Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.daß man ihn durch einen fremden Arzt magnetisieren lassen; woraus daß man ihn durch einen fremden Arzt magnetiſieren laſſen; woraus <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0245" n="238"/> daß man ihn durch einen fremden Arzt magnetiſieren laſſen; woraus<lb/> wie natürlich, ſo lebengefährliche Zufälle entſtanden, daß man ihn<lb/> nur durch <hi rendition="#aq">Schelver</hi> retten können. Ich ſchwöre ſogar auf der <hi rendition="#aq">Md.<lb/> Schelver</hi> Unſchuld; weil ihre Schuld ſonſt auch der Mann theilen<lb/> müßte. — — Murki iſt ein luſtiges Tonſtück, wo der Baß immer<lb n="5"/> in Oktaven trommelt, und ich ſpielte in meiner Kindheit ſelber<lb/> dergleichen. — Der Unterſchied, <hi rendition="#g">um</hi> und <hi rendition="#g">über</hi> etwas weinen, liegt<lb/> deutlich in den Vorwörtern; ſo <hi rendition="#g">um</hi> einen klagen, der verloren iſt,<lb/> und <hi rendition="#g">über</hi> einen, der eben quält. — Grüße die <hi rendition="#aq">Paulusischen</hi> und<lb/> ſage dem Vater, daß ich mit Bewunderung ſeines Wiſſens und<lb n="10"/> Scharfſinns jetzo den Kommentar über das N[eue] T[eſtament] leſe.<lb/><hi rendition="#aq">Schlegel</hi> hat ſich 〈ſeiner Eitelkeit〉 die dießmal nur ſophiſtiſche Sophie<lb/> aufgeopfert, die nun weder Jungfrau, noch Ehefrau, noch Wittwe,<lb/> noch Liebende, nicht einmal Geliebte iſt und die nichts Neues in ihrer<lb/> Ehe erlebt hat als — Maſern, das Sinnbild des Mannes ſelber.<lb n="15"/> — An deinen herzigen Bruder werd’ ich deine Briefe darüber ſchicken;<lb/> nur warte noch, bis ich ſelber einen dazu zu ſchreiben Zeit bekommen.<lb/> — Jetzo arbeit’ ich an einem Aufſatze für das Morgenblatt 1819.<lb/> Meine Lebenbeſchreibung kommt ſpät; ſie erfreuet mich wenig,<lb/> weil ich darin nichts zu dichten habe und ich von jeher ſogar in<lb n="20"/> Romanen ungern bloße Geſchichte — ohne die beiden Ufer des<lb/> Scherzes und der Empfindung — fließen ließ und weil ich nach<lb/> niemand weniger frage als nach mir. Ich wollte, ich könnte dir<lb/> mein Leben erzählen und du gäbſt es ſtiliſiert heraus. Aber ich<lb/> werde ſchon noch das rechte Fahrzeug für daſſelbe finden oder<lb n="25"/> zimmern. — Den <hi rendition="#aq">Hesperus</hi> wollte <hi rendition="#aq">Reimer</hi> in <hi rendition="#aq">Heidelberg</hi> drucken<lb/> laſſen; aber ich rieth es ihm ab, um dir 100 pharaoniſche Plagen<lb/> und dem leichtſinnigen <hi rendition="#aq">Engelmann</hi> neue Sünden aller Art zu er-<lb/> ſparen. — Wenn du wüßteſt, wie tief mein 15jähriger <hi rendition="#aq">Max</hi> in den<lb/> Homer, Euripides, Horaz, den <hi rendition="#aq">Tacitus</hi> und in die philologiſchen<lb n="30"/> Vorſtädte ſchon hineingerathen: du würdeſt dich freuen, nach<lb/> 1½ Jahren einen ſolchen Zuhörer zu bekommen, ſo wie ich mich<lb/> auf deſſen künftigen Lehrer freue. — Erſt im Aequinokzium entſchied<lb/> ſich das Wetter (und früher ſollte daher kein Wahrſager wahr-<lb/> ſagen) für den lindeſten Winter. Blos der Dezember wird, zumal<lb n="35"/> gerade mit den Chriſtgeſchenken, viel Eistafeln beſcheeren. Ich habe<lb/> bisher nichts gelitten und auch künftig wenig zu befürchten. — Der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0245]
daß man ihn durch einen fremden Arzt magnetiſieren laſſen; woraus
wie natürlich, ſo lebengefährliche Zufälle entſtanden, daß man ihn
nur durch Schelver retten können. Ich ſchwöre ſogar auf der Md.
Schelver Unſchuld; weil ihre Schuld ſonſt auch der Mann theilen
müßte. — — Murki iſt ein luſtiges Tonſtück, wo der Baß immer 5
in Oktaven trommelt, und ich ſpielte in meiner Kindheit ſelber
dergleichen. — Der Unterſchied, um und über etwas weinen, liegt
deutlich in den Vorwörtern; ſo um einen klagen, der verloren iſt,
und über einen, der eben quält. — Grüße die Paulusischen und
ſage dem Vater, daß ich mit Bewunderung ſeines Wiſſens und 10
Scharfſinns jetzo den Kommentar über das N[eue] T[eſtament] leſe.
Schlegel hat ſich 〈ſeiner Eitelkeit〉 die dießmal nur ſophiſtiſche Sophie
aufgeopfert, die nun weder Jungfrau, noch Ehefrau, noch Wittwe,
noch Liebende, nicht einmal Geliebte iſt und die nichts Neues in ihrer
Ehe erlebt hat als — Maſern, das Sinnbild des Mannes ſelber. 15
— An deinen herzigen Bruder werd’ ich deine Briefe darüber ſchicken;
nur warte noch, bis ich ſelber einen dazu zu ſchreiben Zeit bekommen.
— Jetzo arbeit’ ich an einem Aufſatze für das Morgenblatt 1819.
Meine Lebenbeſchreibung kommt ſpät; ſie erfreuet mich wenig,
weil ich darin nichts zu dichten habe und ich von jeher ſogar in 20
Romanen ungern bloße Geſchichte — ohne die beiden Ufer des
Scherzes und der Empfindung — fließen ließ und weil ich nach
niemand weniger frage als nach mir. Ich wollte, ich könnte dir
mein Leben erzählen und du gäbſt es ſtiliſiert heraus. Aber ich
werde ſchon noch das rechte Fahrzeug für daſſelbe finden oder 25
zimmern. — Den Hesperus wollte Reimer in Heidelberg drucken
laſſen; aber ich rieth es ihm ab, um dir 100 pharaoniſche Plagen
und dem leichtſinnigen Engelmann neue Sünden aller Art zu er-
ſparen. — Wenn du wüßteſt, wie tief mein 15jähriger Max in den
Homer, Euripides, Horaz, den Tacitus und in die philologiſchen 30
Vorſtädte ſchon hineingerathen: du würdeſt dich freuen, nach
1½ Jahren einen ſolchen Zuhörer zu bekommen, ſo wie ich mich
auf deſſen künftigen Lehrer freue. — Erſt im Aequinokzium entſchied
ſich das Wetter (und früher ſollte daher kein Wahrſager wahr-
ſagen) für den lindeſten Winter. Blos der Dezember wird, zumal 35
gerade mit den Chriſtgeſchenken, viel Eistafeln beſcheeren. Ich habe
bisher nichts gelitten und auch künftig wenig zu befürchten. — Der
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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