Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.aller Einfachheit und ein Herz der Liebe und der Jugend erquickt darin 175. An Max Richter in Heidelberg. Baireut d. 10ten Mai 1821Mein guter Max! Deiner verbesserten Hand kann ich nun wieder Meinem Heinrich bringe Seelengruß und Briefdank, zumal für sein In Rücksicht der Duellsache hast du vergessen, daß du mir an einem 8 Jean Paul Briefe. VIII.
aller Einfachheit und ein Herz der Liebe und der Jugend erquickt darin 175. An Max Richter in Heidelberg. Baireut d. 10ten Mai 1821Mein guter Max! Deiner verbeſſerten Hand kann ich nun wieder Meinem Heinrich bringe Seelengruß und Briefdank, zumal für ſein In Rückſicht der Duellſache haſt du vergeſſen, daß du mir an einem 8 Jean Paul Briefe. VIII.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0119" n="113"/> aller Einfachheit und ein Herz der Liebe und der Jugend erquickt darin<lb/> ſogar den Leſer, der ſich nicht mit den orientaliſchen Muſtern befreundet<lb/> hätte. Sie brauchen nun nichts weiter zu thun, [höchſtgeſchätzter]<lb/> H. Graf, als fortzufahren. Verzeihen Sie nur meinen ſo ſpäten Dank<lb/> für ein ſo ſchönes Geſchenk.<lb n="5"/> </p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>175. An <hi rendition="#g">Max Richter in Heidelberg.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 10<hi rendition="#sup">ten</hi> Mai 1821</hi> </dateline><lb/> <p>Mein guter Max! Deiner verbeſſerten Hand kann ich nun wieder<lb/> ſchreiben, aber nicht faſſen kann ich ſie, wie ich doch hoffte; denn ich reiſe<lb/> in dieſem Frühling nicht. Zum Reiſen brauch’ ich feſten blauen Himmel;<lb n="10"/> dieſer wird aber wöchentlich unterbrochen werden durch Strichgewitter;<lb/> höchſtens im September iſt Hoffnung zur Bläue und Reiſe. Überhaupt<lb/> ermattet mit meiner Lebens Luſt meine Reiſeluſt; und das Schönſte<lb/> aller Reiſen hatt ich doch in <hi rendition="#aq">Heidelberg</hi> zum 1<hi rendition="#sup">ten</hi> male. Auch hab’ ich<lb/> für 2 neue Auflagen und ſonſt ſo gar viel zu thun; ſo will ich denn mein<lb n="15"/> Bißchen Leben lieber gar verſchreiben als verreiſen. Mich dauert außer<lb/> dir nur mein <hi rendition="#aq">Heinrich</hi> und <hi rendition="#aq">Kreuznach,</hi> das aber eben wegen ſeiner<lb/> 2 Tagreiſen, die zu meinen 4 Tagreiſen ſtießen, mich abhält (<hi rendition="#g">jetzo</hi><lb/> nämlich). Übrigens leb’ ich hier, da ich <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> ſo ſelten ſehe, faſt ohne<lb/> einen — Mann. —<lb n="20"/> </p> <p>Meinem <hi rendition="#aq">Heinrich</hi> bringe Seelengruß und Briefdank, zumal für ſein<lb/> ſo heiteres, launiges, witziges Hochzeitprogramm an die <hi rendition="#aq">Rothhammel.</hi><lb/> Er ſollte von ſolcher Schöpferkraft gedruckten und artiſtiſchen Gebrauch<lb/> machen, ſag’ ihm. „Säh ich ihn doch ſelber als Cikade mit einem Roth-<lb/> hammelchen davon laufen“ ſchrieb mir der ihn grüßende <hi rendition="#aq">Emanuel.