthümer des längſten wieder zurük-20 wilſt — und das blos, weil ich an dich die längſten, aber auch chronik- ähnlichſten ſchreibe: und deine Irthümer machen wieder meine. — Schriftliche Anklagen und Erklärungen ſind wegen des ſtärkern und längeren Eindruks mislicher als mündliche, die es wenig ſind. Ach wenn wir nur einen Tag wieder beiſammen wären in Hof, nicht blos25 völlige Amneſtie, ſondern eine tiefe Lethe, die noch mehr iſt, würde die kleinen Klippen, an denen wir uns weh gethan, überziehen. Ich ſterbe darauf, daß mein künftiges Sein in Hof, wenn ich nicht vor Rührung umkomme, ſogar das in Weimar übertrift. — Du ſchreibſt mir nicht blos zu wenig von Hof — deine Schweſter iſt hierin beſſer — ſondern30 vollends von dir, deiner Geſundheit, deinen Freunden, deinem Albrecht, eueren gewonnenen Prozeſſen. Eigentlich müſſen mich die Höfer Neuig- keiten mehr intereſſieren als euch die Leipziger. — Halte mich nicht für ſo gar glüklich, Lieber: Lob iſt kein Glük, und Zerſtreuung auch nicht. Ich werde es aber finden. — Grüſſe deinen Albrecht, aber nicht deine35 ſchweigende Friederike!
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geben. Bei Kummer leuchtete uns die Magd bei hellem Tage hinab,
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Gröſſere Spizbuben als das L[eipziger] gemeine Volk giebt es, die
Galgen ausgenommen, nirgends. Was ich dir von Göthe verſprochen,
iſt unbedeutend, er urtheilt über den Hesperus günſtig, ſo wie ich 5
einmal von Ahlefeld hörte, und dir nicht ſagen wolte — ferner, er ſähe
doch, daß es mir mit dem Guten Ernſt wäre — er bekäme aber Gehirn-
krämpfe von dem Werfen aus einer Wiſſenſchaft in die andere — ich
zeige mein Wiſſen zu ſehr; er wiſſe auch ein wenig, liefere aber nur das
Reſultat; — wenn er über das Irdiſche in den Himmel gehoben ſei, 10
komm’ auf einmal wieder ein Spas. Kurz, es reuet mich dieſe Seite.
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Ich ſol dir deinen Fehler nennen: ich hab’ ihn ſchon einigemale ge-
nant, aber völlig falſch, nämlich einige Eitelkeit. Dieſe kan freilich in
keinem Geiſte ſein, der ſo leicht anonyme Arbeiten macht und der dem
Lobe durch Schweigen ausweicht. Etwas eitel darf vielleicht jeder 15
Erdenſohn ſein, und unerlaubt iſt es blos, wenn er ſeine Eitelkeit ent-
weder zu ſehr verbirgt oder zu offen zeigt. Zu deinem längſten Briefe
an mich hat nur etwas mitgewirkt, wofür ich einen andern Namen
haben mus als den obigen falſchen. Ach lieber Otto, ich merke faſt
aus deinen Briefen, daß du in die Irthümer des längſten wieder zurük- 20
wilſt — und das blos, weil ich an dich die längſten, aber auch chronik-
ähnlichſten ſchreibe: und deine Irthümer machen wieder meine. —
Schriftliche Anklagen und Erklärungen ſind wegen des ſtärkern und
längeren Eindruks mislicher als mündliche, die es wenig ſind. Ach
wenn wir nur einen Tag wieder beiſammen wären in Hof, nicht blos 25
völlige Amneſtie, ſondern eine tiefe Lethe, die noch mehr iſt, würde die
kleinen Klippen, an denen wir uns weh gethan, überziehen. Ich ſterbe
darauf, daß mein künftiges Sein in Hof, wenn ich nicht vor Rührung
umkomme, ſogar das in Weimar übertrift. — Du ſchreibſt mir nicht
blos zu wenig von Hof — deine Schweſter iſt hierin beſſer — ſondern 30
vollends von dir, deiner Geſundheit, deinen Freunden, deinem Albrecht,
eueren gewonnenen Prozeſſen. Eigentlich müſſen mich die Höfer Neuig-
keiten mehr intereſſieren als euch die Leipziger. — Halte mich nicht für
ſo gar glüklich, Lieber: Lob iſt kein Glük, und Zerſtreuung auch nicht.
Ich werde es aber finden. — Grüſſe deinen Albrecht, aber nicht deine 35
ſchweigende Friederike!
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/44>, abgerufen am 09.11.2024.
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