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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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und Recht" d. h. deutsche Veimer, für deren Orden v. Hompesch
(auch zum Herzog) reisete, das erzähle, was ich bis dahin noch behalten
werde ausser dem Abscheu. --

In deiner seeligen Gegend must du unter dem neapolitanischen
April südlich herliche Stunden gehabt haben, besonders an den Feier-5
tagen, wo ich oft an deine neuen und unsere alten Gänge dachte. --
Die Leute hier meinen es sehr gut mit uns; keinen Feind hatt' ich
hier -- nur sind ihrer zu wenig für mich und was da ist, wil nicht viel
sagen und sagt auch nichts, mein alter herlicher Präsident Heim aus-
genommen. Der Herzog bleibt mein alter ungestörter Freund und10
schliesset sich immer wärmer an; und es thut mir weh, daß ihm meine
Flucht wehe thut, die er sich und ich ihm nicht erklären kan. Ich be-
halte mir neben ihm mehr Freiheit als neben jedem andern Menschen,
und er ist von mir Abschlagen und alles schon gewohnt. Er hat einen
unschäzbaren Vorzug -- den er mir schenken solte -- er ist nie launisch-15
nachtragend. -- Mein Gottwalt wächst verdamt heran, und misset
schon 26 Bogen. -- Für meine ästhetischen Untersuchungen, die so-
gleich nach ihm erscheinen, hab' ich 100 Einkleidungen, deren Auswahl
ich nicht anders zu treffen weis als daß ich alle 100 wähle. Komst du
zu mir: so mus über alles sehr gesprochen werden. -- Süs ist mirs,20
wenn mich junge Autoren mit ihren jungen Autorschaften beschenken,
weil ich diese um 1/2 Preis an den hiesigen Apotheker ablasse, bei dem
ich dafür umsonst lese, wiewohl er seit der Milch-Versezung leider auch
Geldversezungen bei mir erlebte. Seinen Bruder D[oktor] überrascht'
ich mit 4 Ld'or ungemein; und doch mus ich wieder überraschen, da25
er die Kleine -- die ich oft Schwenzelenz nenne -- eingeimpft. Gold
mus man stets früher machen als Kinder, behaupt' ich.

Wahrscheinlich giebt dir Emanuel meine Briefe an sich; aber dan
bist du mir auf alle, die Antworten schuldig und es ist unverantwort-
lich, das Nicht-Antworten und die Ungleichheit; denn du schreibst hier[242]30
an niemand etwas, das ich zu lesen bekäme. Emanuels Briefe werden
immer wiziger und dadurch kürzer; Wiz und Kürze wohnten stets in
1. Feder, ja beide sind am Ende nicht zwei sondern 1. -- Mein poe-
tisches System hat sich weit von meinem alten und von der Bewunde-
rung für Leute wie Wieland, Haller, Ramler, Gesner etc. verloren;35
und ist sehr Schlegelisch geworden. In meiner Aesthetik sollen 2 gleich
scharfe und gerechte und wahre und dadurch partheifreie Abhand-

und Recht“ d. h. deutſche Veimer, für deren Orden v. Hompesch
(auch zum Herzog) reiſete, das erzähle, was ich bis dahin noch behalten
werde auſſer dem Abſcheu. —

In deiner ſeeligen Gegend muſt du unter dem neapolitaniſchen
April ſüdlich herliche Stunden gehabt haben, beſonders an den Feier-5
tagen, wo ich oft an deine neuen und unſere alten Gänge dachte. —
Die Leute hier meinen es ſehr gut mit uns; keinen Feind hatt’ ich
hier — nur ſind ihrer zu wenig für mich und was da iſt, wil nicht viel
ſagen und ſagt auch nichts, mein alter herlicher Präſident Heim aus-
genommen. Der Herzog bleibt mein alter ungeſtörter Freund und10
ſchlieſſet ſich immer wärmer an; und es thut mir weh, daß ihm meine
Flucht wehe thut, die er ſich und ich ihm nicht erklären kan. Ich be-
halte mir neben ihm mehr Freiheit als neben jedem andern Menſchen,
und er iſt von mir Abſchlagen und alles ſchon gewohnt. Er hat einen
unſchäzbaren Vorzug — den er mir ſchenken ſolte — er iſt nie launiſch-15
nachtragend. — Mein Gottwalt wächſt verdamt heran, und miſſet
ſchon 26 Bogen. — Für meine äſthetiſchen Unterſuchungen, die ſo-
gleich nach ihm erſcheinen, hab’ ich 100 Einkleidungen, deren Auswahl
ich nicht anders zu treffen weis als daß ich alle 100 wähle. Komſt du
zu mir: ſo mus über alles ſehr geſprochen werden. — Süs iſt mirs,20
wenn mich junge Autoren mit ihren jungen Autorſchaften beſchenken,
weil ich dieſe um ½ Preis an den hieſigen Apotheker ablaſſe, bei dem
ich dafür umſonſt leſe, wiewohl er ſeit der Milch-Verſezung leider auch
Geldverſezungen bei mir erlebte. Seinen Bruder D[oktor] überraſcht’
ich mit 4 Ld’or ungemein; und doch mus ich wieder überraſchen, da25
er die Kleine — die ich oft Schwenzelenz nenne — eingeimpft. Gold
mus man ſtets früher machen als Kinder, behaupt’ ich.

