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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
Gelegenheit, wo sich das Institut der Sklaverei an den Römern
in einer nicht minder empfindlichen Weise rächte, als beim
Grundbesitz. Wenn man die Sklaverei die Folie der römischen
Freiheit genannt hat, wenn man das Sklaventhum als einen
Abzugskanal bezeichnen könnte, in den die römische Freiheit alles
Unsaubere, Unwürdige, alles, was das Gefühl der Ehre und
Würde eines römischen Bürgers hätte beeinträchtigen können,
entließ, so liegt darin zugleich, daß alle niedere Arbeit, die aus-
schließlich oder vorzugsweise dem Sklaven zugewiesen war, der
Ehre verlustig ging, daß die Fertigkeit und Kunst selbst dadurch
eine ars illiberalis ward d. h. eines Freien unwürdig. Mit
dem Sklaven hierin zu rivalisiren, sich über die herrschenden Vor-
urtheile hinwegsetzen, hieß auf Rang und Stellung im Leben

est officina .... mercatura autem ... sin magna et copiosa,
multaque undique apportans multisque sine vanitate impertiens non est
admodum vituperanda. Dionys. IX, 25. Liv. XXII, 25 ... loco non hu-
mili, sed etiam sordido natus. Patrem lanium fuisse ferunt, ipsum in-
stitorem mercis filioque hoc ipso in servilia ejus artis ministeria
usum. Aur. Vict. de viris illustr. c. 72 .. nam pater ejus, quamvis
patricius, ob paupertatem carbonarium negotium exercuit. Ipse
primo dubitavit, honores peteret an
(also als unvereinbare Gegensätze ge-
dacht) argentariam faceret. Zu den Geschäften, qui in odia hominum in-
currunt et improbantur,
zählt Cic. de off. l c. 42 auch die der foenerato-
res,
und ibid. II c. 25 läßt er Cato auf die Frage: quid fenerari antwor-
ten: quid hominem occidere? -- Es gab gewisse Gewerbe, die die Stif-
tung ihrer Innung auf Numa zurückführten Plutarch. Numa p. 71. Huschke
Verf. des Serv. Tullius S. 149, Th. Mommsen de collegiis et sodaliciis
Romanorum Kil. 1843. p. 27 sq.
Daraus läßt sich auf das Alter dieser In-
nungen schließen, nicht auf ihr Ansehn. Die Handwerker-Centurien der
Servianischen Verfassung (Tibicines, Cornicines und Fabri) waren keine
Zünfte, sondern nichts anders als unsere heutigen Handwerkercompagnien
und Regiments-Musikchöre beim Militär, wie ein Blick auf den militärischen
Zweck jener Verfassung lehrt. Die Annahme, "es habe ihnen dadurch ein
höheres Ansehn im Staat verliehen werden sollen" (Ruperti Handb. der röm.
Alterth. Bd. 1, S. 471), scheint mir nicht viel besser, als wenn man meinte,
der heutige Staat wolle die Musik dadurch ehren, daß er die Regimenter mit
Tambouren, Hornisten und Trompetern versehe.

Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
Gelegenheit, wo ſich das Inſtitut der Sklaverei an den Römern
in einer nicht minder empfindlichen Weiſe rächte, als beim
Grundbeſitz. Wenn man die Sklaverei die Folie der römiſchen
Freiheit genannt hat, wenn man das Sklaventhum als einen
Abzugskanal bezeichnen könnte, in den die römiſche Freiheit alles
Unſaubere, Unwürdige, alles, was das Gefühl der Ehre und
Würde eines römiſchen Bürgers hätte beeinträchtigen können,
entließ, ſo liegt darin zugleich, daß alle niedere Arbeit, die aus-
ſchließlich oder vorzugsweiſe dem Sklaven zugewieſen war, der
Ehre verluſtig ging, daß die Fertigkeit und Kunſt ſelbſt dadurch
eine ars illiberalis ward d. h. eines Freien unwürdig. Mit
dem Sklaven hierin zu rivaliſiren, ſich über die herrſchenden Vor-
urtheile hinwegſetzen, hieß auf Rang und Stellung im Leben

