d. 26. Dec. Lesen und Schreiben wird mir jezt verkürzt; das von Briefen so, daß ich nichts versende. -- Manches aus der Corday würd ich wie du streichen; den ganz neuen Titan trift dein Tadel nicht, aber vielleicht ein anderer. -- Sage mir, welchen historischen Gegenstand ich bearbeiten kan? -- Kosmeli, mein gedrukter Antagonist -- ein5 herlicher derber Sünden-Naturalist und Gigant -- wurde hier durch meinen leichten lustigen Antagonismus und endlich spätern ernsten mein gehorsamer Freund und schied weinend und wil aus Paris an mich schreiben. Nur Kraft her! und der Teufel wird geholt, stat zu holen! -- Liebmans Kredit-Lüge ist wie die im R[eichs] Anzeiger eine. --10
Deine Genügsamkeit rührt mich wie alles wozu du dich gebildet hast oder bilden lassen. Ich selber mus durchfahren und nach nichts fragen und mich an den Menschen nicht begnügen. Ich war auch einmal wie du, aus Philosophie und Lage. Der Unterschied ist klein, sobald nur die siegende Kraft sich aufbehält und der innere blaue Himmel, das15 Herzens Klima so wenig einbüsset als der unter der Linie bei den täg- lichen Orkanen. -- Lebe wohl, mein Geliebtester! Bei Gott, unter allen meinen Freuden denk' ich mir keine schönere für mich als die daß du so recht recht froh für dich in deiner stillen Weise hinleben köntest. -- Gute Nacht, liebe Amöne, sei froh und lebe wohl mit ihm. Der be-20 lohnende Genius führ euch in das neue Jahrhundert ein!
Mein Herzens Emanuel mus ganz besonders gegrüsset werden und mit dem Wunsche des heitersten Jahrhunderts.
[37] 49. An Karoline Mayer.
[Berlin, 31. Dez. 1800?]25
Endlich hör' ich doch einen Nachklang von meiner Theuern. Ich bin wohl und kräftig und freue mich auf das blumige Ende dieses Säkuls. Schlaf wohl, meine Seele und träum' am Tage nichts als was in den Frühling unter blühende Bäume gehört. Lebe wohl, du Meine!
*50. An Helmina von Hastfer.30
[Berlin, 1800? 1801?]
Sanfte Seele, die uns wie eine Luna die Strahlen der gesunkenen Sonne wiedergiebt, in deinem Leben sei mehr Morgenroth als Abend- roth, und deine Sterne gehen dir nur auf, und nicht eher unter als mit dir! --35
d. 26. Dec. Leſen und Schreiben wird mir jezt verkürzt; das von Briefen ſo, daß ich nichts verſende. — Manches aus der Corday würd ich wie du ſtreichen; den ganz neuen Titan trift dein Tadel nicht, aber vielleicht ein anderer. — Sage mir, welchen hiſtoriſchen Gegenſtand ich bearbeiten kan? — Kosmeli, mein gedrukter Antagoniſt — ein5 herlicher derber Sünden-Naturaliſt und Gigant — wurde hier durch meinen leichten luſtigen Antagoniſmus und endlich ſpätern ernſten mein gehorſamer Freund und ſchied weinend und wil aus Paris an mich ſchreiben. Nur Kraft her! und der Teufel wird geholt, ſtat zu holen! — Liebmans Kredit-Lüge iſt wie die im R[eichs] Anzeiger eine. —10
Deine Genügſamkeit rührt mich wie alles wozu du dich gebildet haſt oder bilden laſſen. Ich ſelber mus durchfahren und nach nichts fragen und mich an den Menſchen nicht begnügen. Ich war auch einmal wie du, aus Philoſophie und Lage. Der Unterſchied iſt klein, ſobald nur die ſiegende Kraft ſich aufbehält und der innere blaue Himmel, das15 Herzens Klima ſo wenig einbüſſet als der unter der Linie bei den täg- lichen Orkanen. — Lebe wohl, mein Geliebteſter! Bei Gott, unter allen meinen Freuden denk’ ich mir keine ſchönere für mich als die daß du ſo recht recht froh für dich in deiner ſtillen Weiſe hinleben könteſt. — Gute Nacht, liebe Amöne, ſei froh und lebe wohl mit ihm. Der be-20 lohnende Genius führ euch in das neue Jahrhundert ein!
