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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Mein Wunsch ist, mit Ihrem Karten-Hogarth nach Jahren zu
gemeinschaftlicher Ausarbeitung von ganzen Szenen-Suiten zu-
sammen[zu]treten. Eigentlich ist sein jetziges Geschäft schwerer,
weil es seine Kräfte auf wiederkommende und enge Kreise beschränkt.

556. An Vieweg.5

-- mit den Wunden sind jetzt die Ohren offen -- Leben Sie wol
unter den deutschen Wolken.

557. An Karl Reinhold in Leipzig.
10

Für Ihren Brief wie für Ihren Vorsatz hab' ich Ihnen viel Dank
zu sagen. Ich machte zuerst Ihre -- und halb meine*) -- Bekannt-
schaft in der zweiten Hälfte Ihres Aufsatzes über mich in der
Georgia. Die erste hab' ich noch nicht gesehen. Ihre Lessingschen
Rettungen meines Autor-Ichs, das bisher lieber sich zu fremden als15
eignen entschloß, haben mir wol gethan. Ihre hier beantworteten
Fragen haben mich indessen in einen gerechten Zorn gesetzt ----
über mich. Himmel! wie mags erst in der Vorschule, im Hesperus,
Siebenkäß etc. hergehen mit mehr als 12 h. Nächten, also mit
1001, wenn ein Mann und Freund wie Sie solche Fragen thun muß?20
Der Teufel hole meine Liebe zur Kürze; die allein ist schuld, sammt
der Menschlichkeit, daß Sie, wenn Sie z. B. eine Disputazion über
das jetzt über Europa reichende droit d'Aubaine lesen, durchaus
glauben müssen, aller Welt sei ein Wort bekannt, das Sie hundertmal
hinter einander gelesen, und es folglich in der Levana gebrauchen25
und, des Wechsels wegen, gar sagen: jus Albinagii.

-- Der Anfang des Wörterbuchs mit der Levana ist sehr recht;
denn Weiber eben bedürfen es am meisten. So könnten Sie früher
für den Hesperus als die doch mehr für Unsers Gleichen geschriebne
Vorschule ein Bändchen geben -- Auch merkantilisch rath' ich30
zum Immediatisieren jedes Bändchens; zu keiner Verkaufs-Reihe --
ferner nur zu den kürzesten Notizen über historische Personen. Je

*) denn Ihr Lob ist Überlob.

Mein Wunſch iſt, mit Ihrem Karten-Hogarth nach Jahren zu
gemeinſchaftlicher Ausarbeitung von ganzen Szenen-Suiten zu-
ſammen[zu]treten. Eigentlich iſt ſein jetziges Geſchäft ſchwerer,
weil es ſeine Kräfte auf wiederkommende und enge Kreiſe beſchränkt.

556. An Vieweg.5

— mit den Wunden ſind jetzt die Ohren offen — Leben Sie wol
unter den deutſchen Wolken.

557. An Karl Reinhold in Leipzig.
10

Für Ihren Brief wie für Ihren Vorſatz hab’ ich Ihnen viel Dank
zu ſagen. Ich machte zuerſt Ihre — und halb meine*) — Bekannt-
ſchaft in der zweiten Hälfte Ihres Aufſatzes über mich in der
Georgia. Die erſte hab’ ich noch nicht geſehen. Ihre Leſſingſchen
Rettungen meines Autor-Ichs, das bisher lieber ſich zu fremden als15
eignen entſchloß, haben mir wol gethan. Ihre hier beantworteten
Fragen haben mich indeſſen in einen gerechten Zorn geſetzt ——
über mich. Himmel! wie mags erſt in der Vorſchule, im Heſperus,
Siebenkäß ꝛc. hergehen mit mehr als 12 h. Nächten, alſo mit
1001, wenn ein Mann und Freund wie Sie ſolche Fragen thun muß?20
Der Teufel hole meine Liebe zur Kürze; die allein iſt ſchuld, ſammt
der Menſchlichkeit, daß Sie, wenn Sie z. B. eine Diſputazion über
das jetzt über Europa reichende droit d’Aubaine leſen, durchaus
glauben müſſen, aller Welt ſei ein Wort bekannt, das Sie hundertmal
hinter einander geleſen, und es folglich in der Levana gebrauchen25
und, des Wechſels wegen, gar ſagen: jus Albinagii.

— Der Anfang des Wörterbuchs mit der Levana iſt ſehr recht;
denn Weiber eben bedürfen es am meiſten. So könnten Sie früher
für den Hesperus als die doch mehr für Unſers Gleichen geſchriebne
Vorschule ein Bändchen geben — Auch merkantiliſch rath’ ich30
zum Immediatiſieren jedes Bändchens; zu keiner Verkaufs-Reihe —
ferner nur zu den kürzeſten Notizen über hiſtoriſche Perſonen. Je

*) denn Ihr Lob iſt Überlob.
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[230/0246] Mein Wunſch iſt, mit Ihrem Karten-Hogarth nach Jahren zu gemeinſchaftlicher Ausarbeitung von ganzen Szenen-Suiten zu- ſammen[zu]treten. Eigentlich iſt ſein jetziges Geſchäft ſchwerer, weil es ſeine Kräfte auf wiederkommende und enge Kreiſe beſchränkt. 556. An Vieweg. 5 [Kopie][Bayreuth, 20. Aug. 1808] — mit den Wunden ſind jetzt die Ohren offen — Leben Sie wol unter den deutſchen Wolken. 557. An Karl Reinhold in Leipzig. Bayreuth d. 25. Aug. 1808 10 Für Ihren Brief wie für Ihren Vorſatz hab’ ich Ihnen viel Dank zu ſagen. Ich machte zuerſt Ihre — und halb meine *) — Bekannt- ſchaft in der zweiten Hälfte Ihres Aufſatzes über mich in der Georgia. Die erſte hab’ ich noch nicht geſehen. Ihre Leſſingſchen Rettungen meines Autor-Ichs, das bisher lieber ſich zu fremden als 15 eignen entſchloß, haben mir wol gethan. Ihre hier beantworteten Fragen haben mich indeſſen in einen gerechten Zorn geſetzt —— über mich. Himmel! wie mags erſt in der Vorſchule, im Heſperus, Siebenkäß ꝛc. hergehen mit mehr als 12 h. Nächten, alſo mit 1001, wenn ein Mann und Freund wie Sie ſolche Fragen thun muß? 20 Der Teufel hole meine Liebe zur Kürze; die allein iſt ſchuld, ſammt der Menſchlichkeit, daß Sie, wenn Sie z. B. eine Diſputazion über das jetzt über Europa reichende droit d’Aubaine leſen, durchaus glauben müſſen, aller Welt ſei ein Wort bekannt, das Sie hundertmal hinter einander geleſen, und es folglich in der Levana gebrauchen 25 und, des Wechſels wegen, gar ſagen: jus Albinagii. — Der Anfang des Wörterbuchs mit der Levana iſt ſehr recht; denn Weiber eben bedürfen es am meiſten. So könnten Sie früher für den Hesperus als die doch mehr für Unſers Gleichen geſchriebne Vorschule ein Bändchen geben — Auch merkantiliſch rath’ ich 30 zum Immediatiſieren jedes Bändchens; zu keiner Verkaufs-Reihe — ferner nur zu den kürzeſten Notizen über hiſtoriſche Perſonen. Je *) denn Ihr Lob iſt Überlob.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/246>, abgerufen am 09.11.2024.