Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. Wesen der hausherrlichen Gewalt gewährt uns hierfür keineAnhaltspunkte, weil hier ein Gesichtspunkt eingreift, der den Mangel des Verkaufsrechts völlig erklären würde. Wenn, wie wir oben gesehen haben, der Verkauf des Sohnes nur ein rein persönliches, unübertragbares Recht des Käufers begründete, so konnte derselbe Gesichtspunkt möglicherweise auch für die Uebertragung der Tochter in die manus des Schwiegersohnes aufgestellt, auch hier der Verkauf 281) in derselben Weise inter- pretirt werden; das Moment des persönlichen Vertrauens zu dem Empfänger waltete hier in noch höherem Grade ob. Mit allgemeinen Gründen läßt sich daher schwerlich etwas aus- richten. Bis hieher hat sich uns also bei den einzelnen Gewaltver- 281) Die coemptio. S. darüber Roßbach a. a. O. S. 67 u. fl.
Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. Weſen der hausherrlichen Gewalt gewährt uns hierfür keineAnhaltspunkte, weil hier ein Geſichtspunkt eingreift, der den Mangel des Verkaufsrechts völlig erklären würde. Wenn, wie wir oben geſehen haben, der Verkauf des Sohnes nur ein rein perſönliches, unübertragbares Recht des Käufers begründete, ſo konnte derſelbe Geſichtspunkt möglicherweiſe auch für die Uebertragung der Tochter in die manus des Schwiegerſohnes aufgeſtellt, auch hier der Verkauf 281) in derſelben Weiſe inter- pretirt werden; das Moment des perſönlichen Vertrauens zu dem Empfänger waltete hier in noch höherem Grade ob. Mit allgemeinen Gründen läßt ſich daher ſchwerlich etwas aus- richten. Bis hieher hat ſich uns alſo bei den einzelnen Gewaltver- 281) Die coemptio. S. darüber Roßbach a. a. O. S. 67 u. fl.
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Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
Weſen der hausherrlichen Gewalt gewährt uns hierfür keine
Anhaltspunkte, weil hier ein Geſichtspunkt eingreift, der den
Mangel des Verkaufsrechts völlig erklären würde. Wenn, wie
wir oben geſehen haben, der Verkauf des Sohnes nur ein rein
perſönliches, unübertragbares Recht des Käufers begründete,
ſo konnte derſelbe Geſichtspunkt möglicherweiſe auch für die
Uebertragung der Tochter in die manus des Schwiegerſohnes
aufgeſtellt, auch hier der Verkauf 281) in derſelben Weiſe inter-
pretirt werden; das Moment des perſönlichen Vertrauens zu
dem Empfänger waltete hier in noch höherem Grade ob. Mit
allgemeinen Gründen läßt ſich daher ſchwerlich etwas aus-
richten.
Bis hieher hat ſich uns alſo bei den einzelnen Gewaltver-
hältniſſen noch nichts dargeboten, was als eine weſentliche Ab-
weichung von dem Grundtypus der hausherrlichen Gewalt gel-
ten könnte. So lange letztere dauerte, waren Frau, Kinder,
Sklaven ihr im weſentlichen in gleicher Weiſe unterworfen.
Nur bei dem bürgerlichen oder natürlichen Tode des Hausherrn
ging das privatrechtliche Schickſal dieſer Perſonen weit ausein-
ander. Die Sklaven und die in mancipio Befindlichen blieben,
was ſie waren, paſſive Beſtandtheile der familia, und wechſel-
ten nur ihren Herrn, die Enkel und Enkelinnen fielen unter die
potestas ihrer Väter, die übrigen Perſonen wurden sui juris.
Aber mit Unterſchied; denn die unmündigen Kinder und die
Frau kamen unter die Tutel der nächſten Agnaten, alſo der
mündigen Brüder und Söhne, die mündigen Söhne aber wur-
den völlig ſelbſtändig. Uns intereſſirt an dieſer Auflöſung der
familia nur der Einfluß, den der Hausherr durch teſtamenta-
riſche Anordnung auf das Schickſal der familia nach ſeinem
Tode ausüben konnte. Dieſer Einfluß äußerte ſich nach drei
Richtungen hin, nämlich einmal in der unbeſchränkteſten Dis-
poſition über das Vermögen, ſodann in der Freilaſſung der
281) Die coemptio. S. darüber Roßbach a. a. O. S. 67 u. fl.
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