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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
Getraidewesen reicht in die ältesten Zeiten hinauf,403) nur be-
schränkte sie sich anfänglich auf wirkliche Nothfälle. Die etwai-
gen Kosten fielen damals noch ausschließlich der Staatskasse zur
Last, und es läßt sich begreifen, daß der Senat nur bei dringen-
den Veranlassungen Zuschüsse aus dem Aerar bewilligte, und
nicht ohne sich das Geschenk bezahlen zu lassen.404) Es war
also eine wesentliche Verbesserung für die niedern Klassen, daß
später die Aedilen anfingen, auf eigne Kosten billiges Getraide
zu liefern. Außer diesen Lieferungen ward noch im Tempel der
Ceres, der gewissermaßen das Amtslokal der Aedilen bildete, an
diejenigen, die hierhin ihre Zuflucht genommen hatten, unent-
geltlich Brod verabreicht.405)

Im Laufe der Zeit dehnte sich die Fürsorge der Staatsbehör-
den auch auf andere Gegenstände des leiblichen Bedürfnisses
aus, z. B. Salz, Oel, Bäder, Wasserleitungen. Was na-
mentlich das Salz anbetrifft, so ward schon in den ersten Jahren
der Republik die Salzregie eingeführt, nicht aber in der Absicht,
um darin eine neue Einnahmequelle für den Staat zu eröffnen,
sondern um der künstlichen Theurung, die der Handel hinsicht-
lich dieses Artikels zu bewirken gewußt hatte, ein Ende zu ma-
chen.406) Im sechsten Jahrhundert legten zwei Censoren, von

p. 25, Note 5) wäre diese niedrige Berechnungsweise des aes grave gerade
bei den Getraidevertheilungen zuerst aufgekommen. Mit dem Modius (un-
gefähr 1/6 berl. Scheffel) reichte eine erwachsene Person, auch wenn sie sehr
wenig andere Nahrung zu sich nahm, eine Woche. Soldaten erhielten im
Monat 4 Modii, die Bürger bei der spätern Getraidevertheilung 5, die Skla-
ven im Winter 4, im Sommer bei der härteren Arbeit 41/2, der villicus, weil
seine sonstige Kost besser war, nur 3. Cato de re rust. 56. Polyb. VI, 39.
Welch geringen Werth der As schon in alter Zeit hatte, und wie sehr derselbe
sich späterhin noch verminderte, kann hier nicht weiter ausgeführt werden.
403) Liv. II, 9 (a. U. C. 246). 34 (262. si veterem annonam vo-
lunt). Dionys. IV, 22. Auct. de vir. ill. c. 7.
404) Darauf zielte der Vorschlag des Coriolan, Liv. II, 34. 35. Liv.
IV, 12 regno prope per largitionis dulcedinem in cervices accepto.
405) Non. Marc. de propr. serm. I. §. 209. s. v. pandere.
406) Liv. II, 9. Salis quoque vendendi arbitrium, quia impenso

Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
Getraideweſen reicht in die älteſten Zeiten hinauf,403) nur be-
ſchränkte ſie ſich anfänglich auf wirkliche Nothfälle. Die etwai-
gen Koſten fielen damals noch ausſchließlich der Staatskaſſe zur
Laſt, und es läßt ſich begreifen, daß der Senat nur bei dringen-
den Veranlaſſungen Zuſchüſſe aus dem Aerar bewilligte, und
nicht ohne ſich das Geſchenk bezahlen zu laſſen.404) Es war
alſo eine weſentliche Verbeſſerung für die niedern Klaſſen, daß
ſpäter die Aedilen anfingen, auf eigne Koſten billiges Getraide
zu liefern. Außer dieſen Lieferungen ward noch im Tempel der
Ceres, der gewiſſermaßen das Amtslokal der Aedilen bildete, an
diejenigen, die hierhin ihre Zuflucht genommen hatten, unent-
geltlich Brod verabreicht.405)

