Gottes wegen. Wie ein Engel, zerschmolzen in Schmerzen und wieder in Liebe und Wonne, so liegt sie da und ist mit allen [!] zufrieden. Ach warum hab ich jezt meine 2 Freunde nicht an meiner Brust? Aber ihr solt beide seelig werden wenn ihr alles sehet, nämlich sie und sie, Mutter und Tochter.5
d. 21.
Alles geht richtig -- alle gekaufte Bücher werden befolgt -- das Kind ist ein Lam -- die Mutter eine Jungfrau -- und alles so einfach eingerichtet, daß man nirgends den fünften Treffer (denn der Spiz gehört zum Cinq-quarambole des Hauses) darin merkt und ich morgen10 arbeiten kan.
In der Mitte des Oktobers dürfte ein Einspänner -- vielleicht nur[202] auf meine Rechnung, da ich sonst zu viele Mägen und Beutel unter Einen Hut zu bringen hätte -- bei Ihnen 6 oder 7 Eimer holen; auf Hefe, wünscht' ich, da es auf Bouteillen besser hält! -- Leben Sie15 wohl, Geliebtester! --
[von Karoline:]Gott Emanuel wenn Sie nun da wären -- kommen Sie doch und segnen Sie uns, und beten mit mir den Einzigen an.
[Adr.] An Emanuel (aber ihm nicht eher zu geben zeigen als bis er deinen durchgelesen)
20
316. An Thieriot in Paris.
Meiningen d. 52 August [21. Sept.] 1802.
Mein lieber Paul! Ich fange gleich damit an, daß mir meine Frau gestern um 11 Uhr Mittags ein herliches schön geformtes -- mir ganz ähnliches -- Töchterlein gab und ich noch nicht weis, wo mir der25 Kopf steht, obwohl, wo das Herz. Alles geht und fliegt gut. -- Bei dem Tode eines Menschen (wie Ihrer Schwester) fühlt man was Liebe und Unsterblichkeit heissen und daß wir etwas Höheres sind meinen als wir scheinen. -- Ihre Pariser Briefe ergözen mich; nur fassen Sie nicht das Einzelne (z. B. Theater) sondern den Geist des Ganzen30 an und in sich. Grüssen Sie Schlegel und sagen Sie ihm, ich würd' ihm schreiben, wenn er mir dafür haftete, daß er antwortete. -- Jacobi schrieb mir Lorbeerkränze über Titan III und nahm bei der Lesung des I die Dornenkränze zurük. -- In Weimar fand ich die Alten für mich, Herder etc. Weiter kam ich nicht. Das schönste Jahr hab' ich35 so verpasset. -- Da Sie doch nicht lange in Paris bleiben: so machen
Gottes wegen. Wie ein Engel, zerſchmolzen in Schmerzen und wieder in Liebe und Wonne, ſo liegt ſie da und iſt mit allen [!] zufrieden. Ach warum hab ich jezt meine 2 Freunde nicht an meiner Bruſt? Aber ihr ſolt beide ſeelig werden wenn ihr alles ſehet, nämlich ſie und ſie, Mutter und Tochter.5
d. 21.
Alles geht richtig — alle gekaufte Bücher werden befolgt — das Kind iſt ein Lam — die Mutter eine Jungfrau — und alles ſo einfach eingerichtet, daß man nirgends den fünften Treffer (denn der Spiz gehört zum Cinq-quarambole des Hauſes) darin merkt und ich morgen10 arbeiten kan.
In der Mitte des Oktobers dürfte ein Einſpänner — vielleicht nur[202] auf meine Rechnung, da ich ſonſt zu viele Mägen und Beutel unter Einen Hut zu bringen hätte — bei Ihnen 6 oder 7 Eimer holen; auf Hefe, wünſcht’ ich, da es auf Bouteillen beſſer hält! — Leben Sie15 wohl, Geliebteſter! —
[von Karoline:]Gott Emanuel wenn Sie nun da wären — kommen Sie doch und ſegnen Sie uns, und beten mit mir den Einzigen an.
[Adr.] An Emanuel (aber ihm nicht eher zu geben 〈zeigen〉 als bis er deinen durchgeleſen)
20
316. An Thieriot in Paris.
Meiningen d. 52 Auguſt [21. Sept.] 1802.
