Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.108. An Rektor Wernlein in Wunsiedel. [Berlin, 31. März 1801]Lieber Duzbruder! So sehr ich auch seit unserer Unsichtbarkeit ver- [68] Mit sonderbarem Gefühl blick' ich in eine so weite dämmernde Was macht Prükner und wozu ist er seitdem gemacht worden? Ich möchte einmal nach Wonsiedel. Lebe recht wohl und überzeuge mich durch einige Zeilen, daß du noch Richter 109. An Karoline Mayer. [Berlin, 2. April 1801]Meine Theuere! Da mein Bote vor dir vorbeigeht, wil ich dich25 110. An Karoline Mayer. [Berlin, 3. April 1801. Karfreitag]Meine Geliebte! 1.) Erstlich bitt' fleh' bet' ich dich recht 108. An Rektor Wernlein in Wunſiedel. [Berlin, 31. März 1801]Lieber Duzbruder! So ſehr ich auch ſeit unſerer Unſichtbarkeit ver- [68] Mit ſonderbarem Gefühl blick’ ich in eine ſo weite dämmernde Was macht Prükner und wozu iſt er ſeitdem gemacht worden? Ich möchte einmal nach Wonsiedel. Lebe recht wohl und überzeuge mich durch einige Zeilen, daß du noch Richter 109. An Karoline Mayer. [Berlin, 2. April 1801]Meine Theuere! Da mein Bote vor dir vorbeigeht, wil ich dich25 110. An Karoline Mayer. [Berlin, 3. April 1801. Karfreitag]Meine Geliebte! 1.) Erſtlich bitt’ 〈fleh’〉 〈bet’〉 ich dich recht <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0066" n="60"/> <div type="letter" n="1"> <head>108. An <hi rendition="#g">Rektor Wernlein in Wunſiedel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Berlin, 31. März 1801]</hi> </dateline><lb/> <p>Lieber Duzbruder! So ſehr ich auch ſeit unſerer Unſichtbarkeit ver-<lb/> ändert worden, ſo hab’ ich doch nicht genug, ſondern wil mich jezt<lb/> ſelber verändern — nämlich verehelichen. Ich mache daher meine<lb n="5"/> Braut zuerſt zur Witwe und bringe ſie in die Witwen-Aſſekuranz;<lb/> dazu gehört nun mein Taufſchein, worin (nach dem W. Kaſſenregle-<lb/> ment) die Zahlen mit Worten geſchrieben und der noch auſſerdem von<lb/> der <hi rendition="#g">Orts-Obrigkeit</hi> als Rükbürgen des Geiſtlichen unterzeichnet<lb/> ſein mus. Um dieſe doppelte ſchnelle Beſorgung und Bezahlung bitt’<lb n="10"/> ich dich; leztere giebt dir <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> wieder zurük.</p><lb/> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd4_68">[68]</ref></note> Mit ſonderbarem Gefühl blick’ ich in eine ſo weite dämmernde<lb/> Zeit hinter uns zurük. Wie hat ſich ſeitdem das Leben umgearbeitet,<lb/> umgeſtürzt und geſichtet! Vom Höfer <hi rendition="#aq">Paul</hi> iſt nichts mehr übrig als<lb/> die vordere Zahnlücke; von dir, glaub’ ich, die Zähne, die immer am<lb n="15"/> lezten verwittern.</p><lb/> <p>Was macht <hi rendition="#aq">Prükner</hi> und wozu iſt er ſeitdem gemacht worden?</p><lb/> <p>Ich möchte einmal nach <hi rendition="#aq">Wonsiedel.</hi></p><lb/> <p>Lebe recht wohl und überzeuge mich durch einige Zeilen, daß du noch<lb/> eine Hand haſt und einige Finger daran. Ich meines Orts überzeuge<lb n="20"/> die Welt jede Meſſe davon. <hi rendition="#aq">Adio</hi>! —</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>109. An <hi rendition="#g">Karoline Mayer.