est officina .... mercatura autem … sin magna et copiosa,
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admodum vituperanda. Dionys. IX, 25. Liv. XXII, 25 … loco non hu-
mili, sed etiam sordido natus. Patrem lanium fuisse ferunt, ipsum in-
stitorem mercis filioque hoc ipso in servilia ejus artis ministeria
usum. Aur. Vict. de viris illustr. c. 72 .. nam pater ejus, quamvis
patricius, ob paupertatem carbonarium negotium exercuit. Ipse
primo dubitavit, honores peteret an
(alſo als unvereinbare Gegenſätze ge-
dacht) argentariam faceret. Zu den Geſchäften, qui in odia hominum in-
currunt et improbantur,
zählt Cic. de off. l c. 42 auch die der foenerato-
res,
und ibid. II c. 25 läßt er Cato auf die Frage: quid fenerari antwor-
ten: quid hominem occidere? — Es gab gewiſſe Gewerbe, die die Stif-
tung ihrer Innung auf Numa zurückführten Plutarch. Numa p. 71. Huſchke
Verf. des Serv. Tullius S. 149, Th. Mommsen de collegiis et sodaliciis
Romanorum Kil. 1843. p. 27 sq.
Daraus läßt ſich auf das Alter dieſer In-
nungen ſchließen, nicht auf ihr Anſehn. Die Handwerker-Centurien der
Servianiſchen Verfaſſung (Tibicines, Cornicines und Fabri) waren keine
Zünfte, ſondern nichts anders als unſere heutigen Handwerkercompagnien
und Regiments-Muſikchöre beim Militär, wie ein Blick auf den militäriſchen
Zweck jener Verfaſſung lehrt. Die Annahme, „es habe ihnen dadurch ein
höheres Anſehn im Staat verliehen werden ſollen“ (Ruperti Handb. der röm.
Alterth. Bd. 1, S. 471), ſcheint mir nicht viel beſſer, als wenn man meinte,
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[252/0266] Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. Gelegenheit, wo ſich das Inſtitut der Sklaverei an den Römern in einer nicht minder empfindlichen Weiſe rächte, als beim Grundbeſitz. Wenn man die Sklaverei die Folie der römiſchen Freiheit genannt hat, wenn man das Sklaventhum als einen Abzugskanal bezeichnen könnte, in den die römiſche Freiheit alles Unſaubere, Unwürdige, alles, was das Gefühl der Ehre und Würde eines römiſchen Bürgers hätte beeinträchtigen können, entließ, ſo liegt darin zugleich, daß alle niedere Arbeit, die aus- ſchließlich oder vorzugsweiſe dem Sklaven zugewieſen war, der Ehre verluſtig ging, daß die Fertigkeit und Kunſt ſelbſt dadurch eine ars illiberalis ward d. h. eines Freien unwürdig. Mit dem Sklaven hierin zu rivaliſiren, ſich über die herrſchenden Vor- urtheile hinwegſetzen, hieß auf Rang und Stellung im Leben 378) 378) est officina .... mercatura autem … sin magna et copiosa, multaque undique apportans multisque sine vanitate impertiens non est admodum vituperanda. Dionys. IX, 25. Liv. XXII, 25 … loco non hu- mili, sed etiam sordido natus. Patrem lanium fuisse ferunt, ipsum in- stitorem mercis filioque hoc ipso in servilia ejus artis ministeria usum. Aur. Vict. de viris illustr. c. 72 .. nam pater ejus, quamvis patricius, ob paupertatem carbonarium negotium exercuit. Ipse primo dubitavit, honores peteret an (alſo als unvereinbare Gegenſätze ge- dacht) argentariam faceret. Zu den Geſchäften, qui in odia hominum in- currunt et improbantur, zählt Cic. de off. l c. 42 auch die der foenerato- res, und ibid. II c. 25 läßt er Cato auf die Frage: quid fenerari antwor- ten: quid hominem occidere? — Es gab gewiſſe Gewerbe, die die Stif- tung ihrer Innung auf Numa zurückführten Plutarch. Numa p. 71. Huſchke Verf. des Serv. Tullius S. 149, Th. Mommsen de collegiis et sodaliciis Romanorum Kil. 1843. p. 27 sq. Daraus läßt ſich auf das Alter dieſer In- nungen ſchließen, nicht auf ihr Anſehn. Die Handwerker-Centurien der Servianiſchen Verfaſſung (Tibicines, Cornicines und Fabri) waren keine Zünfte, ſondern nichts anders als unſere heutigen Handwerkercompagnien und Regiments-Muſikchöre beim Militär, wie ein Blick auf den militäriſchen Zweck jener Verfaſſung lehrt. Die Annahme, „es habe ihnen dadurch ein höheres Anſehn im Staat verliehen werden ſollen“ (Ruperti Handb. der röm. Alterth. Bd. 1, S. 471), ſcheint mir nicht viel beſſer, als wenn man meinte, der heutige Staat wolle die Muſik dadurch ehren, daß er die Regimenter mit Tambouren, Horniſten und Trompetern verſehe.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/266>, abgerufen am 21.11.2024.