Wahrſcheinlich giebt dir Emanuel meine Briefe an ſich; aber dan
biſt du mir auf alle, die Antworten ſchuldig und es iſt unverantwort-
lich, das Nicht-Antworten und die Ungleichheit; denn du ſchreibſt hier[242]30
an niemand etwas, das ich zu leſen bekäme. Emanuels Briefe werden
immer wiziger und dadurch kürzer; Wiz und Kürze wohnten ſtets in
1. Feder, ja beide ſind am Ende nicht zwei ſondern 1. — Mein poe-
tiſches Syſtem hat ſich weit von meinem alten und von der Bewunde-
rung für Leute wie Wieland, Haller, Ramler, Gesner ꝛc. verloren;35
und iſt ſehr Schlegeliſch geworden. In meiner Aeſthetik ſollen 2 gleich
ſcharfe und gerechte und wahre und dadurch partheifreie Abhand-

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[217/0224] und Recht“ d. h. deutſche Veimer, für deren Orden v. Hompesch (auch zum Herzog) reiſete, das erzähle, was ich bis dahin noch behalten werde auſſer dem Abſcheu. — In deiner ſeeligen Gegend muſt du unter dem neapolitaniſchen April ſüdlich herliche Stunden gehabt haben, beſonders an den Feier- 5 tagen, wo ich oft an deine neuen und unſere alten Gänge dachte. — Die Leute hier meinen es ſehr gut mit uns; keinen Feind hatt’ ich hier — nur ſind ihrer zu wenig für mich und was da iſt, wil nicht viel ſagen und ſagt auch nichts, mein alter herlicher Präſident Heim aus- genommen. Der Herzog bleibt mein alter ungeſtörter Freund und 10 ſchlieſſet ſich immer wärmer an; und es thut mir weh, daß ihm meine Flucht wehe thut, die er ſich und ich ihm nicht erklären kan. Ich be- halte mir neben ihm mehr Freiheit als neben jedem andern Menſchen, und er iſt von mir Abſchlagen und alles ſchon gewohnt. Er hat einen unſchäzbaren Vorzug — den er mir ſchenken ſolte — er iſt nie launiſch- 15 nachtragend. — Mein Gottwalt wächſt verdamt heran, und miſſet ſchon 26 Bogen. — Für meine äſthetiſchen Unterſuchungen, die ſo- gleich nach ihm erſcheinen, hab’ ich 100 Einkleidungen, deren Auswahl ich nicht anders zu treffen weis als daß ich alle 100 wähle. Komſt du zu mir: ſo mus über alles ſehr geſprochen werden. — Süs iſt mirs, 20 wenn mich junge Autoren mit ihren jungen Autorſchaften beſchenken, weil ich dieſe um ½ Preis an den hieſigen Apotheker ablaſſe, bei dem ich dafür umſonſt leſe, wiewohl er ſeit der Milch-Verſezung leider auch Geldverſezungen bei mir erlebte. Seinen Bruder D[oktor] überraſcht’ ich mit 4 Ld’or ungemein; und doch mus ich wieder überraſchen, da 25 er die Kleine — die ich oft Schwenzelenz nenne — eingeimpft. Gold mus man ſtets früher machen als Kinder, behaupt’ ich. Wahrſcheinlich giebt dir Emanuel meine Briefe an ſich; aber dan biſt du mir auf alle, die Antworten ſchuldig und es iſt unverantwort- lich, das Nicht-Antworten und die Ungleichheit; denn du ſchreibſt hier 30 an niemand etwas, das ich zu leſen bekäme. Emanuels Briefe werden immer wiziger und dadurch kürzer; Wiz und Kürze wohnten ſtets in 1. Feder, ja beide ſind am Ende nicht zwei ſondern 1. — Mein poe- tiſches Syſtem hat ſich weit von meinem alten und von der Bewunde- rung für Leute wie Wieland, Haller, Ramler, Gesner ꝛc. verloren; 35 und iſt ſehr Schlegeliſch geworden. In meiner Aeſthetik ſollen 2 gleich ſcharfe und gerechte und wahre und dadurch partheifreie Abhand- [242]

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/224>, abgerufen am 21.11.2024.