Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.mehr nur sein Antrittprogramm gab mir nun in diesem Winter, dessen mehr nur ſein Antrittprogramm gab mir nun in dieſem Winter, deſſen <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0018" n="13"/> mehr nur ſein Antrittprogramm gab mir nun in dieſem Winter, deſſen<lb/> Strenge (20½ Grad unter Null) meine Bruſt weniger empfunden als<lb/> ſonſt den Herbſttag, ſein Wort darauf, daß ich für mein Leben wenigſtens<lb/> von harten Wintern nichts zu befürchten hätte und daß es deßhalb jedes-<lb/> mal vor einem ſtrengen pünktlich eintreffen wolle, um mich zu verthei-<lb n="5"/> digen. Habe aber Dank, du ächter Freund, für deine Sorge der Liebe.<lb/> Freilich für das Schreiben — nicht für das Freuen — hab’ ich genug<lb/> gelebt; auch hälfe mir ein Jahrhundert darüber doch nichts zum Fertig-<lb/> werden, ſo häufen ſich Mittel und Stoff. — Zu Michaelis kommen viel-<lb/> leicht 2 Bändchen meines komiſchen Romans bei <hi rendition="#aq">Reimer</hi> (gegen deſſen<lb n="10"/> Zahlfähigkeit man mich aber mistrauiſch gemacht — <hi rendition="#aq">sub rosa!</hi>) und<lb/> zwar weil ich will wieder aus <hi rendition="#aq">Engelmanns</hi> Werkſtatt heraus. Alter,<lb/> thue mir daher den Gefallen und ſchicke mir aus ſeiner Druckerei 4 oder<lb/> mehr Probedruck <hi rendition="#g">blättchen,</hi> nicht Halbbogen. Den <hi rendition="#aq">Siebenkäsischen</hi><lb/> Druck haſſ’ ich. Thue du es aber, ſtatt ſeiner, des Zauderers, und<lb n="15"/> frankiere — ich bitte dich — den Brief nicht, oder gib ihn der fahrenden<lb/> Poſt. Himmel! wie bedauere ich deine kritiſche 40 ſeitige Verſchwendung<lb/> ans <hi rendition="#g">Jungiſche</hi> Fehlwerk — dem doch nicht zu helfen iſt und, glücklicher<lb/> Weiſe, auch nicht zur Druck-Geburt —! Wie viel beſſere Zinſen hätte<lb/> ſie abgeworfen, bei meinem Buche angebracht! — Denn dieſes halte ja<lb n="20"/> nicht für den großen komiſchen Roman, den ich geben wollte, und jetzo<lb/> nicht recht kann. Es iſt aber zu viel davon zu reden. — Haſt du meine<lb/> Aufſätze im Cottaiſchen Damenkalender geleſen? — Der Sophronizon<lb/> konnte in keine günſtigere Zeit als in das jetzige Kerker-Proviſorium<lb/> fallen, wo jeder zu einem Freiworte über Adel und Pabſt jauchzet und<lb n="25"/> tanzt. <hi rendition="#aq">Stollbergs</hi> Tod hätte doch am Ende deinen edeln Vater nicht<lb/> mehr bekümmern dürfen als Jakobi’n Mendelſohn’s Tod; ſonſt müßte<lb/> man am Ende, bevor man gegen einen ſchriebe, bei deſſen Arzte ein<lb/> Geſundheitzeugnis einholen. Aber auch das Verſterben an einer Wider-<lb/> legung wäre eigentlich ſogar ein Fehler-Stoff mehr für eine, — wenn<lb n="30"/> man ſtrenge richten wollte, was man aber nur vermag, wenn man andere<lb/> vertheidigt 〈tröſtet〉, aber nicht, wenn ſich. — Mein <hi rendition="#aq">Max</hi> (der im<lb/> Sommer ſogar den philologiſchen Wettkampf der zu prüfenden akade-<lb/> miſchen <hi rendition="#g">Rück</hi>kömmlinge mitmachen will) ſchreibt mir von einer<lb/> künftigen Zuſammenkunft <hi rendition="#aq">Creuzers, Daubs</hi> mit <hi rendition="#aq">Thiersch</hi> und <hi rendition="#aq">Kopp,</hi><lb n="35"/> in Stuttgart. — <hi rendition="#aq">Schröders</hi> Leben kenn’ ich noch nicht; einmal ſah ich<lb/> ihn ſelber bei <hi rendition="#aq">Herder;</hi> er kam mir ſo unpoetiſch vor wie ſeine Luſtſpiele.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0018]
mehr nur ſein Antrittprogramm gab mir nun in dieſem Winter, deſſen
Strenge (20½ Grad unter Null) meine Bruſt weniger empfunden als
ſonſt den Herbſttag, ſein Wort darauf, daß ich für mein Leben wenigſtens
von harten Wintern nichts zu befürchten hätte und daß es deßhalb jedes-
mal vor einem ſtrengen pünktlich eintreffen wolle, um mich zu verthei- 5
digen. Habe aber Dank, du ächter Freund, für deine Sorge der Liebe.