</hi><lb n="25"/> Er verzeihe mein heutiges Schweigen, zumal da ich ihm ſein <hi rendition="#g">gedrucktes</hi><lb/> vergebe. — <hi rendition="#aq">Hegels</hi> Phänomenologie hab’ ich mir ſelber gekauft; an<lb/> Scharfſinn iſt er jetzo faſt der Erſte. Das Wahre ſuch’ ich bei den jetzigen<lb/> Philoſophen gar nicht. — Recht erwünſcht iſt mir dein Kollegium der<lb/> Kirchengeſchichte bei dem braven gründlichen und trotz allem ſcheinbaren<lb n="30"/> Unglauben wahrhaft glaubenden <hi rendition="#aq">Paulus.</hi> Kirchengeſchichte iſt das<lb/> ſtärkſte Gegengift alles überchriſtlichen berauſchenden Giftes — nimm<lb/> eine rechte Porzion davon ein, deines überladenen Magens wegen.</p><lb/> <p>In Rückſicht der Duellſache haſt du vergeſſen, daß du mir an einem<lb/> Abend an Eides ſtatt verſprochen, dich nie zu ſchlagen und einen Trien-<lb n="35"/> <fw place="bottom" type="sig">8 Jean Paul Briefe. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [113/0119]
aller Einfachheit und ein Herz der Liebe und der Jugend erquickt darin
ſogar den Leſer, der ſich nicht mit den orientaliſchen Muſtern befreundet
hätte. Sie brauchen nun nichts weiter zu thun, [höchſtgeſchätzter]
H. Graf, als fortzufahren. Verzeihen Sie nur meinen ſo ſpäten Dank
für ein ſo ſchönes Geſchenk. 5
175. An Max Richter in Heidelberg.
Baireut d. 10ten Mai 1821
Mein guter Max! Deiner verbeſſerten Hand kann ich nun wieder
ſchreiben, aber nicht faſſen kann ich ſie, wie ich doch hoffte; denn ich reiſe
in dieſem Frühling nicht. Zum Reiſen brauch’ ich feſten blauen Himmel; 10
dieſer wird aber wöchentlich unterbrochen werden durch Strichgewitter;
höchſtens im September iſt Hoffnung zur Bläue und Reiſe. Überhaupt
ermattet mit meiner Lebens Luſt meine Reiſeluſt; und das Schönſte
aller Reiſen hatt ich doch in Heidelberg zum 1ten male. Auch hab’ ich
für 2 neue Auflagen und ſonſt ſo gar viel zu thun; ſo will ich denn mein 15
Bißchen Leben lieber gar verſchreiben als verreiſen. Mich dauert außer
dir nur mein Heinrich und Kreuznach, das aber eben wegen ſeiner
2 Tagreiſen, die zu meinen 4 Tagreiſen ſtießen, mich abhält (jetzo
nämlich). Übrigens leb’ ich hier, da ich Emanuel ſo ſelten ſehe, faſt ohne
einen — Mann. — 20
Meinem Heinrich bringe Seelengruß und Briefdank, zumal für ſein
ſo heiteres, launiges, witziges Hochzeitprogramm an die Rothhammel.
Er ſollte von ſolcher Schöpferkraft gedruckten und artiſtiſchen Gebrauch
machen, ſag’ ihm. „Säh ich ihn doch ſelber als Cikade mit einem Roth-
hammelchen davon laufen“ ſchrieb mir der ihn grüßende Emanuel. 25
Er verzeihe mein heutiges Schweigen, zumal da ich ihm ſein gedrucktes
vergebe. — Hegels Phänomenologie hab’ ich mir ſelber gekauft; an
Scharfſinn iſt er jetzo faſt der Erſte. Das Wahre ſuch’ ich bei den jetzigen
Philoſophen gar nicht. — Recht erwünſcht iſt mir dein Kollegium der
Kirchengeſchichte bei dem braven gründlichen und trotz allem ſcheinbaren 30
Unglauben wahrhaft glaubenden Paulus. Kirchengeſchichte iſt das
ſtärkſte Gegengift alles überchriſtlichen berauſchenden Giftes — nimm
eine rechte Porzion davon ein, deines überladenen Magens wegen.
In Rückſicht der Duellſache haſt du vergeſſen, daß du mir an einem
Abend an Eides ſtatt verſprochen, dich nie zu ſchlagen und einen Trien- 35
8 Jean Paul Briefe. VIII.
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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