Im Laufe der Zeit dehnte ſich die Fürſorge der Staatsbehör-
den auch auf andere Gegenſtände des leiblichen Bedürfniſſes
aus, z. B. Salz, Oel, Bäder, Waſſerleitungen. Was na-
mentlich das Salz anbetrifft, ſo ward ſchon in den erſten Jahren
der Republik die Salzregie eingeführt, nicht aber in der Abſicht,
um darin eine neue Einnahmequelle für den Staat zu eröffnen,
ſondern um der künſtlichen Theurung, die der Handel hinſicht-
lich dieſes Artikels zu bewirken gewußt hatte, ein Ende zu ma-
chen.406) Im ſechsten Jahrhundert legten zwei Cenſoren, von

p. 25, Note 5) wäre dieſe niedrige Berechnungsweiſe des aes grave gerade
bei den Getraidevertheilungen zuerſt aufgekommen. Mit dem Modius (un-
gefähr ⅙ berl. Scheffel) reichte eine erwachſene Perſon, auch wenn ſie ſehr
wenig andere Nahrung zu ſich nahm, eine Woche. Soldaten erhielten im
Monat 4 Modii, die Bürger bei der ſpätern Getraidevertheilung 5, die Skla-
ven im Winter 4, im Sommer bei der härteren Arbeit 4½, der villicus, weil
ſeine ſonſtige Koſt beſſer war, nur 3. Cato de re rust. 56. Polyb. VI, 39.
Welch geringen Werth der As ſchon in alter Zeit hatte, und wie ſehr derſelbe
ſich ſpäterhin noch verminderte, kann hier nicht weiter ausgeführt werden.
403) Liv. II, 9 (a. U. C. 246). 34 (262. si veterem annonam vo-
lunt). Dionys. IV, 22. Auct. de vir. ill. c. 7.
404) Darauf zielte der Vorſchlag des Coriolan, Liv. II, 34. 35. Liv.
IV, 12 regno prope per largitionis dulcedinem in cervices accepto.
405) Non. Marc. de propr. serm. I. §. 209. s. v. pandere.
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[264/0278] Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. Getraideweſen reicht in die älteſten Zeiten hinauf, 403) nur be- ſchränkte ſie ſich anfänglich auf wirkliche Nothfälle. Die etwai- gen Koſten fielen damals noch ausſchließlich der Staatskaſſe zur Laſt, und es läßt ſich begreifen, daß der Senat nur bei dringen- den Veranlaſſungen Zuſchüſſe aus dem Aerar bewilligte, und nicht ohne ſich das Geſchenk bezahlen zu laſſen. 404) Es war alſo eine weſentliche Verbeſſerung für die niedern Klaſſen, daß ſpäter die Aedilen anfingen, auf eigne Koſten billiges Getraide zu liefern. Außer dieſen Lieferungen ward noch im Tempel der Ceres, der gewiſſermaßen das Amtslokal der Aedilen bildete, an diejenigen, die hierhin ihre Zuflucht genommen hatten, unent- geltlich Brod verabreicht. 405) Im Laufe der Zeit dehnte ſich die Fürſorge der Staatsbehör- den auch auf andere Gegenſtände des leiblichen Bedürfniſſes aus, z. B. Salz, Oel, Bäder, Waſſerleitungen. Was na- mentlich das Salz anbetrifft, ſo ward ſchon in den erſten Jahren der Republik die Salzregie eingeführt, nicht aber in der Abſicht, um darin eine neue Einnahmequelle für den Staat zu eröffnen, ſondern um der künſtlichen Theurung, die der Handel hinſicht- lich dieſes Artikels zu bewirken gewußt hatte, ein Ende zu ma- chen. 406) Im ſechsten Jahrhundert legten zwei Cenſoren, von 402) 403) Liv. II, 9 (a. U. C. 246). 34 (262. si veterem annonam vo- lunt). Dionys. IV, 22. Auct. de vir. ill. c. 7. 404) Darauf zielte der Vorſchlag des Coriolan, Liv. II, 34. 35. Liv. IV, 12 regno prope per largitionis dulcedinem in cervices accepto. 405) Non. Marc. de propr. serm. I. §. 209. s. v. pandere. 406) Liv. II, 9. Salis quoque vendendi arbitrium, quia impenso 402) p. 25, Note 5) wäre dieſe niedrige Berechnungsweiſe des aes grave gerade bei den Getraidevertheilungen zuerſt aufgekommen. Mit dem Modius (un- gefähr ⅙ berl. Scheffel) reichte eine erwachſene Perſon, auch wenn ſie ſehr wenig andere Nahrung zu ſich nahm, eine Woche. Soldaten erhielten im Monat 4 Modii, die Bürger bei der ſpätern Getraidevertheilung 5, die Skla- ven im Winter 4, im Sommer bei der härteren Arbeit 4½, der villicus, weil ſeine ſonſtige Koſt beſſer war, nur 3. Cato de re rust. 56. Polyb. VI, 39. Welch geringen Werth der As ſchon in alter Zeit hatte, und wie ſehr derſelbe ſich ſpäterhin noch verminderte, kann hier nicht weiter ausgeführt werden.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/278>, abgerufen am 22.11.2024.