Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.der schönsten Ursache. Nämlich endlich ists gewis, daß meine Frau im *) Die Herzogin Amalie stelte sich schon im Voraus an den Taufstein und sie sol gebeten werden. Ich kan dir nicht sagen, wie C. überal alle gewint. **) Melde mir doch, was ein R[egiments] Q[uartier]M[eister] eigentlich zu35 thun hat. 11 Jean Paul Briefe. IV.
der ſchönſten Urſache. Nämlich endlich iſts gewis, daß meine Frau im *) Die Herzogin Amalie ſtelte ſich ſchon im Voraus an den Taufſtein und ſie ſol gebeten werden. Ich kan dir nicht ſagen, wie C. überal alle gewint. **) Melde mir doch, was ein R[egiments] Q[uartier]M[eiſter] eigentlich zu35 thun hat. 11 Jean Paul Briefe. IV.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="161"/> der ſchönſten Urſache. Nämlich endlich iſts gewis, daß meine Frau im<lb/> Oktober mir die ſchönſte Weinleſe bereitet durch ihre — Niederkunft.<note place="right"><ref target="1922_Bd4_180">[180]</ref></note><lb/> Noch hab ich nicht den Muth, mir ihre oder meine Luſt nur halb aus-<lb/> zudenken; die Hölle liegt hier nur 2 Schritte vom Himmel; und ich<lb/> kan die Blühende und Heitere jezt nicht mehr mit der alten feſten<lb n="5"/> ſchönen Gewisheit anſehen, daß ich vor ihr ſterbe. Was mich kränkt,<lb/> iſt daß ich oft — faſt in jedem frühern Monat — die ſchönſten anthro-<lb/> pogoniſchen vergeblichen Zurüſtungen gemacht und daß gerade im<lb/> Februar, wo ich mich gar keiner entſinne, was wurde<note place="foot" n="*)">Die Herzogin <hi rendition="#aq">Amalie</hi> ſtelte ſich ſchon im Voraus an den Taufſtein und ſie<lb/> ſol gebeten werden. Ich kan dir nicht ſagen, wie <hi rendition="#aq">C.</hi> überal alle gewint.</note>. — Wir haben<lb/> ein beſonderes Glük mit Mägden; die erſte war beinahe die beſte in<lb n="10"/> der Stadt, die jezige 〈<hi rendition="#aq">Lore</hi>〉 iſt es wirklich, eine Pfartochter, ſchön,<lb/> zart, folgſam ꝛc. und wir beide müſſen ſie duzen, was ich gern mit<lb/> thue. — Jezt zu deinem Briefe. Alle Urſachen deiner Zögerung weiſ-<lb/> ſagt’ ich <hi rendition="#aq">C.</hi> Unmöglich kan die jezige Verwandlung der 2 Arbeits-<lb/> ſtunden in 2 Ferienſtunden, fortdauern. Verbirg es indes dem edeln<lb n="15"/> <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> (und ſorge bei <hi rendition="#aq">Amoene</hi> recht dafür) mehr als man in ſolchem<lb/> Fal zu verbergen meint; er <hi rendition="#g">verdient</hi> dieſen Dank der Hülle; doch bin<lb/> ich noch immer mehr ſeiner als deiner Meinung, und wenn ich nichts<lb/> wüſte als dein Verhältnis zu deinem Albrecht. Die Hauptſache iſt, daß<lb/> man 〈der Staat〉<note place="foot" n="**)">Melde mir doch, was ein R[egiments] Q[uartier]M[eiſter] eigentlich zu<lb n="35"/> thun hat.</note> dein praktiſches Talent erſehe, was bedeutender<lb n="20"/> iſt als du meinſt. Es iſt deine Stärke ſo wie meine Lücke. Selber dein<lb/> Geſchichts-Talent iſt deſſen Kind. Jeder ſolte das Heilige in ſich auf-<lb/> ſuchen, worein Gott den Schaz ſeiner Kräfte niedergelegt. Seze mich<lb/> auf Bonapart[ens] Thron — und ſchau dan den Lump und um-<lb/> gekehrt. Miſerabel 〈Unverzeihlich〉 〈Verdamt〉 iſts, daß du den Titan<lb n="25"/> nicht geleſen. Ein anders mal bekomſt du ihn ein Paar Tage vor der<lb/> Leſung. Glaub’ es. Lies doch gleich; vielleicht flieſſet dein Brief<lb/> auf den 4<hi rendition="#sup">ten</hi> ein, eh er fortgeht. — „Der galliſche Rauſch (lies ich<lb/> darin Albano dem Gaſpard widerſprechen) iſt kein zufälliger, ſondern<lb/> in der Menſchheit und Zeit zugleich gegründet, daher ja der algemeine<lb n="30"/> Antheil — Sie können nur ſinken, um höher zu ſteigen ꝛc.“ Wie aber<lb/> Gaſpard es anſieht wirſt du leſen. Eben weil die Revoluzion keine<note place="right"><ref target="1922_Bd4_181">[181]</ref></note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">11 Jean Paul Briefe. <hi rendition="#aq">IV.</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0168]
der ſchönſten Urſache. Nämlich endlich iſts gewis, daß meine Frau im
Oktober mir die ſchönſte Weinleſe bereitet durch ihre — Niederkunft.