Mein lieber Paul! Ich fange gleich damit an, daß mir meine Frau geſtern um 11 Uhr Mittags ein herliches ſchön geformtes — mir ganz ähnliches — Töchterlein gab und ich noch nicht weis, wo mir der25 Kopf ſteht, obwohl, wo das Herz. Alles geht und fliegt gut. — Bei dem Tode eines Menſchen (wie Ihrer Schweſter) fühlt man was Liebe und Unſterblichkeit heiſſen und daß wir etwas Höheres ſind 〈meinen〉 als wir ſcheinen. — Ihre Pariſer Briefe ergözen mich; nur faſſen Sie nicht das Einzelne (z. B. Theater) ſondern den Geiſt des Ganzen30 an und in ſich. Grüſſen Sie Schlegel und ſagen Sie ihm, ich würd’ ihm ſchreiben, wenn er mir dafür haftete, daß er antwortete. — Jacobi ſchrieb mir Lorbeerkränze über Titan III und nahm bei der Leſung des I die Dornenkränze zurük. — In Weimar fand ich die Alten für mich, Herder ꝛc. Weiter kam ich nicht. Das ſchönſte Jahr hab’ ich35 ſo verpaſſet. — Da Sie doch nicht lange in Paris bleiben: ſo machen
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Gottes wegen. Wie ein Engel, zerſchmolzen in Schmerzen und wieder
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warum hab ich jezt meine 2 Freunde nicht an meiner Bruſt? Aber ihr
ſolt beide ſeelig werden wenn ihr alles ſehet, nämlich ſie und ſie,
Mutter und Tochter. 5
d. 21.
Alles geht richtig — alle gekaufte Bücher werden befolgt — das
Kind iſt ein Lam — die Mutter eine Jungfrau — und alles ſo einfach
eingerichtet, daß man nirgends den fünften Treffer (denn der Spiz
gehört zum Cinq-quarambole des Hauſes) darin merkt und ich morgen 10
arbeiten kan.
In der Mitte des Oktobers dürfte ein Einſpänner — vielleicht nur
auf meine Rechnung, da ich ſonſt zu viele Mägen und Beutel unter
Einen Hut zu bringen hätte — bei Ihnen 6 oder 7 Eimer holen; auf
Hefe, wünſcht’ ich, da es auf Bouteillen beſſer hält! — Leben Sie 15
wohl, Geliebteſter! —
[202]
Gott Emanuel wenn Sie nun da wären — kommen Sie doch
und ſegnen Sie uns, und beten mit mir den Einzigen an.
[Adr.] An Emanuel (aber ihm nicht eher zu geben 〈zeigen〉 als bis
er deinen durchgeleſen) 20
316. An Thieriot in Paris.
Meiningen d. 52 Auguſt [21. Sept.] 1802.
Mein lieber Paul! Ich fange gleich damit an, daß mir meine Frau
geſtern um 11 Uhr Mittags ein herliches ſchön geformtes — mir ganz
ähnliches — Töchterlein gab und ich noch nicht weis, wo mir der 25
Kopf ſteht, obwohl, wo das Herz. Alles geht und fliegt gut. — Bei
dem Tode eines Menſchen (wie Ihrer Schweſter) fühlt man was Liebe
und Unſterblichkeit heiſſen und daß wir etwas Höheres ſind 〈meinen〉
als wir ſcheinen. — Ihre Pariſer Briefe ergözen mich; nur faſſen
Sie nicht das Einzelne (z. B. Theater) ſondern den Geiſt des Ganzen 30
an und in ſich. Grüſſen Sie Schlegel und ſagen Sie ihm, ich würd’
ihm ſchreiben, wenn er mir dafür haftete, daß er antwortete. — Jacobi
ſchrieb mir Lorbeerkränze über Titan III und nahm bei der Leſung
des I die Dornenkränze zurük. — In Weimar fand ich die Alten für
mich, Herder ꝛc. Weiter kam ich nicht. Das ſchönſte Jahr hab’ ich 35
ſo verpaſſet. — Da Sie doch nicht lange in Paris bleiben: ſo machen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/188>, abgerufen am 17.07.2024.
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