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Berlin, 2. April 1801]</hi> </dateline><lb/> <p>Meine Theuere! Da mein Bote vor dir vorbeigeht, wil ich dich<lb n="25"/> fragen, was du machſt, du Liebe, zu der ich ſchon längſt wieder möchte<lb/> — und wil dir ſagen, daß ichs heute nicht kan, da ich ins Thieriotſche<lb/> Konzert <hi rendition="#g">mus.</hi> Wie blikſt du, reines Auge? — Geſtern as ich bei der<lb/><hi rendition="#aq">Krüdner.</hi> Schreib’ ein Wort, mein Heiliges, mein Inneres, mein<lb/> Herz!<lb n="30"/> </p> </div> <div type="letter" n="1"> <head>110. An <hi rendition="#g">Karoline Mayer.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Berlin, 3. April 1801. Karfreitag]</hi> </dateline><lb/> <p>Meine Geliebte! 1.) Erſtlich <hi rendition="#g">bitt’ 〈fleh’〉 〈bet’〉</hi> ich dich recht<lb/> ſehr um dein geſtern für mich Geſchriebnes; auf allen deinen Blättern<lb/> z. B. dem geſtrigen iſt ſchöner heller Morgenthau für mich, ich kan<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0066]
108. An Rektor Wernlein in Wunſiedel.
[Berlin, 31. März 1801]
Lieber Duzbruder! So ſehr ich auch ſeit unſerer Unſichtbarkeit ver-
ändert worden, ſo hab’ ich doch nicht genug, ſondern wil mich jezt
ſelber verändern — nämlich verehelichen. Ich mache daher meine 5
Braut zuerſt zur Witwe und bringe ſie in die Witwen-Aſſekuranz;
dazu gehört nun mein Taufſchein, worin (nach dem W. Kaſſenregle-
ment) die Zahlen mit Worten geſchrieben und der noch auſſerdem von
der Orts-Obrigkeit als Rükbürgen des Geiſtlichen unterzeichnet
ſein mus. Um dieſe doppelte ſchnelle Beſorgung und Bezahlung bitt’ 10
ich dich; leztere giebt dir Emanuel wieder zurük.
Mit ſonderbarem Gefühl blick’ ich in eine ſo weite dämmernde
Zeit hinter uns zurük. Wie hat ſich ſeitdem das Leben umgearbeitet,
umgeſtürzt und geſichtet! Vom Höfer Paul iſt nichts mehr übrig als
die vordere Zahnlücke; von dir, glaub’ ich, die Zähne, die immer am 15
lezten verwittern.
[68]
Was macht Prükner und wozu iſt er ſeitdem gemacht worden?
Ich möchte einmal nach Wonsiedel.
Lebe recht wohl und überzeuge mich durch einige Zeilen, daß du noch
eine Hand haſt und einige Finger daran. Ich meines Orts überzeuge 20
die Welt jede Meſſe davon. Adio! —
Richter
109. An Karoline Mayer.
[Berlin, 2. April 1801]
Meine Theuere! Da mein Bote vor dir vorbeigeht, wil ich dich 25
fragen, was du machſt, du Liebe, zu der ich ſchon längſt wieder möchte
— und wil dir ſagen, daß ichs heute nicht kan, da ich ins Thieriotſche
Konzert mus. Wie blikſt du, reines Auge? — Geſtern as ich bei der
Krüdner. Schreib’ ein Wort, mein Heiliges, mein Inneres, mein
Herz! 30
110. An Karoline Mayer.
[Berlin, 3. April 1801. Karfreitag]
Meine Geliebte! 1.) Erſtlich bitt’ 〈fleh’〉 〈bet’〉 ich dich recht
ſehr um dein geſtern für mich Geſchriebnes; auf allen deinen Blättern
z. B. dem geſtrigen iſt ſchöner heller Morgenthau für mich, ich kan 35
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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