Freilich für das Schreiben — nicht für das Freuen — hab’ ich genug
gelebt; auch hälfe mir ein Jahrhundert darüber doch nichts zum Fertig-
werden, ſo häufen ſich Mittel und Stoff. — Zu Michaelis kommen viel-
leicht 2 Bändchen meines komiſchen Romans bei Reimer (gegen deſſen 10
Zahlfähigkeit man mich aber mistrauiſch gemacht — sub rosa!) und
zwar weil ich will wieder aus Engelmanns Werkſtatt heraus. Alter,
thue mir daher den Gefallen und ſchicke mir aus ſeiner Druckerei 4 oder
mehr Probedruck blättchen, nicht Halbbogen. Den Siebenkäsischen
Druck haſſ’ ich. Thue du es aber, ſtatt ſeiner, des Zauderers, und 15
frankiere — ich bitte dich — den Brief nicht, oder gib ihn der fahrenden
Poſt. Himmel! wie bedauere ich deine kritiſche 40 ſeitige Verſchwendung
ans Jungiſche Fehlwerk — dem doch nicht zu helfen iſt und, glücklicher
Weiſe, auch nicht zur Druck-Geburt —! Wie viel beſſere Zinſen hätte
ſie abgeworfen, bei meinem Buche angebracht! — Denn dieſes halte ja 20
nicht für den großen komiſchen Roman, den ich geben wollte, und jetzo
nicht recht kann. Es iſt aber zu viel davon zu reden. — Haſt du meine
Aufſätze im Cottaiſchen Damenkalender geleſen? — Der Sophronizon
konnte in keine günſtigere Zeit als in das jetzige Kerker-Proviſorium
fallen, wo jeder zu einem Freiworte über Adel und Pabſt jauchzet und 25
tanzt. Stollbergs Tod hätte doch am Ende deinen edeln Vater nicht
mehr bekümmern dürfen als Jakobi’n Mendelſohn’s Tod; ſonſt müßte
man am Ende, bevor man gegen einen ſchriebe, bei deſſen Arzte ein
Geſundheitzeugnis einholen. Aber auch das Verſterben an einer Wider-
legung wäre eigentlich ſogar ein Fehler-Stoff mehr für eine, — wenn 30
man ſtrenge richten wollte, was man aber nur vermag, wenn man andere
vertheidigt 〈tröſtet〉, aber nicht, wenn ſich. — Mein Max (der im
Sommer ſogar den philologiſchen Wettkampf der zu prüfenden akade-
miſchen Rückkömmlinge mitmachen will) ſchreibt mir von einer
künftigen Zuſammenkunft Creuzers, Daubs mit Thiersch und Kopp, 35
in Stuttgart. — Schröders Leben kenn’ ich noch nicht; einmal ſah ich
ihn ſelber bei Herder; er kam mir ſo unpoetiſch vor wie ſeine Luſtſpiele.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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