Mein Herzens Emanuel mus ganz beſonders gegrüſſet werden und mit dem Wunſche des heiterſten Jahrhunderts.
[37] 49. An Karoline Mayer.
[Berlin, 31. Dez. 1800?]25
Endlich hör’ ich doch einen Nachklang von meiner Theuern. Ich bin wohl und kräftig und freue mich auf das blumige Ende dieſes Säkuls. Schlaf wohl, meine Seele und träum’ am Tage nichts als was in den Frühling unter blühende Bäume gehört. Lebe wohl, du Meine!
*50. An Helmina von Haſtfer.30
[Berlin, 1800? 1801?]
Sanfte Seele, die uns wie eine Luna die Strahlen der geſunkenen Sonne wiedergiebt, in deinem Leben ſei mehr Morgenroth als Abend- roth, und deine Sterne gehen dir nur auf, und nicht eher unter als mit dir! —35
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ich wie du ſtreichen; den ganz neuen Titan trift dein Tadel nicht, aber
vielleicht ein anderer. — Sage mir, welchen hiſtoriſchen Gegenſtand
ich bearbeiten kan? — Kosmeli, mein gedrukter Antagoniſt — ein 5
herlicher derber Sünden-Naturaliſt und Gigant — wurde hier durch
meinen leichten luſtigen Antagoniſmus und endlich ſpätern ernſten mein
gehorſamer Freund und ſchied weinend und wil aus Paris an mich
ſchreiben. Nur Kraft her! und der Teufel wird geholt, ſtat zu holen! —
Liebmans Kredit-Lüge iſt wie die im R[eichs] Anzeiger eine. — 10
Deine Genügſamkeit rührt mich wie alles wozu du dich gebildet haſt
oder bilden laſſen. Ich ſelber mus durchfahren und nach nichts fragen
und mich an den Menſchen nicht begnügen. Ich war auch einmal wie
du, aus Philoſophie und Lage. Der Unterſchied iſt klein, ſobald nur
die ſiegende Kraft ſich aufbehält und der innere blaue Himmel, das 15
Herzens Klima ſo wenig einbüſſet als der unter der Linie bei den täg-
lichen Orkanen. — Lebe wohl, mein Geliebteſter! Bei Gott, unter allen
meinen Freuden denk’ ich mir keine ſchönere für mich als die daß du
ſo recht recht froh für dich in deiner ſtillen Weiſe hinleben könteſt. —
Gute Nacht, liebe Amöne, ſei froh und lebe wohl mit ihm. Der be- 20
lohnende Genius führ euch in das neue Jahrhundert ein!
Mein Herzens Emanuel mus ganz beſonders gegrüſſet werden und
mit dem Wunſche des heiterſten Jahrhunderts.
49. An Karoline Mayer.
[Berlin, 31. Dez. 1800?] 25
Endlich hör’ ich doch einen Nachklang von meiner Theuern. Ich
bin wohl und kräftig und freue mich auf das blumige Ende dieſes
Säkuls. Schlaf wohl, meine Seele und träum’ am Tage nichts als was
in den Frühling unter blühende Bäume gehört. Lebe wohl, du Meine!
*50. An Helmina von Haſtfer. 30
[Berlin, 1800? 1801?]
Sanfte Seele, die uns wie eine Luna die Strahlen der geſunkenen
Sonne wiedergiebt, in deinem Leben ſei mehr Morgenroth als Abend-
roth, und deine Sterne gehen dir nur auf, und nicht eher unter als
mit dir! — 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/38>, abgerufen am 16.07.2024.
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