Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts. völlig freien Lauf lassen, und Sieg begründet das Recht. Auchgegen die Genossen ist Gewalt erlaubt, sobald sie die Person oder den Besitz des andern kränken; durch Selbsthülfe verschafft man sich das Verlorne wieder, ist dies aber unmöglich, so kühlt man wenigstens die Rachlust. Dies sind die Umrisse einer rohen Rechtsanschauung, von Mit dem Schwerte ist die römische Welt gegründet, und 10) Bona und divitiae stammen beide von einer Wurzel, so unkenntlich
hier auch die äußere Aehnlichkeit geworden ist. Wer sich des weitern belehren will, den verweise ich auf Pott a. a. O. B. 1 S. 101 u. fl. u. S. 265. Hinsichtlich divitiae liegt der Zusammenhang mit div-us, deus u. s. w. auf Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. völlig freien Lauf laſſen, und Sieg begründet das Recht. Auchgegen die Genoſſen iſt Gewalt erlaubt, ſobald ſie die Perſon oder den Beſitz des andern kränken; durch Selbſthülfe verſchafft man ſich das Verlorne wieder, iſt dies aber unmöglich, ſo kühlt man wenigſtens die Rachluſt. Dies ſind die Umriſſe einer rohen Rechtsanſchauung, von Mit dem Schwerte iſt die römiſche Welt gegründet, und 10) Bona und divitiae ſtammen beide von einer Wurzel, ſo unkenntlich
hier auch die äußere Aehnlichkeit geworden iſt. Wer ſich des weitern belehren will, den verweiſe ich auf Pott a. a. O. B. 1 S. 101 u. fl. u. S. 265. Hinſichtlich divitiae liegt der Zuſammenhang mit div-us, deus u. ſ. w. auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0124" n="106"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.</fw><lb/> völlig freien Lauf laſſen, und Sieg begründet das Recht. Auch<lb/> gegen die Genoſſen iſt Gewalt erlaubt, ſobald ſie die Perſon<lb/> oder den Beſitz des andern kränken; durch Selbſthülfe verſchafft<lb/> man ſich das Verlorne wieder, iſt dies aber unmöglich, ſo kühlt<lb/> man wenigſtens die Rachluſt.</p><lb/> <p>Dies ſind die Umriſſe einer rohen Rechtsanſchauung, von<lb/> der die Römer oder ihre Vorfahren nicht bloß einmal ausgegan-<lb/> gen ſind, um ſie dann zu vergeſſen, ſondern die wenn auch in<lb/> verfeinerter und veredelter Geſtalt ſich ſtets bei ihnen erhielt.<lb/> Der perſönlichen Thatkraft gehört die Welt, in ſich ſelbſt trägt<lb/> der Einzelne den Grund ſeines Rechts, durch ſich ſelbſt muß er<lb/> es ſchützen, das iſt die Quinteſſenz altrömiſcher Lebensanſchau-<lb/> ung, wie wir jetzt näher nachweiſen wollen, indem wir die<lb/> Spuren, die Recht, Mythe und Etymologie uns aufbewahrt<lb/> haben, zuſammenſtellen.</p><lb/> <p>Mit dem Schwerte iſt die römiſche Welt gegründet, und<lb/> das Schwert oder der Speer iſt das älteſte Symbol des römi-<lb/> ſchen Rechts. Nicht die Götter gaben den Römern ihre erſte<lb/> Ausſtattung, wie einſt der Gott Israels den Juden das gelobte<lb/> Land verlieh, nicht Kauf und Liſt wurden angewandt, wie einſt<lb/> von Dido bei der Gründung Karthagos; nein die Römer haben<lb/> kein „<hi rendition="#g">abgeleitetes</hi>“ Eigenthum im Sinne der Rechtsſprache,<lb/> abgeleitet von Gott oder andern Menſchen, ſondern ſie haben<lb/> ein „urſprüngliches,“ bei dem der Eigenthümer ſein eigner Auctor<lb/> iſt, ſie haben es ſich genommen, wo ſie es fanden. Leicht aber<lb/> war dieſer Erwerb nicht. Die lateiniſche Sprache wirft hier ein<lb/> beachtenswerthes Streiflicht auf unſern Gegenſtand. Hoch<lb/> ſtellte die römiſche Vorſtellungsweiſe die äußern Glücksgüter,<lb/><hi rendition="#aq">bona, divitiae,</hi> denn die Sprache bezeichnet dieſelben als etwas<lb/> Göttliches. <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="10)"><hi rendition="#aq">Bona</hi> und <hi rendition="#aq">divitiae</hi> ſtammen beide von <hi rendition="#g">einer</hi> Wurzel, ſo unkenntlich<lb/> hier auch die äußere Aehnlichkeit geworden iſt. Wer ſich des weitern belehren<lb/> will, den verweiſe ich auf Pott a. a. O. B. 1 S. 101 u. fl. u. S. 265.<lb/> Hinſichtlich <hi rendition="#aq">divitiae</hi> liegt der Zuſammenhang mit <hi rendition="#aq">div-us, deus</hi> u. ſ. w. auf</note> Aber nicht war es die Glücksgöttin, die „Glücks-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0124]
Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
völlig freien Lauf laſſen, und Sieg begründet das Recht. Auch
gegen die Genoſſen iſt Gewalt erlaubt, ſobald ſie die Perſon
oder den Beſitz des andern kränken; durch Selbſthülfe verſchafft
man ſich das Verlorne wieder, iſt dies aber unmöglich, ſo kühlt
man wenigſtens die Rachluſt.
Dies ſind die Umriſſe einer rohen Rechtsanſchauung, von
der die Römer oder ihre Vorfahren nicht bloß einmal ausgegan-
gen ſind, um ſie dann zu vergeſſen, ſondern die wenn auch in
verfeinerter und veredelter Geſtalt ſich ſtets bei ihnen erhielt.
Der perſönlichen Thatkraft gehört die Welt, in ſich ſelbſt trägt
der Einzelne den Grund ſeines Rechts, durch ſich ſelbſt muß er
es ſchützen, das iſt die Quinteſſenz altrömiſcher Lebensanſchau-
ung, wie wir jetzt näher nachweiſen wollen, indem wir die
Spuren, die Recht, Mythe und Etymologie uns aufbewahrt
haben, zuſammenſtellen.
Mit dem Schwerte iſt die römiſche Welt gegründet, und
das Schwert oder der Speer iſt das älteſte Symbol des römi-
ſchen Rechts. Nicht die Götter gaben den Römern ihre erſte
Ausſtattung, wie einſt der Gott Israels den Juden das gelobte
Land verlieh, nicht Kauf und Liſt wurden angewandt, wie einſt
von Dido bei der Gründung Karthagos; nein die Römer haben
kein „abgeleitetes“ Eigenthum im Sinne der Rechtsſprache,
abgeleitet von Gott oder andern Menſchen, ſondern ſie haben
ein „urſprüngliches,“ bei dem der Eigenthümer ſein eigner Auctor
iſt, ſie haben es ſich genommen, wo ſie es fanden. Leicht aber
war dieſer Erwerb nicht. Die lateiniſche Sprache wirft hier ein
beachtenswerthes Streiflicht auf unſern Gegenſtand. Hoch
ſtellte die römiſche Vorſtellungsweiſe die äußern Glücksgüter,
bona, divitiae, denn die Sprache bezeichnet dieſelben als etwas
Göttliches. 10) Aber nicht war es die Glücksgöttin, die „Glücks-
10) Bona und divitiae ſtammen beide von einer Wurzel, ſo unkenntlich
hier auch die äußere Aehnlichkeit geworden iſt. Wer ſich des weitern belehren
will, den verweiſe ich auf Pott a. a. O. B. 1 S. 101 u. fl. u. S. 265.
Hinſichtlich divitiae liegt der Zuſammenhang mit div-us, deus u. ſ. w. auf
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