Noch hab ich nicht den Muth, mir ihre oder meine Luſt nur halb aus-
zudenken; die Hölle liegt hier nur 2 Schritte vom Himmel; und ich
kan die Blühende und Heitere jezt nicht mehr mit der alten feſten 5
ſchönen Gewisheit anſehen, daß ich vor ihr ſterbe. Was mich kränkt,
iſt daß ich oft — faſt in jedem frühern Monat — die ſchönſten anthro-
pogoniſchen vergeblichen Zurüſtungen gemacht und daß gerade im
Februar, wo ich mich gar keiner entſinne, was wurde *). — Wir haben
ein beſonderes Glük mit Mägden; die erſte war beinahe die beſte in 10
der Stadt, die jezige 〈Lore〉 iſt es wirklich, eine Pfartochter, ſchön,
zart, folgſam ꝛc. und wir beide müſſen ſie duzen, was ich gern mit
thue. — Jezt zu deinem Briefe. Alle Urſachen deiner Zögerung weiſ-
ſagt’ ich C. Unmöglich kan die jezige Verwandlung der 2 Arbeits-
ſtunden in 2 Ferienſtunden, fortdauern. Verbirg es indes dem edeln 15
Emanuel (und ſorge bei Amoene recht dafür) mehr als man in ſolchem
Fal zu verbergen meint; er verdient dieſen Dank der Hülle; doch bin
ich noch immer mehr ſeiner als deiner Meinung, und wenn ich nichts
wüſte als dein Verhältnis zu deinem Albrecht. Die Hauptſache iſt, daß
man 〈der Staat〉 **) dein praktiſches Talent erſehe, was bedeutender 20
iſt als du meinſt. Es iſt deine Stärke ſo wie meine Lücke. Selber dein
Geſchichts-Talent iſt deſſen Kind. Jeder ſolte das Heilige in ſich auf-
ſuchen, worein Gott den Schaz ſeiner Kräfte niedergelegt. Seze mich
auf Bonapart[ens] Thron — und ſchau dan den Lump und um-
gekehrt. Miſerabel 〈Unverzeihlich〉 〈Verdamt〉 iſts, daß du den Titan 25
nicht geleſen. Ein anders mal bekomſt du ihn ein Paar Tage vor der
Leſung. Glaub’ es. Lies doch gleich; vielleicht flieſſet dein Brief
auf den 4ten ein, eh er fortgeht. — „Der galliſche Rauſch (lies ich
darin Albano dem Gaſpard widerſprechen) iſt kein zufälliger, ſondern
in der Menſchheit und Zeit zugleich gegründet, daher ja der algemeine 30
Antheil — Sie können nur ſinken, um höher zu ſteigen ꝛc.“ Wie aber
Gaſpard es anſieht wirſt du leſen. Eben weil die Revoluzion keine
[180]
[181]
*) Die Herzogin Amalie ſtelte ſich ſchon im Voraus an den Taufſtein und ſie
ſol gebeten werden. Ich kan dir nicht ſagen, wie C. überal alle gewint.
**) Melde mir doch, was ein R[egiments] Q[uartier]M[eiſter] eigentlich zu 35
thun hat.
11 Jean Paul Briefe. IV.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |