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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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Vorrede.

Ich fühlte endlich, daß ich diesem Zustande ein Ende machen
müsse, und rief daher den Setzer zu Hülfe. Ich gedachte daran,
daß die Bücher nicht mit einem Male zur Welt kommen, viel-
mehr bogenweis gesetzt und gedruckt werden, daß folglich auch
die ersten Bogen bereits das Licht der Welt erblicken können,
während die folgenden noch den Embryonenschlaf halten. So
ließ ich denn den Setzer im Mai vorigen Jahres mit wenig
Manuscript beginnen, mir von ihm bogenweis den Rückzug
abschneiden, -- einen einmal gedruckten Bogen respectire ich als
fait accompli -- und mich von ihm bogenweis unaufhaltsam
weiter treiben. Meine im letzten Monat Statt findende Ueber-
siedlung von Kiel nach Gießen brachte unser glückliches Aus-
tauschgeschäft ins Stocken. Das Werk war damals gerade zu
einem Abschnitt gediehen, der die Herausgabe des bisher Ge-
druckten möglich machte, und da ich in nächster Zeit keine Aus-
sicht habe, einen regelmäßigen, ungestörten Verkehr mit meinem
Setzer einzuleiten, so habe ich mich zur vorläufigen Herausgabe
dieses ersten Theils entschlossen. Der zweite Theil soll im Spät-
herbst folgen.

Ich habe diese Personalia meines Buchs mitgetheilt, weil
sie vielleicht einen Einfluß auf dasselbe ausgeübt haben; über
Zweck und Plan desselben habe ich mich in der Einleitung hin-
länglich ausgesprochen, so daß es überflüßig wäre darüber noch
etwas zu bemerken.

Mein Werk erscheint unter einem Titel, der Manche von
vornherein gegen dasselbe einnehmen wird. "Geist" einer Sache
und ungründliches, seichtes Räsonnement wird von Manchen --
und oft nicht mit Unrecht -- für gleichbedeutend gehalten. Ob
meine Schrift einen neuen Beleg für diese Annahme liefern
wird? Ich bin mir bewußt mit Ernst und Aufbietung aller

Vorrede.

Ich fühlte endlich, daß ich dieſem Zuſtande ein Ende machen
müſſe, und rief daher den Setzer zu Hülfe. Ich gedachte daran,
daß die Bücher nicht mit einem Male zur Welt kommen, viel-
mehr bogenweis geſetzt und gedruckt werden, daß folglich auch
die erſten Bogen bereits das Licht der Welt erblicken können,
während die folgenden noch den Embryonenſchlaf halten. So
ließ ich denn den Setzer im Mai vorigen Jahres mit wenig
Manuſcript beginnen, mir von ihm bogenweis den Rückzug
abſchneiden, — einen einmal gedruckten Bogen reſpectire ich als
fait accompli — und mich von ihm bogenweis unaufhaltſam
weiter treiben. Meine im letzten Monat Statt findende Ueber-
ſiedlung von Kiel nach Gießen brachte unſer glückliches Aus-
tauſchgeſchäft ins Stocken. Das Werk war damals gerade zu
einem Abſchnitt gediehen, der die Herausgabe des bisher Ge-
druckten möglich machte, und da ich in nächſter Zeit keine Aus-
ſicht habe, einen regelmäßigen, ungeſtörten Verkehr mit meinem
Setzer einzuleiten, ſo habe ich mich zur vorläufigen Herausgabe
dieſes erſten Theils entſchloſſen. Der zweite Theil ſoll im Spät-
herbſt folgen.

Ich habe dieſe Perſonalia meines Buchs mitgetheilt, weil
ſie vielleicht einen Einfluß auf daſſelbe ausgeübt haben; über
Zweck und Plan deſſelben habe ich mich in der Einleitung hin-
länglich ausgeſprochen, ſo daß es überflüßig wäre darüber noch
etwas zu bemerken.

Mein Werk erſcheint unter einem Titel, der Manche von
vornherein gegen daſſelbe einnehmen wird. „Geiſt“ einer Sache
und ungründliches, ſeichtes Räſonnement wird von Manchen —
und oft nicht mit Unrecht — für gleichbedeutend gehalten. Ob
meine Schrift einen neuen Beleg für dieſe Annahme liefern
wird? Ich bin mir bewußt mit Ernſt und Aufbietung aller

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[VII/0013] Vorrede. Ich fühlte endlich, daß ich dieſem Zuſtande ein Ende machen müſſe, und rief daher den Setzer zu Hülfe. Ich gedachte daran, daß die Bücher nicht mit einem Male zur Welt kommen, viel- mehr bogenweis geſetzt und gedruckt werden, daß folglich auch die erſten Bogen bereits das Licht der Welt erblicken können, während die folgenden noch den Embryonenſchlaf halten. So ließ ich denn den Setzer im Mai vorigen Jahres mit wenig Manuſcript beginnen, mir von ihm bogenweis den Rückzug abſchneiden, — einen einmal gedruckten Bogen reſpectire ich als fait accompli — und mich von ihm bogenweis unaufhaltſam weiter treiben. Meine im letzten Monat Statt findende Ueber- ſiedlung von Kiel nach Gießen brachte unſer glückliches Aus- tauſchgeſchäft ins Stocken. Das Werk war damals gerade zu einem Abſchnitt gediehen, der die Herausgabe des bisher Ge- druckten möglich machte, und da ich in nächſter Zeit keine Aus- ſicht habe, einen regelmäßigen, ungeſtörten Verkehr mit meinem Setzer einzuleiten, ſo habe ich mich zur vorläufigen Herausgabe dieſes erſten Theils entſchloſſen. Der zweite Theil ſoll im Spät- herbſt folgen. Ich habe dieſe Perſonalia meines Buchs mitgetheilt, weil ſie vielleicht einen Einfluß auf daſſelbe ausgeübt haben; über Zweck und Plan deſſelben habe ich mich in der Einleitung hin- länglich ausgeſprochen, ſo daß es überflüßig wäre darüber noch etwas zu bemerken. Mein Werk erſcheint unter einem Titel, der Manche von vornherein gegen daſſelbe einnehmen wird. „Geiſt“ einer Sache und ungründliches, ſeichtes Räſonnement wird von Manchen — und oft nicht mit Unrecht — für gleichbedeutend gehalten. Ob meine Schrift einen neuen Beleg für dieſe Annahme liefern wird? Ich bin mir bewußt mit Ernſt und Aufbietung aller

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/13>, abgerufen am 29.04.2024.